Kerpen – „Wir können den Lärm nicht verhindern, die Flugzeuge sind laut“, gab der Leiter des Bereiches Luft im Luftwaffentruppenkommando in Köln, Brigadegeneral Frank Best, bei der Informationsveranstaltung des taktischen Luftwaffengeschwaders Boelcke ohne Umschweife zu. Wie laut, das schilderte Franz-Peter Staudt, der seit 25 Jahren in Niederbolheim nahe am Flugplatz wohnt: „Wenn die um 9 Uhr starten und das Telefon geht, kann ich die Leute nur bitten in einer halben Stunde nochmal anzurufen.“
Vier Maschinen im Tiefflug
Außerdem habe er erst am Tag zuvor vier Maschinen im Tiefflug über den Ort jagen sehen. Nicht allein Lärm, sondern auch Abgase pusteten die Jets in den Ort, verstärkt noch vom Hang hinter dem Ort.
Sorge um die Lärmbelästigung rund um den Nörvenicher Fliegerhorst Boelcke trieb rund 100 Menschen am Freitagabend zum Gespräch mit dem Brigadegeneral Best, dem Kommodore des taktischen Luftwaffengeschwaders 31 „Boelcke“ Timo Heimbach, dem Kommandeur der fliegenden Truppe Daniel Ullmann-Märkl und dem Kommodore aus Büchel, Thomas Schneider, in die Aula des Europagymnasiums. Bürgermeister Dieter Spürck moderierte.
Zusätzlich zu den in Nörvenich stationierten 30 Eurofightern werden weitere 25 Tornados und Personal aus dem Militärflughafen Büchel für vier Jahre nach Nörvenich verlegt. Und die Kampfjets sollen dort natürlich auch starten und landen.
Bis zu sieben Tornados würden zweimal täglich in Flugbetrieb gehen, sagte Schneider, im Juni solle es mit den Übungsflügen losgehen, und das zusätzlich zu ohnehin startenden und landenden Eurofightern. Die Unruhe wegen der zusätzlichen „Belastung, die auf sie einschlägt“, könne er verstehen, so Schneider. „Dass wir in den vier Jahren keine Freunde werden, ist klar.“ Er rechne mit weiterem Austausch über die Situation.
Die Notwendigkeit der Übungsflüge, auch im Hinblick auf den Krieg in der Ukraine, betonte Kommodore Timo Heimbach. Die Piloten müssten trainieren, um gegebenenfalls in der Lage zu sein, Aufträge der Nato durchführen zu können.
Maßnahmen zur Reduzierung des Lärms
Heimbach stellte Maßnahmen vor, um die Lärmbelastung zu reduzieren, darunter den weitgehenden Verzicht auf Starts mit Nachbrenner, verringerte Einfluggeschwindigkeiten bei der Landung, die „Verteilung des Fluglärms“ durch unterschiedliche Flugrouten und größere Höhen, die Verlegung von Trainingsflügen auf internationale Übungsstandorte, Reduzierung der zivilen Nutzung des Flughafens, mittäglichen und abendliche Ruhestunden und mehr. Statt einer „Märchenstunde“ wolle er lieber über die Belästigungen reden, unterbrach einer der Gäste den Vortrag.
Die Meinungen waren geteilt, für die einen zeigten sich die Belastungen so unerträglich, dass sie gar eine Verlegung des Luftwaffenstützpunkt an einen weniger besiedelten Ort forderten, andere zeigten sich weniger empfindlich. Der Kerpener Jürgen Langer befand das Maß aktueller Emissionen, weit unter den Zumutungen, die vergleichsweise der Betrieb der F104 in den 1960er-Jahren mit sich gebracht habe.
Training im Simulator reicht nicht
Die Piloten könnten doch sicher auch in Simulatoren trainieren, schlug einer vor. Simulatoren gehörten zum täglichen Brot der Piloten, allerdings gelinge es im Simulator nicht, beispielsweise hohe Beschleunigungen zu trainieren, so Heimbach.
Auf die Frage nach einer „nuklearen Teilhabe“ Nörvenichs antwortete Schneider mit einem klaren Nein, die Gefechtsköpfe blieben in Büchel.
Anwohner klagen über Flüge in Ortsnähe
Für Anwohner in Niederbolheim wie Staudt oder Axel Wilning ändern die Maßnahmen nichts an der Nähe zur Startbahn. Die Radar-Platzkurve und das sogenannten „Inside Downwind“, also der Sinkflug rund um den Platz kurz vor der Landung, die Heimbach auf einer Karte idealerweise über den Feldern nördlich des Flughafens zeichnete, verwiesen die Anwohner schlicht ins „Reich der Fantasie“. Ihre Wahrnehmung sei eine ganz andere, sie beobachteten gar tiefe Parallelflüge zur Landebahn, und das in Ortsnähe.
Immerhin, nach Vorwürfen, es komme vom Fliegerhorst kein Feedback auf Beschwerden wegen Tiefflügen über der Ortschaft, lud Timo Heimbach die Anwohner jetzt ein, sich „einmal gemeinsam die Karte anzuschauen“.