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Kultkneipe„Ahle Konsum“ schließt – Kerpener Wirt verabschiedet sich mit Trödelmarkt

Lesezeit 3 Minuten
Wirt Andreas Weyrauch reicht einem Gast ein Kölsch im Pilsglas.

Das erste Kölsch servierte Andreas Weyrauch (rechts) im Pilsglas.

20 Jahre lang servierte Andreas Weyrauch den Kerpenern Kultur, Musik und Heuschrecken in seiner Gaststätte. Damit ist 2024 Schluss.

Als Andreas Weyrauch sich mit seiner Freundin Andrea Drehsen an einem Sonntag im Juni 2003 zu einer Radtour in Richtung Erftstadt aufmacht, ahnen beide nicht, dass dieser Tag ihr Leben für die nächsten 20 Jahre komplett verändern würde. Es sollte der Tag sein, an dem sie sich für die Gaststätte „Ahle Konsum“ entscheiden, für Kultur, Musik und Heuschreckengerichte. Ende des Jahres 2023 soll damit aber Schluss sein: Weyrauch will seine Kultkneipe in Balkhausen schließen.

Die Radtour 2003 führte Weyrauch und Drehsen – beide lebten damals in Kerpen – durch Balkhausen, wo sie an der Heerstraße das leerstehende Gasthaus „Zum ahle Konsum“ entdeckten. Im Fenster hing das Schild: „Zu vermieten“.

Noch am selben Abend nahmen sie Kontakt mit dem Eigentümer auf, einem prominenten Kölner Gastronom, und vereinbarten einen Besichtigungstermin für den nächsten Tag. Bis 1961 war im leerstehenden Gebäude ein Konsum, ein Lebensmittelgeschäft. 1962 wurde das Objekt zur „Heer-Klause“ umgebaut.

Der erste Gast trank Kölsch aus einem Pilsglas

Als Weyrauch von den Pachtvorstellungen des Besitzers erfuhr, sagte er nur: „Ich bin dann mal weg“, schwang sich auf sein Rad und fuhr zurück Richtung Kerpen. Auf halbem Weg klingelte sein Telefon. Weyrauch drehte um und einigte sich mit dem Eigentümer auf einen angemessenen Mietpreis. Er beantragte die Konzession und eröffnete sein Lokal „Ahle Konsum“ am 3. Juli 2003.

Andrea Drehsen und Andreas Weyrauch im „Ahle Konsum“.

Andrea Drehsen und Andreas Weyrauch im „Ahle Konsum“.

„Und dann nahm alles seinen Lauf“, sagt Weyrauch. „Ich wollte spürbar anders sein, denn ich war einfach gastroverliebt.“ Der Kerpener Moderator Eddy Wildenburg war der erste „inoffizielle Gast“. Er bekam damals sein Kölsch in einem Pilsglas serviert, denn die Kölschgläser waren noch nicht geliefert worden. Sieben Tage in der Woche gab es von nun an die drei K's, wie Weyrauch sagt: „Kerpen, Kultur und Konsum“. Die Gaststätte wurde binnen kürzester Zeit zum „Wohnzimmer“, zum „Treffpunkt“, zum „Ort der Lebensfreude“. Und das von 9.59 Uhr bis 0.01 Uhr, sieben Tage lang ungerade Preise zu ungeraden Zeiten.

Frühstück konnten Gäste des „Ahle Konsum“ auch mitternachts bestellen

Zu seinen kulinarischen Leckerbissen bot Weyrauch auch eine kulturelle Vielfalt an, die Menschen aus dem ganzen Rhein-Erft-Kreis anzog. Erotiklesungen mit korrespondierendem Menü, Modenschauen, Vernissagen, musikalische Highlights. Frühstück, das man auch um Mitternacht bestellen konnte, Kaffeespezialitäten, Longdrink-Kreationen. Bei Weyrauch brauchte der Gast keine Speisekarte. Er zelebrierte für jeden einzelnen etwas„bescheuert Schönes“.

Gäste des "Ahle Konsum" während des letzten Weihnachtsfrühstücks.

Das letzte Weihnachtsfrühstück in der Balkhausener Kultkneipe.

„Wir kochen mit Liebe und sind keine Speisenerwärmer“ ist einer seiner liebsten Sprüche. Und für Sprüche wie diesen lieben ihn seine Gäste. Nun aber ist Schluss mit der Balkhausener Kultkneipe. Andreas Weyrauch und seine Andrea, die am 1. Juni 2010 geheiratet haben, haben sich vorgenommen, „das Leben neu zu erfinden“.

Bis Samstag, 30. Dezember, hat die Gaststätte „Ahle Konsum“ ab 10 Uhr durchgehend geöffnet. Am Freitag, 29. Dezember gastiert ab 20 Uhr die Jazzband Groucho Club im Restaurant. Und von seinen treuesten Gästen verabschiedet sich das Wirtsehepaar mit einer ganz besonderen Aktion: Von Freitag, 5., bis Sonntag, 7. Januar 2024, gibt es von 11.11 bis 15.11 Uhr den „Konsum Garagentrödel“. Fans können Teile des Inventars und Dekorationen zu einem Wertschätzpreis kaufen. Der Erlös geht an die Kinderkrebsklinik in Köln.

„Ein Stück Geschichte stirbt“, sagt Eddy Wildenburg, der erste und wahrscheinlich letzte Gast des Konsum, traurig.