Flächenversiegelung in KerpenUmweltschützer beklagen „fatale Entwicklung"
Kerpen – Mehr als 17 Hektar natürlicher Lößboden wurden seit 1990 im Durchschnitt jährlich auf der Fläche der Stadt Kerpen durch Wohnbebauung, Gewerbegebiete, Straßenbau und andere Projekte vernichtet. Das hat die BUND-Ortsgruppe anhand einer Auswertung von Bebauungsplänen und anderen Plänen ausgerechnet.
Marion Küke von der Allianz für nachhaltigen Strukturwandel (Ansev) hat zudem eine Karte erstellt, die deutlich macht, wie raumgreifend sich die Besiedlung seit rund 200 Jahren entwickelt hat. Diese hat dazu geführt, dass früher getrennte Ortschaften mittlerweile zusammenwachsen. Aus Sicht der Naturschützer ist dies eine fatale Entwicklung: Lößboden sei einer der weltweit besten Böden. Nach einer Bebauung sei der Boden „tot“. Es müsse alles getan werden, um den Flächenverbrauch nicht nur welt- und deutschlandweit, sondern auch in der Stadt Kerpen zu reduzieren, fordern Küke und Jutta Schnütgen-Weber, die ebenfalls bei Ansev mitmacht.
Ab 2035 kein Flächenverbrauch mehr in Kerpen?
Beide weisen daraufhin, dass sich die bisherige Bundesregierung in ihren Nachhaltigkeitszielen vorgenommen habe, den Flächenverbrauch in Deutschland – bislang rund 21 000 Hektar jährlich – bis 2030 zu halbieren und dann gegen Null zu fahren. Parallel dazu dürfe auch die Stadt Kerpen bis 2030 nur noch 6,5 Hektar pro Jahr verbrauchen, ab 2035 dürfe es keinen zusätzlichen Flächenverbrauch mehr geben.
Anlässlich des „Weltbodentages“, der am 5. Dezember begangen wird, erneuert die Ansev dabei auch ihre Kritik an der geplanten Abgrabung des Ortes Manheim-alt im Zuge des Tagebaus Hambach. Durch diese „Manheimer Bucht“ gingen weitere 600 Hektar wertvollen Bodens verloren.
Versiegelte Fläche in Kerpen um das 44-fache gestiegen
„Gesunder Boden ernährt uns nicht nur, sondern hilft auch bei der Verlangsamung des Klimawandels“, schreiben Küke und Schnütgen-Weber. „Er speichert CO2 und kühlt das Stadtgebiet durch die Verdunstung von Bodenwasser. Seit der industriellen Revolution zerstören wir Menschen immer mehr von diesem Boden.“
So wies das heutige Stadtgebiet im Jahre 1821 nur einige kleine Siedlungsschwerpunkte rund um Kirchen oder Burgen und Schlösser auf. Seitdem sei die besiedelte Fläche in Kerpen aber um das 44-fache gestiegen.
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Nicht nur durch Tagebau, Gebäude und Straßen werde Boden vernichtet, auch durch Land- und Forstwirtschaft könne Boden zerstört werden. „Die schweren Maschinen verdichten den Boden und Pressen das Bodenleben heraus.“
Die Ansev fordere deshalb etwa auch eine schonendere Bodenbearbeitung durch Land- und Forstwirtschaft, insbesondere den Verzicht auf Rückegassen im Wald. Zudem soll es mehr innerstädtische Verdichtung statt Ausweisung neuer Wohn- und Gewerbegebiete gegen. Auch notwendig sei die Entsiegelung von Flächen, der Rückbau von Parkplätzen, die Begrünung von Vorgärten und die Vergrößerung von Baumscheiben.
BUND fordert Moratorium für Manheimer Bucht
Anlässlich der Sitzung des Braunkohlenausschusses der Bezirksregierung am Montag, 13. Dezember, fordert der nordrhein-westfälische Landesverband des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) die Landesregierung auf, die weitere Zerstörung wertvollen Agrarlandes im Vorfeld des Tagebaus Hambach zu stoppen. Das Abbaggern schutzwürdiger Böden zur Verschwendung auf der Innenkippe des Tagebaus müsse beendet werden. Ausweislich der Zwischenergebnisse des vom Braunkohlenausschuss beauftragten Gutachtens zur Massenbilanzierung bestehe auch kein bergbautechnischer Grund zum Abbaggern der so genannten „Manheimer Bucht“.
„Wir haben Energieminister Andreas Pinkwart gebeten, ein Moratorium zu verhängen“, sagte der stellvertretende BUND-Landesvorsitzende Thomas Krämerkämper. Seit 2018 seien bereits 100 Millionen Kubikmeter Bodenmaterial zur Erhöhung der Innenkippe verschwendet worden. „ Diese Verkippung muss gestoppt werden.“
Bislang ist vorgesehen, auf der überhöhten Innenkippe des Tagebaus Hambach auf 250 Hektar neues Agrarland zu schaffen. Diese Maßnahme soll bereits 2027 abgeschlossen sein. „Es ist schlichtweg unsinnig, dass mit der Manheimer Bucht eine uralte, vor allem landwirtschaftlich genutzte Kulturlandschaft auf mehr als 400 Hektar zerstört werden soll, um stattdessen auf der Innenkippe neues, minderwertigeres Agrarland auf 250 Hektar Fläche zu schaffen“, so BUND-Geschäftsleiter Dirk Jansen. (wm)