Kerpen – Selten war eine Veranstaltung der von der Kolpingsfamilie und ihrem diesmal allerdings tieftraurigen in Corona-Quarantäne schmorenden Präses Pfarrer Ludger Möers organisierten Gesprächsreihe „Fußball und Bier“ besser besucht.
Dass sich am Freitagabend rund 100 Fans im Schützenheim an der Alten Landstraße versammelten, überraschte angesichts des namhaften Ehrengastes allerdings nicht. Kein Geringerer als Harald „Toni“ Schumacher, Torwart-Legende und Rekordspieler des 1. FC Köln, plauderte in lockerer und überaus vergnüglicher Runde über seine Glanzzeiten in den 1970er- und 1980er-Jahren, aber auch über die nicht so spaßigen Auswüchse des heutigen Millionengeschäfts Profi-Fußball.
Toni Schumacher spielte bei 76 Länderspielen
Die Geschichte, wie er ins Tor gekommen ist, hat der heute 68-Jährige, der als Jugendlicher bei Schwarz-Weiß Düren meist als Abwehrspieler agierte, schon einige Male erzählt. Aber man hört sie immer wieder gern. „Liebchen, du siehst immer so kaputt aus, wenn du vom Training kommst, hat de Mama gesacht. Gibbet da nit noch Positionen, wo du weniger rennen musst? Stell dich mal im Tor, dat ist doch ene jemütliche Job“, erzählte Schumacher in feinstem Straßen-Kölsch.
Der kleine Harald hat Mamas Rat brav befolgt. Der Rest ist Geschichte: Von 1972 bis 1987 442 Bundesliga-Spiele für den 1. FC Köln, drei Mal Pokalsieger, zwei Mal Deutscher Meister, 76 Länderspiele, Europameister 1980, Vize-Weltmeister 1982 und 1986 – um nur einige Daten zu nennen.Aber auch die ganz Großen fangen klein an.
1200 D-Mark-Vertrag : „Da lachen sich die jungen Spieler heute kaputt.“
So musste Schumacher auf Mamas Geheiß erst einmal seine Kupferschmiedlehre beenden, bevor er als 18-Jähriger seinen ersten Profivertrag beim FC unterschreiben durfte. Mit 1200 D-Mark brutto, also rund 600 Euro im Monat, war der Kontrakt dotiert. „Da lachen sich die jungen Spieler heutzutage kaputt.
Aber ich habe damals schon mehr verdient als mein Vater als Autoschlosser und fühlte mich wie der Held der Familie, die zu Viert auf 43 Quadratmetern gewohnt hat.“ Schumacher gab mit urigem kölschen Humor so manches Anekdötchen über Wolfgang Overath, Heinz Flohe, Hennes Weisweiler, sich selbst und die vielen anderen FC-Helden seiner Zeit zum Besten, ließ das grandiose FC-Meister- und Pokalsieger-Double von 1978 Revue passieren und verriet auch, dass er sich nur ein einziges Mal über einen zweiten Platz freuen konnte: „Das war 1986 bei der WM in Mexiko. Da wurde ich zum zweitbesten Spieler hinter Diego Maradona gewählt, und das hat mich unglaublich stolz gemacht.“
Ticketpreise heutzutage laut Schumacher kaum erklärbar
Den heutigen Fußball, wo schon Zehnjährige mit Geld und großen Versprechen geködert und mit 14 nicht selten wieder aussortiert werden, wo windige Berater bei jedem Transfer die Hand aufhalten und wo manche Stars auch mit Monatsgehältern im Millionenbereich nicht zufrieden sind, betrachten Schumacher und der ebenfalls mitdiskutierende Kicker-Journalist Frank Lussem kritisch.
„Einem Vater, der mit seinen Kindern ins Stadion will und dann mit offenem Mund die Ticketpreise sieht, ist das alles kaum noch zu vermitteln“, so Schumacher.
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Bei aller Freude über den Aufschwung seines FC sieht der Altstar mittelfristig eher schwarz für die Bundesliga: „Die Schere zwischen den Topvereinen Bayern, Dortmund, Leipzig, vielleicht noch Leverkusen und dem Rest der Liga geht wegen der zusätzlichen zig Millionen, die die Großen jedes Jahr in der Champions League kassieren, immer weiter auseinander.
Deshalb fürchte ich, wir werden es nicht mehr erleben, dass der wirtschaftlich unterlegene FC noch mal ernsthaft um die Meisterschaft mitspielen kann.“