Die Stadt Kerpen will in der Unterkunft Bruchhöhe die Reißleine ziehen. Immer wieder kommt es dort zu gewaltsamen Auseinandersetzungen.
„Täglich multiple Konfliktlagen“Stadt fordert Security für Geflüchteten-Unterkunft in Kerpen
Gewaltsame Auseinandersetzungen, die Polizeieinsätze zur Folge haben, Spannungen zwischen Angehörigen verschiedener Nationalitäten und Religionen. Zudem Konflikte zwischen Geflüchteten und Vertretern der Ausländerbehörde: Die Stadt Kerpen will in der Unterkunft Bruchhöhe die Reißleine ziehen und einen Sicherheitsdienst einsetzen.
Die Kosten dafür belaufen sich ab 2025 auf jährlich 600.000 Euro, für dieses Jahr soll der Stadtrat zustimmen, überplanmäßig 200.000 Euro bereitzustellen. Darüber müssen die Politikerinnen und Politiker in der Kolpingstadt in der kommenden Woche entscheiden.
Die Zahl der Kapazitäten an der Bruchhöhe werden verdoppelt
276 Menschen leben aktuell in der Geflüchteten-Unterkunft Bruchhöhe. Dafür wurden acht Container aufgestellt, weitere drei werden gebaut. Und im Oktober kommen fünf weitere Container hinzu. Somit wird sich die Kapazität der dort vorhandenen Plätze bis zum Jahresende verdoppeln.
Eine solch große Anlage stellt nach Ansicht der Stadtverwaltung „einen enormen Betreuungsaufwand dar“ – so steht es in dem Papier, das der Politik vorliegt. Neben der reinen Größe der Anlage komme eine „sehr heterogene Belegung als weiterer herausfordernder Faktor hinzu“.
So würden beispielsweise Familien und Alleinreisende, Christen und Muslime, oder ukrainische Geflüchtete und aus Russland stammende Spätaussiedler gemeinsam in der Bruchhöhe untergebracht. Durch diese Belegung entstünden „täglich multiple Konfliktlagen, welche nicht selten in gewalttätigen Übergriffen und Polizeieinsätzen enden“, heißt es in dem Papier weiter.
Ein solcher Konflikt entstehe unter anderem dann, wenn Mitarbeiter der Ausländerbehörde Entscheidungen zur Belegung träfen und dies bei „Bewohnern häufig auf Unverständnis und Verweigerung“ stoße.
Die in der Bruchhöhe Untergebrachten seien teilweise nicht bereit, in ein zugewiesenes Zimmer einzuziehen oder eine weitere Person in ihr Zimmer aufzunehmen. Diese Konfliktlagen nähmen zu, je mehr Menschen dort untergebracht würden. Die Folge: „Die geplanten engeren Belegungen können so teilweise nicht, oder nur sehr schwer umgesetzt werden“, schildern es die Verantwortlichen in dem Papier. Diese Situation stelle für alle Beteiligten „ein enormes Sicherheitsrisiko dar“.
Für Sicherheitsdienst müssen eigene Räume eingerichtet werden
Bewohner lebten ihre Konflikte gegeneinander offen aus. Aber auch die Mitarbeitenden, die die Belegung umsetzen müssen, würden dadurch gefährdet.
Ziel müsse es sein, einen 24-stündigen Sicherheitsdienst in der Anlage einzusetzen. Hierzu müssten vor Ort infrastrukturelle Herausforderungen gelöst werden. Wenn ein Sicherheitsdienst für 24 Stunden an einem Standort eingesetzt ist, so gilt diese Anlage als Arbeitsort. Daher müsse dann auch ein Arbeitsplatzumfeld geschaffen werden, ein Container als Büro und von den Bewohnern getrennte Sanitäranlagen.
Mehr als 1000 Geflüchtete leben in der 70.000-Einwohner-Stadt
Als Übergangslösung können nach Fertigstellung der derzeit im Bau befindlichen Container einzelne Räume zu einem Arbeitsplatz umfunktioniert werden. Zum jetzigen Zeitpunkt sind jedoch alle Räume belegt.
Bis diese Arbeitsumgebung geschaffen ist, könne dem ein erster Schritt vorgezogen werden. Es sollte ein Sicherheitsdienst engagiert werden, der zum Schutze der Mitarbeitenden situativ hinzugezogen werden kann, wenn beispielsweise „eine konkrete Zuweisungsentscheidung dies erforderlich macht“.
Die Kosten für den Sicherheitsdienst für einen Standort könnten derzeit nur geschätzt werden, gehen aber auf die Erfahrungswerte der vergangenen Jahre zurück. Ein Sicherheitsdienst war bereits in der Erft-Halle eingesetzt. Soll ein Sicherheitsdienst für 24 Stunden an sieben Tagen in der Woche eingesetzt werden, entstünden bei einer Person ca. 25.000 Euro Kosten. Ziel sei es, zwei Sicherheitskräfte einzusetzen.
Derzeit werden in der 70.000-Einwohnerstadt Geflüchtete in vier zentralen Standorten und mehr als 60 dezentralen Wohnungen untergebracht. Die Gesamtzahl der untergebrachten Personen liegt bei 1018 (Stand 30. August 2024). Sie verteilen sich auf vier zentrale kommunale Unterkünfte: Hotel „Zum alten Brauhaus“ (56), Erftstraße (220), Humboldtstraße (122) und eben Bruchhöhe (276).
Beschwerden über große Mengen Abfall an Unterkünften für Geflüchtete
Vor wenigen Wochen klagten Bürgerinnen und Bürger darüber, dass sich an den Containeranlagen Humboldtstraße, Erftstraße und Bruchhöhe meterhoch der Sperrmüll stapele und dort die Müllcontainer überliefen. Im Rathaus beruft man sich darauf, dass für den Abfall der Geflüchteten, genau wie für andere Bürger, regelmäßige Abfuhrtermine gebe, die mit den Entsorgungsunternehmen vereinbart seien. „Daran sollen sich die Flüchtlinge halten“, sagte eine Sprecherin. Dass sich auch außerhalb dieser Termine besonders Sperrmüll ansammele, sei dennoch kaum zu verhindern.
Die Kolpingstadt wird mittelfristig weitere Geflüchtete aufnehmen müssen. Das Land plant den Bau einer Zentralen Flüchtlingsunterbringungseinrichtung (ZUE) an der Humboldtstraße. Eine Initiative hat im August 900 Unterschriften an Bürgermeister Dieter Spürck (CDU) übergeben. Ihre Vertreter befürchten „größeres Problempotenzial“ wie bei ähnlichen Unterkünften im Land. Die ZUE liege mitten im Lebensbereich der Bürger, zwischen Wohnbereich, Tennisplatz und Kleingartenanlage, Hotel, Berufsförderungswerk, Friedhof und neuem Gymnasium,