AboAbonnieren

Leben im alten Gemäuer„Die wichtigste Sehenswürdigkeit in Hürth“

Lesezeit 3 Minuten

Ein ausladende Sitzgruppe steht vor dem englischen Sandsteinkamin, der auch in Touristikführern Erwähnung findet.

  1. Mehr als 50 Burgen, Schlösser und Herrensitze gibt es im Rhein-Erft-Kreis.
  2. Manche sind weltbekannt wie Schloss Gymnich, andere so verborgen, dass selbst die Menschen aus den Nachbarorten kaum von ihrer Existenz wissen.
  3. Wir haben Menschen gefunden, die uns einen Blick hinter die alten Mauern gewährt haben.
  4. Diesmal: Burg Gleuel.

Hürth-Gleuel – Sie sei „die wichtigste Sehenswürdigkeit in diesem Stadtteil“ heißt es auf der Homepage der Stadt Hürth. Zwischen alten Bäumen erhebt sich die aus weißgeschlämmten Ziegelsteinen erbaute Burg Gleuel, die von einem Wassergraben umgeben ist, der vom Gleueler Bach gespeist wird. Der älteste Teil der barocken Anlage ist der zum Park hin ausgerichtete Südwestflügel mit dem geschweiften Treppengiebel. Der höhere, zum Burghof hinführende Flügel wurde erst 1632 angebaut. Bauherr war der damals neue Besitzer Johann von Cölln.

Nachdem die Gemeinde Hürth Wasserburg und Park 1969 übernommen hatte, wurde die Fläche rund um den Park der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Später wurde auch die das Burggelände umgebende Mauer auf der Seite zur Bachemer Straße niedergelegt, um so den Zugang zu ermöglichen.

Für die Burg selbst fand man aber keine passende Verwendung, obwohl mehrfach Vorschläge im Gemeinderat gemacht wurden. So war dort zwar die Unterbringung der Volkshochschule oder des kommunalen Archivs im Gespräch, doch letztlich verfiel das Ensemble immer mehr.

Ein Leben in einer Ruine

1976 erwarb der Dortmunder Architekt Ulrich Ahlert (77) mit seiner Familie das marode Anwesen und ließ das Haupthaus in Absprache mit dem Denkmalschutz umfassend restaurieren und auch die Vorburg weitgehend neu errichten. „Über viele Jahre lebten wir hier in einer Ruine und auf einer Baustelle“, sagt Ahlerts Frau Marlis (71). Von Anfang an plante das Paar, das zuvor auf einem Bauernhof bei Gütersloh gelebt und dort viele kulturelle Veranstaltungen organisiert hatte, auch die Gleueler Burg mit Leben zu erfüllen.

Der prächtige Rittersaal.

Die beiden Wohnräume im Anbau von 1632 wurden zur Bibliothek mit einem englischen Sandsteinkamin und zum Rittersaal ausgebaut, der dazwischen liegende Flur der Bibliothek zugeschlagen und die Verbindungstüren so weit vergrößert, dass beide Räume auch zusammen genutzt werden können.

Die Historie

Wohl um 900 nach Christus ist der ursprünglich vierflügelige Teil der Burg erbaut worden. Die Burg kam Mitte des 13. Jahrhunderts in den Besitz des Kölner Domstifts. Danach waren die Ritter von Gleuel bis zum Aussterben der Linie um 1550 Eigentümer. Ihnen folgte die Familie Schall von Bell und 1630 Johann von Cölln aus der Kölner Ratsherren-Familie. Von Cölln gestaltete 1632 die heutige zweiflügelige Anlage. 1726 fiel das Gut durch Erbkauf wieder an das Domkapitel zurück. Mit der Säkularisation wurde 1802 der spätere Hürther Bürgermeister Heinrich Felten neuer Eigentümer. 1969 übernahm die Kommune Hürth das Anwesen. 1976 erwarb Ulrich Ahlert die Wasserburg. (mrz)

In Touristikführern ist zu lesen: „Im Inneren des Hauptgebäudes ist die Kölner Decke im Rittersaal mit den Wappen derer von Cölln und derer von Mülheim aus dem Jahre 1685 sehenswert. Die Bibliothek mit ihrem englischen Sandsteinkamin vom Beginn des 18. Jahrhunderts ist ebenfalls bedeutsam.“ Alte Bilder schmücken die Wände, die einen Einblick in das frühere Treiben geben. In den Räumen werden in unregelmäßigen Abständen Konzerte oder Liederabende – auch im Rahmen des Erftkreiszyklus – veranstaltet.

Über diese Brücke führt der Weg in den ursprünglichen Bau der Burg. Frühere Bilder zeigen ihn noch mit Fensterläden.

Der ältere Teil der Burg, der über eine Brücke direkt mit dem Park verbunden ist, diente den Ahlerts und ihren drei Kindern als Wohnung. Auch das Architekturbüro war hier untergebracht. Schon bald nach dem Einzug gab es die erste Veranstaltung. Viel beachtet und gut besucht waren später die Theater- und Konzertaufführungen unter freiem Himmel oder in der Fachwerkscheune, für die 1982 eine kleine Bühne errichtet wurde. Gegenüber der Scheune brachte Ulrich Ahlert seine Oldtimersammlung unter.

Das könnte Sie auch interessieren:

Inzwischen ist es etwas ruhiger geworden auf der Burg. Das Architekturbüro ist aus Altersgründen geschlossen, die Räume wurden umgebaut und als Wohnungen oder Büros vermietet oder verkauft.

Die Oldtimersammlung wird aufgelöst und steht wie der Armstrong-Siddeley im Vordergrund zum Verkauf.

Auch das Automuseum befindet sich in Auflösung. Vier Oldtimer, darunter ein Fleetwood-Cadillac und ein Armstrong-Siddeley aus Großbritannien, warten auf neue Besitzer. „Wir fahren heute keine Rallyes mehr“, sagt Ahlert. Jetzt nehmen beide eher das Fahrrad.