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Dauerbrummen in PulheimBürgerinitiative gegen Ultranet schöpft weiter Hoffnung

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Die Stromtrasse mit den hohen Masten verläuft sehr nah an den Häusern am östlichen Rand von Geyen.

Pulheim-Geyen – „Es ist jetzt schon wie ein lautes Rauschen im Wald“, sagt Kerstin Keller. „Wir hören es auch drinnen.“ Sie steht im Garten ihres Wohnhauses und zeigt auf den Strommast, der sich nur etwa 70 Meter entfernt von ihrem Haus befindet. Matthias Otte von der Bundesnetzagentur steht neben ihr und nickt.

Bis zu 90 Meter hoch sind die Masten rund um Geyen, fast so groß wie die Freiheitsstatue in New York, die es auf 93 Meter bringt. 2018, als der Bau der Hochspannungsleitungen begann, traute Kerstin Keller ihren Augen kaum. Von Tag zu Tag wurde der neue Strommast höher, der einen weitaus kleineren ersetzte. Später erfuhr sie, dass diese Stahlriesen Teil einer Stromtrasse sind, die über rund 350 Kilometer zwischen dem nordrhein-westfälischen Osterath und Philippsburg in Baden-Württemberg verlaufen soll und durch die sowohl Gleich- als auch Wechselstrom fließen kann. Deshalb nennen die Fachleute sie Hybridleitung, das sogenannte Ultranet.

Es brummt ohne Unterlass

Diese neue, wenig erforschte Technologie bereitet den Geyenern Sorgen. Neben dem Dauerbrummen der Leiterseile befürchten sie Auswirkungen auf ihre Gesundheit wegen verstärkt auftretender elektromagnetischer Felder und durch Schadstoffpartikel in der Luft. Daher gründeten sie 2018 die Bürgerinitiative gegen Ultranet (PBU). „Wir fordern, die Energiewende transparent und nachhaltig zu gestalten und wir sind für einen dezentralen Ausbau erneuerbarer Energien“, betont PBU-Vorsitzender Sebastian Locker. „Hier in Geyen setzen wir uns dafür ein, dass vier Strommasten versetzt werden, die den Häusern am nächsten stehen.“ Diese sogenannte Verschwenkung der Trasse würde bedeuten, dass diese Masten 100 bis 150 Meter von den Wohnhäusern weg gerückt würden. Beim Neubau solcher Masten gilt ein Abstand von 400 Metern.

Die Anwohner haben sich in einer Bürgerinitiative organisiert und fordern, dass die Trasse um 100 bis 150 Meter weg gerückt wird von dem Wohngebiet.

Vor rund einem Monat gab es erste Aussichten auf Erfolg. Die Bundesnetzagentur forderte den Netzbetreiber Amprion auf, diese Alternative bei der anstehenden Planfeststellung zu prüfen. Noch etwas machte den Aktiven der Bürgerinitiative Hoffnung: Matthias Otte von der Bundesnetzagentur in Bonn war ihrer Einladung gefolgt, um sich dem Dialog mit den Anwohnern zu stellen und sich vor Ort ein Bild zu machen. „Das werten wir als gutes Zeichen“, erklärte PBU-Vorsitzender Sebastian Locker.

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„Wir fühlen uns wie Versuchskaninchen“, rief einer der Anwohner. „Grenzwerte sind nicht verhandelbar“, erklärte Otte. Das Bundesamt für Strahlenschutz sei im Einsatz, es würden Langzeitmessungen erfolgen. Sowohl die Landtagsabgeordnete Romina Plonsker als ihr Herausforderer auch Bernd Coumanns (SPD) bekräftigten ihre Unterstützung für die Verschwenkungsvariante. Bürgermeister Frank Keppeler betonte, auch der Rat der Stadt stehe einstimmig zu dieser Lösung. Bis zur endgültigen Entscheidung kann es allerdings noch dauern. Mit einem Planfeststellungsbeschluss ist laut Matthias Otte frühestens 2024 zu rechnen.