Pulheim – Es hätte ein entspannter Abend für Romina Plonsker und und Nikolas Zarazua werden können. Sie ist die CDU-Abgeordnete aus Pulheim, er der FDP-Landtagskandidat aus Kerpen. Ihre Parteien stellen seit fünf Jahren die Landesregierung und gelten allgemeinhin als unternehmerfreundlich – was der Industrie- und Handelskammer zu Köln (IHK) und den Firmen, für die sie spricht, naturgemäß entgegenkommt.
Doch IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Uwe Vetterlein war beim Unternehmenstag Pulheim gar nicht dazu aufgelegt, eine Wahlempfehlung für die CDU/FDP-Koalition auszusprechen.
Mit klaren Worten kritisierte er die Landesregierung, weil es um nichts weniger als die Zukunft des Rheinischen Reviers und somit des Rhein-Erft-Kreises gehe. Vetterlein warf ihr vor, sie habe „noch nicht das richtige Maß Verantwortung für den Strukturwandel übernommen“ und überlasse diese Aufgabe den Kommunen. Das sei nicht zielführend sei.
Rhein-Erft-Kreis: Kritik am Festhalten zum Kohleaus
Er forderte Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) auf, nicht länger und wider besseren Wissens Kohleausstieg bis zum Jahr 2030 festzuhalten. Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart propagiere viel zu optimistisch den Bau von 1000 Windrädern in den kommenden Jahren. Dazu benötige man verbindliche Standortzusagen, was angesichts der aktuell äußerst restriktiven Vorgaben an die Standortwahl schwierig sei: „Wundern wir uns nicht, wenn es nur 50 werden“, sagte Vetterlein.
Romina Plonsker, die den Wahlkreis I (Bedburg, Bergheim, Pulheim und Elsdorf) seit fünf Jahren vertritt, und Newcomer Nikolas Zarazua waren nicht die einzigen Kandidaten für die Landtagswahl am 15. Mai, die im Pulheimer Walzwerk auf dem Podium Platz genommen hatten. Bernd Coumanns aus Bedburg kandidiert für die SPD, für die Grünen vertrat die Pulheimer Stadträtin Anja von Marenholtz den erkrankten Bewerber Ahmet Özdemir.
IHK hatte AfD-Rhein-Erft nicht eingeladen
Die fünfte im Landtag vertretene Partei, die AfD, hatte die IHK nicht eingeladen. „Dieser Entscheidung liegt eine Abwägung von organisatorischen und inhaltlichen Argumenten zugrunde“, sagte dazu Thorsten Zimmermann, Leiter der Geschäftsstelle Rhein-Erft, auf Anfrage. Der Journalist Heinz Horst moderierte.
Plonsker widersprach Vetterlein in der Frage, wer beim Strukturwandel federführend sein müsse. Sie hält es für falsch, „das von oben anzugehen“. Sie möchte nicht, dass die Landesregierung entscheidet, ob und wo etwa in Stommeln ein neues Gewerbegebiet entsteht. Das wüssten Bürgermeister und Stadträte viel besser, daher sei es die richtig, ihnen das Vorschlagsrecht für Projekte einzuräumen.
Plonsker: Flächen im Rhein-Erft-Kreis schneller für Gewerbe ausweisen
Die CDU-Politikerin mahnte darüber hinaus an, bestehende Flächen schneller und unbürokratischer für Industrie und Gewerbe auszuweisen. So sei der Zug des vom Regionalrat verhinderten Projekts „Barbarahof“ auf dem Knappsacker Hügel noch nicht abgefahren. Ihr graue es allerdings schon davor, wenn sie höre, dass am stillgelegten Kraftwerksstandort Frimmersdorf am Rande des Kreises „schon der Denkmalschutz dran ist“. So werde der Strukturwandel nicht gelingen.
Mit Blick auf den künftigen Energiebedarf im Revier sprach sich Coumanns dafür aus, beim Bau von Photovoltaik- und Windkraftanlagen stärker mit Ländern in Südeuropa zu kooperieren. Die Grüne Anja von Marenholtz forderte, trotz Corona und Ukraine-Krieg die Umweltziele nicht aus den Augen zu verlieren, „sonst kommen wir aus dem Krisenmodus so schnell nicht mehr heraus“. Der Liberale Nikolas Zarazua sprach sich für eine Lockerung der Abstandsregel für Windrädern aus – überhaupt müsse vieles entbürokratisiert werden, um die „vorhandenen Impulse zu entfesseln“.