Projekt im EdelsteingartenPulheimer Kunstaktion sorgt für viel Wirbel im Wohnquartier
Pulheim – Alejandra Baltazares wirbelte um Sven Fabian am Bernsteinweg herum, vertrieb in spanischer Sprache die bösen Geister und zündete zur imaginären Reinigung eine rosa Leuchtrakete. Eine starke Performance, rund 100 Zuschauerinnen und Zuschauer waren beeindruckt. Sven Fabian eher weniger. „Hören Sie mal, ich bin Ingenieur“, sagts er und schmunzelte. „Aber ich bin auch für jeden Spaß zu haben.“
An der Diamantallee redete sich derweil Constantin Leonhard in Rage über „wundersame Dinge, von denen man gehört hat.“ „Wenn eine Schildkröte eine giftige Schlange isst, muss sie hinterher Majoran essen, sonst stirbt sie. Hat man gehört“, sagte er und wand sich vor den schicken Doppelhaushälften.
Performance im Edelsteingarten
Was soll das? Eine Frage, die man hier öfter hörte. Die Antwort gab der Düsseldorfer Künstler Oliver Gather. Im Rahmen der Reihe „Stadtbild.Intervention.Projekte für Pulheim“ hatte die Kulturabteilung der Stadtverwaltung unter Leitung von Angelika Schallenberg den renommierten Künstler und sein Team eingeladen, einen „künstlerischen Eingriff im Stadtraum“ vorzunehmen. Gather hatte nach etlichen Besuchen in Pulheim den Edelsteingarten für sein Kunstprojekt ausgewählt
Denn könnten die Steine im Edelsteingarten sprechen, sie hätten nicht viel zu erzählen. Ein pragmatisches Eigenheimviertel, vor gut 20 Jahren erbaut in vier Bautypen eines einzigen Bauträgers. „Wo sind die Edelsteine? Ich sehe sie gar nicht“, fragte sich Gather. Seit mehr als einem Jahr will er nun den Edelsteingarten zum Leuchten bringen. Aber wie?
Künstler traten im Casting an
Eine Stellenanzeige aus dem 18. Jahrhundert brachte ihn auf den Plan. Dort suchte damals ein englischer Adliger für seine künstlich angelegte Parkanlage einen „Schmuckeremiten“, der den Park gegen Honorar bewohnte und durch seine Anwesenheit und Begegnung mit den Besuchern schmückte. Das wäre auch etwas für den Edelsteingarten, dachte sich Gather, und schaltete Annoncen in Kunstzeitschriften. Weitere Information gibt es im Internet.
Aus zahlreichen Bewerberinnen und Bewerbern wählte er sieben aus, die am Samstag im Casting gegeneinander antraten. Neben der Mexikanerin Alejandra Baltazares und Constantin Leonhard stellte Stefanie Klingemann ihr Projekt „Schmucke Schnuckis“ vor. „Ich habe festgestellt, dass es hier im Edelsteingarten sehr ruhig ist“, sagte sie. „Wenn jemand rausgeht, hat er meist einen Hund dabei. Der beste Freund des Menschen bringt Bewegung in diesen Ort.“
Buntstiftzeichnungen von Häuserfassaden
Der Autodidakt Michael Cichon fertigte Buntstiftzeichnungen von Häuserfassaden an. Kein Wunder, dass sich die Zeichnungen hier im Wohnquartier ziemlich ähneln. Der Künstler Thomas Bernstein legte in einem Garten am Bernsteinweg eine fulminante Performance hin, indem er, mit Handtüchern bekleidet, diese immer wieder in einen Kinderpool warf.
Das Spektakel wurde von den meisten Bewohnern des Edelsteingartens ignoriert, kaum jemand öffnete das Fenster oder schaute vom Balkon herunter. Doch die Nachbarn Philipp und Johanna Reutershan blickten schmunzelnd hinter ihrer Hecke hervor und machten Fotos. „Tolle Aktion“, sagt Philipp Reutershan. „Mal was anderes.“
Mit dem Laufband auf die Straße
Für große Verblüffung sorgten Tanja Kodlin und Ramòn Graefenstein mit dem Projekt „Safari“. Sie fuhren mit einem riesigen Wohnmobil vor, hängten eine Hängematte in die Bäume über die Topasstraße. Während Graefenstein darin schaukelte, lief Tanja Kodlin immer wieder auf einem Laufband mitten auf der Straße. Sie versprachen, als Schmuckeremiten Träume und Alpträume mit den Bewohnern des Edelsteingartens zu teilen und die Gegenwart in Schwingung zu versetzen.
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Das überzeugte auch die Jury, in der neben Kunsthistorikern und Bewohnern des Edelsteingartens auch die erste stellvertretende Bürgermeisterin Elisabeth Rehmann mitentschied. Das Duo gewann das Casting. „Wir sind begeistert“, verrieten Sabine und Andreas Janßen aus dem Opalweg. „Das könnte Möglichkeiten der Begegnung mit anderen Bewohnern schaffen. Vielleicht gibt es ja bald Veranstaltungen und ein fröhliches Miteinander für uns alle im Edelsteingarten.“