Warum hat die CDU Dieter Spürck im Wissen um dessen Erkrankung erneut zum Kandidaten gewählt? Zumal kein zeitlicher Druck bestand, fragt Jörn Tüffers in seinem Kommentar.
CDU sucht NachfolgerKerpens Bürgermeister Spürck muss an seine Gesundheit denken
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Wer hat ab September im Kerpener Rathaus das Sagen? Derzeit führt der Erste und Technische Beigeordnete Thomas Marner die Amtsgeschäfte in Abwesenheit von Bürgermeister Dieter Spürck.
Copyright: Marco Führer
Viele Wochen lang war in Kerpen über den Gesundheitszustand von Kerpens Bürgermeister Dieter Spürck (CDU) spekuliert worden – hatte der 58-Jährige doch seit Ende vorigen Jahres seine Amtsgeschäfte innerhalb und außerhalb des Rathauses nicht mehr wahrgenommen. Seit einer Woche nun herrscht Klarheit: Aus gesundheitlichen zieht er seine Kandidatur für die Bürgermeisterwahl im September zurück.
Diese Entscheidung gab nicht Spürck persönlich bekannt, sondern der CDU-Stadtverbandsvorsitzende Addy Muckes in einer knapp gehaltenen schriftlichen Mitteilung. Was die Gerüchteküche in der Kolpingstadt erneut anheizt. Wollte der 58-Jährige etwa gar nicht erneut antreten? Oder es zumindest zu diesem relativ frühen Zeitpunkt noch nicht entscheiden? Denn es bestand kein zeitlicher Druck – außer in Brühl hat die CDU-Basis noch keine Kandidaten für das Bürgermeisteramt gewählt.
Muckes und Ripp wären naheliegende Alternativen
Daher war selbst in der CDU mit Erstaunen wahrgenommen worden, dass der Parteivorstand den 58-Jährigen im Januar in dessen Abwesenheit durch die Mitglieder zum Bürgermeisterkandidaten wählen ließ. Nicht einmal eine persönliche Erklärung Spürcks oder eine Grußbotschaft wurden verlesen. Das Ergebnis: Mit 89 Prozent erhielt der seit 2015 amtierende Bürgermeister das Vertrauen seiner Partei, um für eine dritte Amtszeit zu kandidieren.
Muckes und Co. stehen nun vor der Aufgabe, eine neue Kandidatin oder einen neuen Kandidaten zu finden. Eine vergleichbare Situation gab es bereits vor der Kommunalwahl 2020. Spürck hatte damals zunächst erklärt, er wolle nicht mehr kandidieren, trat dann aber doch ein zweites Mal an – und wurde in der Stichwahl mit 51,8 Prozent wiedergewählt. Seinerzeit hatte der Parteivorsitzende selbst mit dem Bürgermeisteramt geliebäugelt. Ihm fehlte damals wie heute aber der bedingungslose Rückhalt in den eigenen Reihen.
Aus der zweiten Reihe heraus agiert lieber Fraktionschef Klaus Ripp, seit Jahren der Strippenzieher in den Reihen der Kerpener CDU. Dass er seinen Hut in den Ring wirft, ist kaum zu erwarten. Es liegt nun an ihm und Muckes, einen Spürck-Ersatz zu finden.
Dass SPD und Grüne ihr Bedauern über Spürcks Verzicht äußerten und ihm baldige Genesung wünschten, ist ein Zeichen dafür, dass es trotz aller Rivalität zwischen den Parteien und eines bisweilen rauen Tons (gerade in Kerpen) noch Menschlichkeit und Empathie in der Politik gibt. Eine entsprechende Erklärung vonseiten des Vorstands der Kreis-CDU suchte man in dieser Woche vergeblich – anders als noch 2020, als Spürck seinen Verzicht bekanntgegeben hatte.
Noch vor fünf Jahren hatte die Kreis-CDU Spürcks Verzicht bedauert
In einer Stellungnahme hatte der damalige Parteivorsitzende und heutige Landrat Frank Rock den Schritt des Kerpener Bürgermeisters und Parteifreundes bedauert. Er erinnerte zugleich daran, dass Spürck in seiner Neujahrsansprache den bisweilen rauen Umgang mit Kommunalmitarbeitern und Bürgermeistern angemahnt hatte. Kritisch habe Spürck vor allem den unsachlichen Umgang und die vehementen persönlichen Angriffe gegen ihn und seine Familie gesehen, erwähnte Rock zudem.
Nun hat Dieter Spürck die Reißleine gezogen. Und dafür verdient er Respekt. Kein Amt, keine Aufgabe und keine Partei kann so wichtig sein, um dafür seine Gesundheit aufs Spiel zu setzen.