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Eine „Tragödie“Bund der Steuerzahler prangert Steuergeld-Verschwendung in Köln und Region an

Lesezeit 6 Minuten
Das Schauspielhaus und die Oper Köln mit Blick auf die Gerüste und Planen rund um die Baustelle.

Das Schauspielhaus und Oper am Offenbach Platz, ein Blick von Oben. Seit 2012 laufen die Bauarbeiten. Die Kosten sind mittlerweile auf über eine Milliarde Euro gestiegen. (Archivbild)

Im jährlichen „Schwarzbuch“ kritisiert der Bund der Steuerzahler „Steuergeld-Verschwendung“. Diese Fälle gibt es in der Region.

Wie in jedem Jahr hat der Bund der Steuerzahler sein sogenanntes Schwarzbuch veröffentlicht. Dabei macht die Organisation auf laxen und nachlässigen Umgang mit Steuergeldern aufmerksam.

Auch in diesem Jahr gibt es wieder einige Fälle in der Region, die der Bund der Steuerzahler kritisiert und „öffentliche Verschwendung“ anprangert. Gleich zwei Fälle kommen dabei aus Köln.

Bund der Steuerzahler: Sanierung der Kölner Oper ist eine „Tragödie“

Sicherlich überrascht es da kaum, dass das Drama um die Sanierung der Kölner Oper auch dem Bund der Steuerzahler nicht entgangen ist – der Bund nennt es übrigens eine „Tragödie“. Die Stadt hatte die Oper sanieren und ein neues Schauspielhaus bauen wollen. Die Kölnerinnen und Kölner wollten aber auch ihr Schauspielhaus erhalten. Daher wurde beschlossen, beide Gebäude zu sanieren. Ursprünglich waren für die Sanierung der Oper und des Schauspielhauses Kosten in Höhe von 253 Millionen Euro kalkuliert. Die Arbeiten begannen 2012 und sollten drei Jahre dauern. Das hat, wie hinreichend bekannt ist, nicht geklappt – die Arbeiten dauern weiter an.

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Die Kosten für die Sanierung stiegen ebenfalls immer weiter. Der Paukenschlag kam im August 2024. Da verkündete die Stadt Köln Baukosten von rund 800 Millionen Euro und bezifferte die Gesamtkosten auf rund 1,5 Milliarden Euro. Fertig sollen die Sanierungen dann Ende 2025 sein. „Viel Zeit für weitere Kostensteigerungen“, so der Bund der Steuerzahler. „Doch nein, die Stadt hat gesagt, dass es Ziel sei, ‚bei den Baukosten unter der Marke von 800 Millionen Euro zu bleiben.‘“

Jüdisches Museum viermal so teuer wie ursprünglich kalkuliert

Auch die Kosten für das jüdische Museum, an dem seit Jahren auf dem Platz vor dem Historischen Rathaus gebaut wird, sind vielfach gestiegen. Fast viermal so teuer, wie ursprünglich kalkuliert, ist es inzwischen. Und die Eröffnung wurde auch mehrfach verschoben. Die Kosten für das Museum und den unterirdischen Rundgang sind von 48 auf 190 Millionen Euro gestiegen, kritisiert der Bund der Steuerzahler.

2000 Jahre Kölner Stadtgeschichte sollen in einem 600 Meter langen unterirdischen Rundgang namens „Miqua“ erlebbar werden. Gezeigt werden sollen unter anderem die Überreste eines römischen Statthalterpalasts, eines mittelalterlichen jüdischen Viertels und eines Goldschmiedeviertels. Der ursprüngliche Eröffnungstermin Ende 2019 sei inzwischen auf Ende 2027 verschoben worden. Zwischenzeitlich war auch mal September 2024 im Gespräch.

Köln darf sich nicht auf unkalkulierbare Risiken einlassen

Die Mehrkosten seien von der Stadt Köln hauptsächlich mit der Kündigung des Stahlbauers Ende 2021 begründet worden, teilt der Bund mit. „Durch diese Verzögerung können auch die Arbeiten der folgenden Gewerke nicht pünktlich beginnen und abgeschlossen werden.“ Wegen der Laufzeitverlängerungen mit den bereits beauftragten Fachfirmen der Folgegewerke würden sich die Baukosten zusätzlich erhöhen, die bereits im Zuge der Corona-Pandemie und des Ukraine-Kriegs gestiegen wären, so die Stadt Köln.

Die Baustelle des Jüdischen Museums in Köln, zu sehen mit einer großen, schwarzen Stahlträgerkonstruktion.

Der Stand auf der Baustelle des MiQua in Köln. (Archivbild)

Für Köln, das auf einen Schuldenstand von sechs Milliarden Euro zusteuere, ist das fatal: Die Fördersumme des Landes ist bei 33,7 Millionen Euro gedeckelt. Damit steige der städtische Eigenanteil von 28,8 auf mehr als 156 Millionen Euro. Eine finanziell angeschlagene Stadt wie Köln dürfe sich auf solche Großprojekte mit unkalkulierbaren Risiken nicht einlassen, so der Bund.


Weitere Fälle von Steuergeld-Verschwendung in NRW, die der Bund der Steuerzahler im aktuellen Schwarzbuch aufführt, finden Sie auf dieser Karte.

Nörvenich: Lärmaktionsplan für unbewohnte Flächen

In der Gemeinde Nörvenich, die an den Ausläufern des Tagebau Hambach liegt, geht es um einen Acker und ein Stück Umgehungsstraße, für das ein Lärmaktionsplan aufgestellt werden musste. Genauer gesagt geht es um etwa einen Quadratkilometer unbewohnte landwirtschaftliche Fläche.

Einen solchen Lärmaktionsplan im Umfeld von Ortsumgehungen sehen EU-Richtlinien vor, obwohl im Umfeld der ländlichen Flächen keine Menschen direkt von Lärm betroffen sind. Um den Lärmaktionsplan für Nörvenich aufzustellen, seien Mitarbeitende der Gemeinde gut ein Dreivierteljahr beschäftigt, so die Gemeinde. Zusätzlich würden Kosten von gut 6000 Euro entstehen. Alle fünf Jahre muss der Lärmaktionsplan überarbeitet werden.

Fliegerlärm in Nörvenich ist nicht Teil des Aktionsplans

Der erhebliche Lärm in Nörvenich durch den militärischen Flugbetrieb des dortigen Fliegerhorsts spielt dabei übrigens keine Rolle. Der Bürgermeister von Nörvenich, Timo Czech, frage sich, wie er seinen Bürgerinnen und Bürgern vermitteln soll, dass er ein Stück Acker ohne Besiedelung mit einem Lärmaktionsplan vor Lärm schützen muss, während andere Gemeindegebiete mit großer Lärmbelastung nicht berücksichtigt würden, betont der Bund der Steuerzahler.

Der Flugbetrieb sei also ausgenommen vom Lärmaktionsplan, so die Gemeinde. Eine Ausnahme für Nörvenich gebe es dennoch nicht.

„Fort-Knox-Brücke“ in Leverkusen

Bei einer kleinen Brücke über den Wiembach in Leverkusen sorgt die Stadt präzise dafür, dass „niemand vom ‚richtigen‘ Weg abkommt, oder die Brücke verfehlt“, erklärt der Bund der Steuerzahler.

Die schmale Brücke musste nach dem Jahrhunderthochwasser 2021 instand gesetzt werden und ist laut Stadt Bestandteil einer wichtigen und viel genutzten Wegeverbindung für Fuß- und Radverkehr. Diese müssen bei Absturzgefahr laut EU-Richtlinie mit einem mindestens 1,30 Meter hohen Zaun gesichert werden.

Die Brücke über den Wiembach in Leverkusen ist von einem hohen Zaun eingefasst, der nur einen schmalen Weg über die Brücke freilässt.

Die Brücke über den Wiembach nahe des Freibads, mit einer aufwendigen Zaunanlage ausgestattet.

Im Herbst 2023 sicherte die Stadt deshalb die Wege zur Brücke mit einem 8000 Euro teuren Zaun. Außerdem wurde eine Ufertreppe gebaut und die Uferböschung mit Wasserbausteinen befestigt. Das verlieh der Brücke beim Bund den Titel „Fort-Knox-Brücke“. Anwohnende bezeichneten die Befestigung als „teuer und unsinnig“.

Rhein-Sieg: Fußweg für Sicherheit von Fußgängern erfüllt nicht die Sicherheitsanforderungen

Für 300 Euro hat die Gemeinde Wachtberg im Rhein-Sieg-Kreis unbürokratisch und pragmatisch einen rund 70 Meter langen Schotterweg angelegt, damit Fußgänger nicht länger am Fahrbahnrand einer Landesstraße neben Autos laufen müssen, die mit 100 Kilometer pro Stunde vorbeifahren. Prompt wurde der Weg allerdings vom Landesbetrieb Straßen NRW gesperrt – aus Sicherheitsgründen. Denn der Weg befinde sich auf einem landeseigenen Grundstück und damit sei Straßen NRW für die Verkehrssicherheit zuständig, hieß es. Der Schotterweg erfülle jedoch nicht die Sicherheitsanforderungen im Umfeld einer Landesstraße.

Langfristig muss die Stadt nun eine richtlinienkonforme Lösung vorantreiben, forderte Straßen NRW. Ein den Vorschriften entsprechender Fußweg sei nun in Planung – für Kosten zwischen 100.000 und 200.000 Euro. Dies wird laut der Gemeinde Wachtberg vom Land NRW finanziert.

In Burscheid kritisierte der Bund der Steuerzahler schon 2022 eine geplante, 100 Quadratmeter große Aussichtsplattform und eine neue Rampe, die Radfahrende in die Innenstadt locken sollte. Ergebnis: Die Aussichtsplattform wird nun doch nicht gebaut. Die Rampe ist jedoch schon fertiggestellt worden, obwohl es zumutbare Alternativrouten gebe, kritisiert der Bund. Zudem sollte die Rampe auf der Hauptstraße so erweitert werden, dass sie auch gastronomisch genutzt werden könnte, es fanden sich jedoch keine Gastronomen, die dort bewirten wollten, so der Bund. Auch ein Nutzungskonzept habe es nicht gegeben.

„Ärgerlich ist, dass bereits Geld für Vorarbeiten für die Plattform ausgegeben worden ist“, so der Bund der Steuerzahler. Da das Projekt nicht umgesetzt wird, gehen die Kosten zu Lasten der Stadt. (mit dpa)