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Serie „Unser Wasser“Renaturierung in Pulheim und Bergheim ist ein Forschungsprojekt

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Ein Mann zieht mit einem Haken ein längliches, mit kleinen Steinen gefülltes Gebilde, an die richtige Position in einem Bachbett.

Verbandsmeister Ralf Porschen zieht eine Steinwalze an die gewünschte Position im Bachbett.

Der Hochwasserschutz ist eine zentrale Aufgabe des Bachverbands. Er sorgt dafür, dass nichts den Abfluss des Wassers behindert.

Zentimeter für Zentimeter nähert sich die Baggerschaufel dem Bachbett. Kurz bevor die an einem Balken hängende Fracht – eine Steinwalze – die Wasseroberfläche des Pulheimer Bachs im Abschnitt Elchweg berührt, zieht Ralf Porschen, Verbandsmeister im Dienst des Unterhaltungsverbands Pulheimer Bach, das längliche Gebilde, das durch ein stabiles Netz aus schwarzem Spezialkunststoff zusammengehalten wird, an die gewünschte Position.

Der Vorgang wiederholt sich so oft, bis zwei Reihen der rund 200 Kilogramm schweren Steinwalzen im Bachbett liegen. Warum die Mitarbeiter des Bachverbands die Steinwalzen auslegen, erläutert Verbandsvorsteher Horst Engel. „Wir machen das Gewässer für extreme Trockenwetterphasen mit hohen Temperaturen und wenig Regen fit.“

Wasser soll durchgängig in die Große Laache fließen

Das Bachbett werde durch die Steinwalzen schmaler, dazwischen fließe das Wasser schneller und transportiere Sediment, Schlamm, Sand, Laub und Äste besser ab. „Wir garantieren, dass so das Wasser durchgängig bis in die Große Laache fließt.“ Der Bach im Abschnitt Elchweg habe sich im Laufe der Jahre ständig verbreitert.

Das sei zulasten der Fließgeschwindigkeit und der Schleppkraft gegangen, also der Wasserkraft, die Sediment und Schlamm transportiere. Sinke die Fließkraft, lagere sich alles auf dem Bachgrund ab. „Wir haben herausgefunden, dass die Schleppkraft am höchsten ist, wenn das Bachbett zwischen 80 Zentimetern und einem Meter breit ist“, weiß der Verbandsvorsteher aus jahrzehntelanger Erfahrung.

Drei Kitakinder hocken im Wasser, sie testen, ob ihre Wassermühlen funktionieren.

Grünes Klassenzimmer: Kitakinder testen ihre Wassermühlen am Bachabschnitt gegenüber der Kläranlage in Glessen.

Die Zwischenräume zwischen Ufer und Steinwalzen würden verfüllt. Durch die höhere Fließgeschwindigkeit werde der Bachgrund „geputzt“. „Schlamm kann sich nicht festsetzen, zugleich werden die unzähligen kleinen Wassertierchen, die uns die Wassergüte anzeigen, erhalten. Sie krallen sich zwischen den Steinen fest.“

In den vergangenen Jahren haben die fünf hauptamtlichen Mitarbeiter des Bachverbands das Bachbett an mehreren Stellen mit Steinwalzen verschmälert. „Wenn wir hier durch sind, sind es zwischen der Großen Laache und dem Elchweg drei Kilometer.“ In den Bachabschnitten in Geyen, Sinthern und Glessen sei dies nicht notwendig, weil die Wassermenge, die die Quellen und die Kläranlage lieferten, reiche. „Auch bei größter Trockenheit“, wie Engel sagt.

Für 100 Kilometer Gewässer in Pulheim und Bergheim verantwortlich

Die Arbeiten am Elchweg sind ein kleiner Teil der Aufgaben, die der Bachverband, wie er im Volksmund heißt, erfüllt. Dafür stehen dem Verband pro Jahr 500 000 Euro zur Verfügung. „Wir unterhalten für die Städte Bergheim und Pulheim auch alle sonstigen Gewässer“, erläutert Horst Engel. Auf Bergheimer Gebiet seien es 75 Kilometer wechselfeuchte Gewässer, die nur bei Regen Wasser führten.

Auf Pulheimer Gebiet zählten neben dem Pulheimer Bach knapp 25 Kilometer Nebengewässer dazu, wie etwa der Manstedtener Graben. „Wir stellen sicher, dass bei starkem Regen das Wasser in den Ronnen, Gräben und Fließen schadlos abgeleitet wird. Und wir schauen, dass es keine Störstellen gibt und nichts den Abfluss des Wassers verhindert wie etwa Autoreifen, Plastiktüten, Kartonagen, Styropor.“

Der Bach schlängelt sich wieder, er hat mehr Raum.

Ein renaturierter Bachabschnitt in Pulheim-Geyen. Der Bach schlängelt sich wieder, er hat mehr Raum.

Das Team gehe binnen 48 Stunden den Störungen nach, die Bürgerinnen und Bürger meldeten. „Wir kennen die neuralgischen Punkte, die halten wir frei.“ Eine weitere Routineaufgabe in der Rubrik „Gewässerunterhaltung“ sind die Hochwasserrückhaltebecken (HRB) „Bendacker“ am Elchweg und an der Dammstraße in Sinthern.

„Wir schauen regelmäßig, mindestens einmal pro Woche, ob die Technik im Hochwasserschutzdamm einwandfrei funktioniert“, berichtet Engel. Zurzeit sei das Team damit beschäftigt, die Böschungen an den wechselfeuchten Ronnen und Gräben zu mähen. „Das ist in den Sommermonaten unsere Hauptaufgabe. Sonst ist der Hochwasserschutz nicht gewährleistet.“

Renaturierung des Pulheimer Bachs ist eine Erfolgsgeschichte

Das bedeute wochenlange Arbeit für das Team. Aus Sicherheitsgründen seien immer mindestens zwei Leute gemeinsam im Einsatz. Inzwischen arbeiten die Männer mit einem Mähgerät mit integriertem Förderband. „Es schleudert das Mähgut auf die Böschung, die Männer befördern es dann von Hand auf den Lkw.“ Das erleichtere die Arbeit.

Neben diesem Pflichtprogramm gibt es auch die „Kür“: 2008 hat der Bachverband erstmals einen Abschnitt des Pulheimer Bachs renaturiert. „Wir haben zwischen der Junkerburg und der Bundesstraße 59 Mäanderbögen angelegt und den Überflutungsraum erweitert.“ 7000 Kubikmeter wertvoller Lösslehm wurden während der Renaturierung abgetragen. Die Landwirte seien dankbare Abnehmer gewesen, so der Verbandschef.

Fachkreise sehen sie als mustergültig an
Horst Engel, Verbandsvorsteher

„Acht Kilometer Baulauf wurden bereits renaturiert.“ Für den Bachverband ist die Renaturierung eine Erfolgsgeschichte. „Fachkreise sehen sie als mustergültig an“, berichtet Horst Engel nicht ohne Stolz. Das Projekt habe sich rumgesprochen. „Wasser- und Bodenverbände waren hier, um sich ein Bild zu machen, wie Renaturierung auf engstem Raum funktioniert.“

Der Pulheimer Bach sei so zum Forschungsprojekt geworden. „Studierende des Geografischen Instituts der Uni Köln haben Bachelor- und Masterarbeiten geschrieben.“ Schulen aus Bergheim und Pulheim hätten den Bach als außerschulischen Lernort beziehungsweise grünes Klassenzimmer entdeckt.

„Für uns ist dieses Know-how der Studierenden Gold wert. Wir haben als kleiner Verband keine Gewässerökologen oder -biologen. Durch die Forschungsprojekte sind wir immer auf dem neuesten Stand“, sagt Horst Engel.