In Kerpen und Pulheim sind Bewerbungen für eine Landesgartenschau 2029 Thema. Es gibt Zuspruch, aber auch erhebliche Zweifel.
Rhein-Erft-KreisKommt die Landesgartenschau 2029 nach Kerpen oder Pulheim?
Nach 100 Tagen fast das Besucherziel erreicht — die Stadt Höxter rühmt sich ihrer Landesgartenschau. Bürgermeister Daniel Hartmann spricht von einer Erfolgsgeschichte: „Höxters Innenstadt ist belebt wie nie.“ Kein Wunder, dass es auch im Rhein-Erft-Kreis Menschen gibt, die eine Landesgartenschau in ihre Städte holen wollen. In Pulheim und Kerpen sammeln sich Befürworter.
Die Kerpener SPD kann mit einem Konzept für die Landesgartenschau 2029 punkten. Rolf Kunze, SPD-Mitglied und ehemaliger Ortsvorsteher von Balkhausen, Brüggen und Türnich, präsentiert in dem 53-seitigen Dokument eine klare Vorstellung. Die Gartenschau soll an der Erft entlangführen, vorbei an Horrem, Balkhausen, Brüggen und Türnich bis hin zur Gymnicher Mühle.
Im Fokus: das Element Wasser und die Renaturierung der Erftaue, die der Erftverband im Süden der Stadt plant. Auch für den SPD-Fraktionsvorsitzenden Andreas Lipp sind die Orte an der Erft prädestiniert für eine Landesgartenschau. „Der Vorteil ist, dass in diesem Bereich keine besonderen Neubauten erforderlich sind. Es reicht aus, bestehende Strukturen mit Fördergeld aufzuarbeiten oder zu sanieren.“
Kerpener Landesgartenschau entlang der Erft
Kerpen kann entlang der Erft mit einigen Sehenswürdigkeiten aufwarten — etwa mit Haus Mödrath oder dem Schloss Türnich. In Erftnähe gibt es mit dem Horremer Stadtwald, Kerpener Bruch und Parrig gleich drei Wälder. Auch das Marienfeld mit Papsthügel und Boisdorfer See liegt nicht weit entfernt.
Kerpen habe als Tagebauanrainer große Aufgaben im Strukturwandel zu stemmen. Die Landesgartenschau helfe, Arbeitsplätze zu generieren, Investitionen zu fördern und eine Erft-Auenlandschaft zu schaffen, sagt Lipp. Mit den Fördermitteln werde zudem der städtische Haushalt entlastet. Die Stadt müsse so nicht allein die Kosten für „dringend notwendige“ Restaurationen und Sanierungen in den Orten tragen.
Günstig wäre eine Landesgartenschau für Kerpen allerdings nicht zu haben: Kunze rechnet damit, dass die Stadt allein für eine Machbarkeitsstudie 60.000 Euro ausgeben müsste. Weitere 100.000 Euro würden für das Bewerbungsverfahren fällig.
Landesgartenschau in Rhein-Erft: Kritik von der Kerpener CDU
Und es gibt Kritik: „Ich halte es für ein Märchen, wenn vorgegaukelt wird, die Stadt würde finanziell profitieren“, sagt Klaus Ripp, Fraktionschef der Kerpener CDU. Die Erfahrung zeige, dass „nicht unerhebliche“ Kosten für eine Laga anfielen. Und Ripp hat viele Fragen: „Wo werden Parkplätze angelegt? Welche nachhaltige Nutzung gibt es nach einer Landesgartenschau? Welche Flächen fallen der Landwirtschaft weg?“
Laut Ripp ist die Verwaltung derzeit weder personell noch finanziell in der Lage, die Machbarkeitsstudie auf die Beine zu stellen. Wenn es aber Unternehmen gebe, die die Landesgartenschau unterstützen würden und für lukrativ hielten, könnten sie ein umsetzungsfähiges Konzept erstellen. „Aber ohne Kostenbeteiligung der Stadt und ohne erheblichen Personalaufwand“, betont Ripp.
In Pulheim war eine Landesgartenschau bereits 2017 ein Thema. Es war jedoch schnell wieder vom Tisch. Denn eine Vorstudie der Firma RMP Stephan Lenzen Landschaftsarchitekten kam zu dem Ergebnis: „Eine Bewerbung zum jetzigen Zeitpunkt ist nicht zu empfehlen — wir glauben nicht an einen Erfolg.“
Zülpich hat von der Laga profitiert
Positive Erfahrungen mit einer Landesgartenschau hat die Stadt Zülpich im Kreis Euskirchen gemacht. Noch heute gilt das Vermächtnis der Landesgartenschau, der Seepark Zülpich, als Markenzeichen der kleinen Stadt. „Die Landesgartenschau hat Zülpich gut 20 Jahre nach vorne gebracht“, betont Stadtsprecher Torsten Beulen. „Es gab viele Investitionen in den Städtebau. Wir konnten Durchfahrtsstraßen erneuern, Kreisverkehre bauen.“
540 000 Menschen machten sich 2014 auf den Weg nach Zülpich. Noch fast zehn Jahre danach finanziert die Stadt den Seepark mit Rücklagen aus den damaligen Einnahmen. 23,6 Millionen Euro haben Stadt und Land in die Gartenschau investiert. Zülpichs Eigenanteil: rund fünf Millionen Euro.
Für Pulheim wurde ein Wasserkonzept angestoßen
In Pulheim hat Horst Engel, Vorsteher des Bachverbands, ein Wasserkonzept und eine damit verbundene Bewerbung angestoßen. Hintergrund ist, dass die Europäische Kommission bis Ende 2035 die vierte Reinigungsstufe in Kläranlagen verpflichtend einführen will. Dies erlaube es, das Wasser in der Region zu halten. So wie es in Pulheim bisher nur bei der Kläranlage Glessen der Fall sei. Dort werde das Wasser zusätzlich durch Aktivkohle gefiltert und könne deshalb ins Ommelstal geleitet werden.
Das Abwasser von Kläranlagen ohne diese vierte Klärstufe darf nicht in der Region gehalten werden und wird über den Kölner Randkanal in den Rhein geleitet. Denn es können noch Pestizide und Mikroplastik enthalten sein. Daher hofft Horst Engel auf die Einführung der vierten Klärstufe: „Wenn es so kommt, dann können wir am Beispiel der Kläranlage Glessen das Wasser in der Region halten. Trinkwasser ist unser Lebensmittel Nummer eins und ein geschätztes Gut.“
Zuspruch von der Pulheimer SPD
CDU-Fraktionschef Werner Theisen hingegen glaubt nicht an eine Gartenschau in Pulheim. Zwei wichtige Elemente hätten bislang zur Genehmigung einer Laga geführt: Das Gestaltungselement Wasser und ein städtebaulicher Umstand, der durch die Laga habe behoben werden können und zu einer positiven Entwicklung für die Kommune geführt habe.
Als Beispiele nennt Theisen Deponien oder ehemalige Kasernengelände. „Beide Elemente waren und sind in Pulheim nicht vorhanden.“ Auch ein etwa 50 Hektar großes Grundstück für Gastronomie, Veranstaltungsräume oder Mustergärten sei nicht im Besitz der Stadt. Theisen verweist jedoch wie Horst Engel auf die Dringlichkeit der Einführung einer weiteren Reinigungsstufe in der Kläranlage. Die Angelegenheit befinde sich in der Klärung mit der Bezirksregierung.
Zuspruch gibt es in Pulheim von der SPD-Fraktion. „Wir sind sehr dafür“, sagt Fraktionschefin Sylvia Fröhling. Sie wisse jedoch nicht, ob eine Landesgartenschau mit der Verwaltungsspitze umzusetzen sei. Fröhling weist auf die Effekte einer Laga für die „städtebauliche Entwicklung und die Klimaresilienz“ sowie für die Große Laache hin: „Es wäre toll, die Laache langfristig am Leben halten zu können.“ Die Stadtverwaltung hat bisher noch kein Statement abgegeben. Sobald ihr ein entsprechender Antrag vorliege, werde man sich mit dem Thema beschäftigen, heißt es aus dem Rathaus.
Die Ausschreibungen für die Landesgartenschau 2029 laufen zurzeit. Landesgartenschauen finden in der Regel alle drei Jahre statt. Nach Angaben des Ministeriums für Landwirtschaft und Verbraucherschutz können sich Kommunen bis zum 1. März 2024 bewerben. Unter anderem müssen sie eine Definition der Ziele, der örtlichen Gegebenheiten, den Beschluss des Stadt- oder Gemeinderates sowie Eckpunkte für ein Marketingkonzept einreichen. Auch Finanzierungs- und Zeitpläne sowie Konzepte zur Einbindung der Bürgerinnen und Bürger müssen vorgelegt werden. Zudem Pläne für die Folgenutzung für mindestens fünf Jahre. Die Entscheidung fällt die Landesregierung auf Empfehlung einer unabhängigen Bewertungskommission.