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Aufwendiges ProjektPulheimer Orgelbauer renoviert Instrument aus dem 19. Jahrhundert in Sinnersdorf

Lesezeit 3 Minuten
Der Orgelbauer kniet auf einem Gerüst in mehreren Metern Höhe.

Orgelbauer Björn-Daniel Reich baut die Register in der Hauptorgel ein.

Das Team um Björn-Daniel Reich hat versucht, das Instrument an den ursprünglichen Zustand, ein romantisches Klangbild, anzunähern.

Ein Auftrag wie dieser ist für den Geyener Björn-Daniel Reich wahrlich nicht alltäglich. „Als Orgelbauer direkt vor der Haustür zu arbeiten, ist fantastisch. Das ist in unserem Beruf super selten“, freut sich der 48-Jährige. Seit rund fünf Wochen arbeiten der Familienvater und sein Team in der Pfarrkirche St. Hubertus im Ortszentrum von Sinnersdorf.

Sie renovieren die Orgel aus den 1880er-Jahren und erweitern sie. „Es ist ein interessantes, aber auch aufwendiges Projekt.“ Technisch, wie auch klanglich. „Wir haben alle Verschleißteile ausgetauscht, darunter die Lederdichtungen an den Windanlagen, und die Elektrik komplett überarbeitet und auf den neuesten Stand der Technik gebracht.“

Wir haben versucht, das Instrument an den ursprünglichen Zustand, sprich an ein romantisches Klangbild anzunähern.
Björn-Daniel Reich, Orgelbauer

Auch am Klangbild hat das Team einiges verändert. Ursprünglich habe die Orgel der Aachener Firma Stahlhuth vor dem Turmraum, über dem Eingang gehangen, weiß Björn-Daniel Reich. Nach dem Umbau in den 1970er-Jahren, mit dem die niederländische Firma Verschueren beauftragt war, habe man sie ins Seitenschiff versetzt.

„Damals wurde sie klanglich aufgehellt. Das Klangbild veränderte sich, vom Romantischen zum Neo-Barocken.“ Das sei bis zum Zweiten Weltkrieg der Zeitgeist gewesen. „Wir haben versucht, das Instrument an den ursprünglichen Zustand, sprich an ein romantisches Klangbild anzunähern.“ Dies zu tun sei sinnvoll gewesen.

Das Foto zeigt eine Nebenorgel mit fünf Registern.

Das Fernwerk im Turmraum wurde als neues Element eingebaut.

„Mindestens zehn Register, das sind rund 500 der insgesamt rund 1300 Pfeifen, sind Originale aus den 1880er-Jahren. Daher hat es sich gelohnt, sich dem Originalklang anzunähern.“ Außerdem hätten sie die Orgel um ein weiteres, ein 19. Register, erweitert. Darüber hinaus hat das Team eine „optische und zugleich klangliche Erweiterung vorgenommen“.

Im Turmraum hat es ein neues Element eingebaut, quasi als Fernwerk, erläutert Björn-Daniel Reich. „Wir haben im Sommer 2022 schon einmal ein Fernwerk eingebaut, in St. Kosmas und Damian in Pulheim.“ Durch einen Manualwechsel am Spieltisch lasse sich ein besonderer akustischer Effekt erzielen, weiß der Fachmann.

Echoeffekt in der Pulheimer Kirche

„Der Klang verteilt sich dank der Unterstützung des musikalisch eher barock ausgelegten Fernwerks im ganzen Kirchenraum.“ Außerdem erlaubten die fünf Register des Fernwerks dem Kantor solistisch zu spielen, er könne darauf die Melodie-, aber auch die Begleitstimme spielen.

„So lässt sich wunderbar ein Echoeffekt erzielen, der nicht nur durch die unterschiedliche Lautstärke, sondern durch die unterschiedliche räumliche Herkunft besonders reizvoll ist. Der Ton klingt lauter an der Hauptorgel und leiser als Echo im Turm.“ In den nächsten Tagen wird das Team ein weiteres, „besonderes Spielregister einbauen, einen Zimbelstern“.

Feilen am ausgewogenen Gesamtklang

Vom Kirchenraum aus werde nur ein goldener Stern zu sehen sein. „Er dreht sich, sobald der Zimbelstern eingeschaltet ist. Dann erklingen fünf unterschiedlich hochgestimmte Schalenglocken.“ Komplett umgebaut hat das Team um Björn-Daniel Reich den Spieltisch, der im rechten Seitenschiff steht.

„Unter anderem haben wir die Technik erneuert, neue Klaviaturen und Registerschalter inklusive einer modernen Setzeranlage eingebaut. Sie erlaubt es, Registrierungen einzuspeichern, die dann im Gottesdienst oder in einem Konzert abgerufen werden können.“ In technischer Hinsicht sind alle Aufgaben erledigt. „Aktuell werden die Register in der Hauptorgel und im Fernwerk eingebaut und intoniert, sprich, sie werden klanglich bearbeitet, sodass jede Pfeife so klingt wie sie klingen soll."

Für einen ausgewogenen Gesamtklang müsse jedes Register zu den anderen Registern passen. Dafür sitze ein erfahrener Orgelbauer – in dem Fall sein Kollege Wilfried Menne – am Spieltisch. Dieser höre die Klänge ab, während er selbst die Pfeife auf Ansage bearbeite. „Das dauert. Wir gehen davon aus, dass wir in zwei Wochen fertig sind.“

Am Sonntag, 3. September, ab 10 Uhr, erleben die Besucher des Gottesdienstes erstmals, wie die renovierte Orgel klingt. Es spielt der Brauweiler Kantor Michael Utz. Am Sonntag, 24. September, 17 Uhr, ist ein Konzert mit Wolfgang Seifen geplant. Der Organist und Komponist ist bekannt für seine Orgelimprovisationen.