Nach fast 70 Jahren endete die Geschichte der Sindorfer Glashütte. Die Erinnerung daran soll aber weiterleben.
Glasfabrik wird abgerissenRingen um den Brückenkran in Kerpen war erfolgreich
Ein Heimatverein und eine Abrissbirne stehen sich nicht unbedingt freundschaftlich gegenüber: Ein Heimatverein will identitätsstiftende Bausubstanz erhalten, eine Abrissbirne will Platz schaffen für Neues.
Der Sindorfer Heimatverein kann ein Lied davon singen. Die alte Glasfabrik an der Hüttenstraße war 1912/13 erbaut worden. Hier wurden die unterschiedlichsten Glasprodukte hergestellt: Wirtschaftsglas, Bauglas, Kathedral- und Ornamentglas sowie Glasbausteine.
Nach fast 70 Jahren ging am 28. November 1979 die Geschichte der Sindorfer Glashütte zu Ende. Der Versuch, die großzügige Industrieanlage unter Denkmalschutz zu stellen, scheiterte; zu viel war im Laufe der Jahrzehnte an der prägenden Bausubstanz verändert worden.
Eine dritte Grundschule soll voraussichtlich ab 2024 gebaut werden
Die DLE Land Development Gruppe hat das Areal erworben und plant eine Wohnbebauung inklusive Gewerbeansiedlung, Parkanlage und Aufenthaltsmöglichkeiten. Nicolas Sauerwein, Sprecher der DLE, geht davon aus, dass in anderthalb bis zwei Jahren Baubeginn sein wird, die Abbrucharbeiten sind weit fortgeschritten. Geplant ist klimaneutrales Bauen, identitätsstiftende Merkmale, zum Beispiel alter Baumbestand, sollen erhalten bleiben.
Ein Mobilitätskonzept, vor allem im Hinblick auf die Anbindung an das Ortszentrum von Sindorf, ist in Arbeit. Zunächst soll eine dritte Grundschule errichtet werden, Baubeginn könnte im kommenden Jahr sein. Dann ist auch absehbar, wie groß der Zuzug in dieses Gebiet sein wird.
An der Stelle kommt der engagierte Sindorfer Heimatverein ins Spiel. Dass der Abbruch nicht verhindert werden konnte, kann Pressesprecher Branko Appelmann verstehen: „Die alten Gebäude hätten nur mit hohem Kapitalaufwand gerettet werden können.“ So leicht aber gab man den Kampf nicht auf. Der Verein schlug vor, den beeindruckenden Brückenkran zu retten, außerdem die Stirnseite des ehemaligen Verwaltungsgebäudes.
Der Brückenkran wird als Ausstellungsstück an exponierter Stelle mit einer erläuternden Tafel versehen. Stirnseite und Giebel werden in ein neues Gebäude integriert werden, was auch Nicolas Sauerwein bestätigt. Dort, wo die sogenannte „Kathedrale“ stand, soll ein Freigelände geschaffen werden, quasi als Hommage an das bei vielen Sindorfern beliebte alte Gebäude. Auf YouTube kann man ein beeindruckendes Video vom Abriss der Kathedrale sehen, Stichwort: Heimatverein Sindorf.
Der Heimatverein hatte auch eine größere Veranstaltungshalle auf dem Gelände ins Gespräch gebracht. Allerdings war von Anwohnern eingewendet worden, dass man Lärmbelästigung befürchtet, ebenso wie mehr Verkehr über die Hüttenstraße, der aber nach Westen Richtung K 39 geleitet werden könnte.
Sauerwein zeigt sich erfreut über die Kooperationsbereitschaft von Stadtverwaltung und Bürgerschaft. Im Oktober 2022 fand eine Anhörung in der Willy-Brandt-Gesamtschule statt, bei der viele Ideen der Sindorfer festgehalten wurden, die laut Sauerwein Eingang in die Planung gefunden haben.
In Bert Wallrafs Brust schlagen zwei Herzen: „Natürlich hätten wir uns den Erhalt der Gebäude der historischen Glashütte gewünscht“, sagt der Vorsitzende des Heimatvereins. „Aber wir haben den Eindruck, dass das geplante Wohngebiet gut durchdacht ist und den Bedürfnissen der Menschen gerecht werden kann.“ Der Planungsausschuss des Stadtrats wird sich am 6. Juni mit den Entwürfen der DLE beschäftigen. Die Sitzung ist öffentlich.