Abschied"Jeder sollte sich aufgehoben fühlen"

Notar Hanns Heinrich Kiefer hat 35 Jahre lang viele Rechtsgeschäfte in Kerpen begleitet. Nun geht er in den Ruhestand.
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Kerpen – Wie viele Verträge Hanns Heinrich Kiefer als Notar in Kerpen unterschrieben hat, weiß er selber nicht so genau: Immobiliengeschäfte, Erbverträge, Testamente, Hypotheken, Vereinsregisteranmeldungen gehören zu seinem täglichen Geschäft. Rund 3000 werden es wohl im Jahr gewesen sein, schätzt Kiefer. In den 35 Jahren seiner Tätigkeit in Kerpen kommen so rund 100 000 Verträge zusammen. Ende des Monats geht Kiefer, der in Köln wohnt, nun in den Ruhestand. Er ist vor kurzem 70 geworden und hat damit die verbindliche Altersgrenze für Notare erreicht. Am 3. Januar 1977 hatte er sein erstes Büro als neuer Notar von Kerpen bezogen, das damals noch über den ehemaligen Stüssgen-Markt an der Stiftsstraße lag. Kiefer war von der Justizverwaltung in das öffentliche Amt bestellt worden, das relativ selten ist. So gibt es im Stadtgebiet Kerpen nur einen Notar. Neun sind es im gesamten Kreis.
Notare nehmen als Freiberufler ein öffentliches Amt wahr und sollen als neutrale Instanz über viele Rechtsgeschäfte wachen. Dafür werden sie nach einer staatlichen Gebührentabelle bezahlt. „Das war hier schon in Kerpen eine aufregende Tätigkeit“ erzählt Kiefer selber. Denn 1977, das war erst zwei Jahre nach der kommunalen Neuordnung, als die Stadt Kerpen aus vielen bis dahin selbstständigen Gemeinde zusammengelegt wurde. „Viele Grundstücksangelegenheiten mussten im Rathaus neu geregelt und zentralisiert werden, da war ich oft eingebunden.“ Dann kamen rund 20 Jahre heftiger Expansion in Kerpen, für die auch immer wieder ein Notar gefragt war: das Neubaugebiet Mühlenfeld in Sindorf, das Gewerbegebiet Hahner Äcker, die städtebauliche Entwicklungsmaßnahme Vogelrutherfeld sind nur einige Beispiele einer rasanten Entwicklung. „Als ich 1977 über die Dürener Straße von Köln nach Kerpen fuhr, war auf der rechten Seite nur Rekultivierungsgebiet“, erinnert sich Kiefer. Nun stehe dort ein großes Gewerbegebiet. In den vergangenen Monaten habe er auch viel mit der Umsiedlung Manheims zu tun gehabt.
„Manche Familien berate ich über die 35 Jahre nun schon in der dritten Generation, erst die Großeltern, dann die Kinder und nun die Enkel“, erzählt Kiefer. Dabei habe er sich immer bemüht, „an jede Sache so heranzugehen, als wenn sie etwas Besonderes“ sei. „Jeder sollte sich bei mir gut aufgehoben fühlen.“ Dabei dürfe er als Notar auf die Rechtsgeschäfte selber nur begrenzt Einfluss nehmen – etwa wenn ein beabsichtigter Betrug offensichtlich geworden war: „Wenn ein 1000 Quadratmeter großes Baugrundstück für 10 000 Euro verkauft werden sollte, handelt es sich entweder um einen fingierten Preis oder der Verkäufer sollte übertölpelt werden“, erläutert der Notar. Ein Höhepunkt seiner Amtszeit sei der Verkauf von Schloss Gymnich an einen japanischen Investor gewesen.
Wer Kiefers Nachfolger als Notar in Kerpen wird, steht noch nicht fest. Ab dem 1. Oktober soll erstmal treuhänderisch ein Vertreter ernannt werden, der das Notariat an der Sindorfer Straße 4 wie bisher und mit demselben Personal weiterführt. Kiefer selber will auch im Ruhestand nicht ganz untätig sein, sondern als Rechtsberater arbeiten und sich seinem Ehrenamt widmen. Er ist Vorsitzender des Fördervereines Schloss Türnich. „Wir müssen gerade Geld für neue Fenster für die Schlosskapelle zusammenbekommen.“ Dabei wendet er sich gegen wieder aufgekommene Vorwürfe, die Entschädigungsleistungen für die Bergbauschäden am Schloss seien zweckentfremdet worden. Diese Vorwürfe seien unberechtigt, wie seinerzeit eine Überprüfung bewiesen habe. „Alles Geld von RWE ist korrekt ins Schloss geflossen.“