Die Türnicher sollen wieder im Ort einkaufen können. Acht Händler hatten ihre Stände beim ersten Wochenmarkt aufgebaut.
Premiere Neuer Wochenmarkt in Kerpen-Türnich findet künftig donnerstags statt
Das Türnicher Zentrum ist seit geraumer Zeit in der Krise. In zwei Bank-Filialen am Markt wurden die Geldautomaten gesprengt, mehrere Geschäfte haben aufgegeben, die geplante Aldi-Niederlassung hat sich nicht realisieren lassen. Der Wochenmarkt, den es vor 20 Jahren mal in großer Form gab, dümpelte vor sich hin, nur ein Anbieter, der indischstämmige Bekleidungshändler Hira Bahadur-Singh, blieb standhaft.
Zwei Türnicherinnen, Jennifer Nieswandt und Petra Niebergall, hatten nun eine Idee: Sie wollen den Markt wiederbeleben. Sie fuhren zu Märkten in der Umgebung, sprachen 70 Händler an, trafen Vereinbarungen mit der Stadtverwaltung und holten die örtliche SPD mit ins Boot. Acht Stände füllten am Donnerstag den Markt: Es gab Blumen, zweimal Damenbekleidung, eine Hundekeks-Bäckerei, Fisch-Feinkost, einen Metzger, Obst und Gemüse und eine Reibekuchen-Bude.
Stadt Kerpen verzichtet für sechs Wochen auf Standgebühren
Das Pilotprojekt läuft sechs Wochen jeweils am Donnerstagvormittag, in dieser Zeit verzichtet die Stadt Kerpen auf eine Standgebühr. Jennifer Nieswandt und Petra Niebergall betonen, dass sie nur Händler aus der Umgebung angesprochen hätten. Ihr Motiv: „Die kleinen Gewerbetreibenden können gegen die übermächtige Konkurrenz der großen Discounter nicht bestehen, wir wollen ihnen Hilfestellung geben.“
Wie schätzen die Anwohner das Projekt Wochenmarkt ein? Silke Rosenbach: „Auf jeden Fall ist es zu begrüßen, dass die Nahversorgung wenigstens einmal in der Woche belebt wird. Die Groß-Discounter wie Lidl oder Netto sind vom Zentrum nicht zu Fuß zu erreichen, das macht es vor allem für ältere Leute schwer.“ Rebecca Palm-Schroetter: „Es gibt auf dem Markt zum Beispiel frischen Fisch, Wild und Geflügel, dafür lohnt es sich zu kommen.“
Auch die umliegenden Geschäftsleute sehen den Markt positiv. Marion Getta, die im Laden „Tolle Wolle“ aushilft, ist heilfroh über den Markt, neben dem türkischen Supermarkt verbessere sich die Nahversorgung mit Lebensmitteln deutlich. Was manche Besucher sich noch wünschen: Bäckereiwaren und Käse.
Ob der Wochenmarkt ein Erfolg wird? Hira Bahadur-Singh tritt ein bisschen auf die Bremse: Nach Corona seien die Geschäfte eingebrochen, die Leute schauten verstärkt auf die Preise, die Inflation mache vielen zu schaffen. Und der Aufwand sei gewaltig: Drei Stunden Aufbau, drei Stunden Abbau, da müsse man schon genau kalkulieren.
Niebergall und Nieswandt können sich eine Ausweitung des Betriebs durchaus vorstellen. Ihre Ideen gehen von der monatlichen Fahrrad-Kodierung über DLRG-Info-Stände bis zu Spezialmärkten, bei denen Händler ihr Know-how verbinden. Ortsvorsteherin Irmgard Bremer sieht den Wochenmarkt vor allem als Angebot an die ältere Generation, die mit bargeldlosen Geschäftsbeziehungen eher fremdelt.
Kerpens Bürgermeister Dieter Spürck lobt die „hervorragende Initiative“ von Petra Niebergall und Jennifer Nieswandt, die sehr zur Belebung des Marktes beitrage. Er schenkte den Initiatorinnen ein Glas „Kerpener Rathausgold“, einen exklusiven Sommerblütenhonig aus Kerpen.