Razzia im RathausStaatsanwaltschaft ermittelt gegen Kerpener Bürgermeister Spürck
Kerpen – Wegen der umstrittenen Baugenehmigung für ein Mehrfamilienhaus an der Villa Trips in Horrem haben Mitarbeiter der Staatsanwaltschaft Köln unter anderem Büroräume im Kerpener Rathaus sowie mehrere Wohnungen durchsucht. Die Ermittlungsverfahren richten sich derzeit gegen drei Beschuldigte, gegen Bürgermeister Dieter Spürck (CDU), einen Mitarbeiter der Stadtverwaltung sowie einen Bauunternehmer. Das teilte Renke Hoogendoorn von der Kölner Staatsanwaltschaft mit.
Es bestehe ein Anfangsverdacht, dass Amtsträger wirtschaftliche Vorteile in Empfang genommen haben, um im Gegenzug das Baugenehmigungsverfahren dahingehend zu beeinflussen, dass das Grundstück der Villa Trips von der Stadt als bebaubarer Innenbereich eingestuft wurde, so die Staatsanwaltschaft. Es liegt gleich neben dem Park der Burg Hemmersbach.
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Insgesamt seien zwölf Objekte in Kerpen, Schleiden, Brühl und Hürth durchsucht worden. Wie zu hören war, soll es sich dabei unter anderem um das Wohnhaus des Bürgermeisters Dieter Spürck in Sindorf, sowie um zwei weitere Wohnungen in Schleiden und Brühl handeln, die einen Bezug zu Spürck haben sollen.
Eine Wohnung in Hürth, die ebenfalls durchsucht wurde, gehöre einem anderen Beschuldigten, teilte die Staatsanwaltschaft mit. Auch die Räume des CDU-Stadtverbandes, der am Blatzheimer Wohnsitz des Stadtverbandsvorsitzenden Klaus Ripp ansässig ist, sind durchsucht worden. Zudem hat die CDU-Kreisgeschäftsstelle in Frechen auf Anfrage der Staatsanwaltschaft Unterlagen herausgegeben.
Langer politischer Streit
CDU-Kreisvorsitzender Frank Rock teilte dazu mit, für die CDU sei klar, „dass eine lückenlose Aufklärung notwendig ist“. Unabhängig davon gelte aber bis zum Beweis des Gegenteils die Unschuldsvermutung.
Möglicherweise sucht die Staatsanwaltschaft Hinweise auf Parteispenden, etwa für Spürcks Bürgermeisterwahlkampf im Jahre 2015. Wie Ripp berichtete, sei der Bürgermeisterwahlkampf seinerzeit nicht vom CDU-Stadtverband, sondern von der CDU-Kreisgeschäftsstelle aus geführt worden.
Gelände ist Landschaftsschutzgebiet
Über die Baugenehmigung für das Mehrfamilienhaus an der Villa Trips wird in Kerpen schon lange politisch gestritten. Ein Geschäftsmann hatte seinerzeit die Villa Trips von der Trips-Stiftung erworben, die dort ein Rennsportmuseum betrieben hatte. Dabei wurde in Aussicht gestellt, gegenüber ein neues Rennsportmuseum zu bauen, in das sich die Trips-Stiftung wieder einmieten sollte.
Zur Finanzierung des Museumsneubaus sollte daneben auch ein Mehrfamilienhaus gebaut werden. Eine entsprechende Bauvoranfrage beschied die Stadtverwaltung Kerpen ohne Einbeziehung des Rates positiv. Das führte zu einem heftigen politischen Streit. Denn bei dem Gelände handelt es sich um Landschaftsschutzgebiet. Für das Bauprojekt wurden dort Dutzende große Bäume gefällt.
Gutachten mit unterschiedlichen Ergebnissen
Mehrere Gutachten waren danach in Auftrag gegeben worden, um zu klären, ob eine Erteilung einer Baugenehmigung rechtlich möglich ist oder ob es sogar einen Anspruch darauf gibt. Dabei kamen die Gutachten zu unterschiedlichen Ergebnissen.
Auch innerhalb der Stadtverwaltung soll es dazu verschiedene Meinungen gegeben haben. Spürck soll schließlich die Sache an sich gezogen haben. Er soll durchgesetzt haben, dass das Gutachten, welches eine Bebauung für rechtmäßig erklärt hatte, den Ausschlag für eine Baugenehmigung gab.Wie Spürck später erläuterte, habe die Baugenehmigung „aufgrund bestehender Rechtsansprüche“ erteilt werden müssen. Diese seien eine Folge davon, dass vorher in diesem Umfeld von der Stadtverwaltung schon ein Hotelbau genehmigt worden war – und zwar bevor Spürck Verwaltungsleiter wurde. Man dürfe rechtlich nicht mit zweierlei Maß messen.
Kein neues Museum
Vollends brisant wurde die Sache, als Anfang vergangenen Jahres klar wurde, dass die Pläne für den Bau eines Rennsportmuseums in Horrem nicht mehr weiterverfolgt werden. Dies wurde damit begründete, dass sich die wirtschaftliche Situation der Trips-Stiftung verschlechtert habe. Die Stiftung zog in Räume des Schlosses Loersfeld bei Kerpen um. Spürck deutete später an, in der Sache „irregeführt“ worden zu sein.
In Horrem entsteht also kein neues Motorsport-Museum, sondern nur noch das Mehrfamilienhaus, dessen Bau schon begonnen wurde.Kerpener Oppositionspolitiker hatten in der Sache Akteneinsicht genommen und sich dann an die Staatsanwaltschaft gewandt.
Bürgermeister Spürck hat im September 2018 eine Selbstanzeige beim Landeskriminalamt wegen des Vorwurfes der Bestechlichkeit und Vorteilsnahme gestellt, die – so heißt es bei der Stadt – aber nicht als Schuldeingeständnis zu werten sei. Sie solle lediglich dazu dienen, die Vorgänge und Vorwürfe aufklären zu lassen. Weder von Spürck noch von dem Geschäftsmann waren gestern Stellungnahmen zu bekommen.