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FC Köln empfängt den MeisterWarum ein Pulheimer den Bayern die Daumen drückt

Lesezeit 5 Minuten
Auf dem Foto ist der Pulheimer Cünyet Karaca im Kölner Fußballstadion zu sehen. Er trägt ein Bayern-Trikot.

Ein Bayern-Fan in Müngersdorf: Cünyet Karaca

Cünyet Karaca trainiert den Pulheimer SC in der Kreisliga A. Er fiebert dem Spiel des FC Köln gegen Bayern entgegen. Der Pulheimer wird aber im Bayern-Block stehen.

Am 12. Spieltag der Fußball-Bundesliga muss für den 1. FC Köln alles passen, wenn er sich am Freitag (24. November) einigermaßen achtbar gegen den noch ungeschlagenen Tabellenzweiten FC Bayern München, (Spielbeginn: 20.30 Uhr) schlagen will. Im „Einwurf “blickt Matthias Breuer mit Fußball-Trainer Cünyet Karaca (Pulheimer SC aus der Kreisliga A) auf den kommenden Spieltag – dabei darf ein Schlenker zur deutschen Nationalmannschaft natürlich nicht fehlen.

Nach der zweiten Länderspielpause schauen einige Fans und Medien wieder mit einer große Ernüchterung auf Trainer Julian Nagelsmann und sein Team. Wie sieht es bei Ihnen aus?

Karaca: Ich sehe keinen frischen Wind unter Nagelsmann. Er hat zwar gute Arbeit bei seinen bisherigen Stationen geleistet, aber aus meiner Sicht muss sich ein Trainer der Nationalmannschaft das Amt über größere Verdienste erarbeiten. Das hat er mit seinen 36 Jahren noch nicht. Er hat viele Ideen, aber diese Ideen brauchen viele Trainingseinheiten. Die Zeit hat er beim DFB nicht. Unter Rudi Völler hat mir die Nationalelf gegen Frankreich besser gefallen. Man hat die deutschen Tugenden aufgezeigt: Sie standen kompakt und haben über die Defensive die schnellen Spieler gesucht. Zudem braucht das Team einen knallharten Hund als Trainer, der ihnen klarmacht, dass sie für den Adler auf der Brust spielen und Deutschland präsentieren. Wie man Fußball spielt, wissen die Jungs aus ihren Vereinen. Ich möchte aber auch Leidenschaft sehen.

Freuen Sie sich trotzdem ein bisschen auf Deutschland bei der kommenden Heim-EM?

Deutschland drücke ich dennoch die Daumen und freue mich total auf die EM. Ich hoffe, dass wieder so ein Feeling wie bei der Heim-WM 2006 entsteht. Das will ich diesmal auch in allen Städten und ihren Stadien erleben, selbst wenn ich keine Karten bekomme.

In der Bundesliga ist mit Marie-Louise Eta erstmals eine Frau in der Funktion als Co-Trainerin für Union Berlin tätig. Das Interesse an ihr ist groß, doch nicht jeder ist mit der Personalie einverstanden. Unter anderem Spielerberater Maik Barthel schrieb in einem mittlerweile gelöschten Beitrag auf der Plattform „X“, der deutsche Fußball gebe sich der Lächerlichkeit preis. Wie denken Sie über Frauen, die bei den Männern an der Seitenlinie stehen?

Karaca: Zunächst einmal möchte ich sagen, dass ich einen großen Respekt für den Frauen-Fußball habe. Ich schaue mir ihre Spiele in der Bundesliga regelmäßig auch im Stadion an. Für mich wird hier dennoch etwas vermischt, was man trennen müsste. Vielleicht findet das jetzt jemand diskriminierend: Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass Eta die Inhalte überzeugend vermitteln kann, wenn sie nie gegen Männer auf dem Niveau gespielt hat. Das taktische Wissen haben sie, aber nicht den Umgang und die Ansprache, die ein Fußballer braucht. Ich bin der Meinung, dass das nicht funktionieren kann.

Der 1. FC Köln empfängt nun die noch ungeschlagenen Bayern aus München. Rekord-Transfer Harry Kane rechtfertigt seine hohe Ablöse mit Toren wie am Fließband. Hatten Sie bei seiner Verpflichtung damit gerechnet, dass Kane bei den Bayern für solch eine Furore sorgen wird?

Karaca: Dass Kane Tore schießen kann, war klar. Aber ich hätte ehrlicherweise nicht gedacht, dass er im deutschen Fußball mit seiner Spielweise so einschlagen wird. Er überrascht mich total, weil er auch die anderen Spieler um Sane in Szene setzt. Seine Leistungen sind bisher außergewöhnlich.

Die Kölner hingegen sind noch auf der Suche nach einem Torgaranten. Unter der Woche kam das Gerücht auf, dass die FC-Verantwortlichen eine Leihe von BVB-Stürmer Yoosouffa Moukoko angefragt hätten. Gleichzeitig empfiehlt sich der degradierte Justin Diehl als bester Torschütze der Regionalliga West in der zweiten Mannschaft für eine zweite Chance. Sehen Sie in einem der Genannten eine Lösung für den FC?

Karaca: Ich würde auf jeden Fall nicht mehr auf Davie Selke setzen. Er kam als Auswechselspieler zum FC, warum sollte er die Geißböcke besser machen? Ich würde lieber auf Moukoko und Diehl setzen. Für Moukoko fehlt wahrscheinlich das Geld, aber er würde im Gegensatz zu Selke auch spielerisch den FC voranbringen. Und solange Diehl noch einen Vertrag hat, sollte der Verein in seiner jetzigen Ausgangslage alle Kräfte bündeln.

Lange stand die komplette Kölner Fan-Szene geschlossen hinter Trainer Steffen Baumgart. Doch langsam macht sich die Meinung breit, dass Baumgart nicht von seinem System abweichen kann und dem Nachwuchs zu wenig Vertrauen schenkt. Ist Baumgart für Sie mittlerweile ein Grund für die negativen Ergebnisse?

Karaca: Diese Fans sollten sich nur einmal zurückerinnern, was für ein langweiliger Fußball vor Baumgart in Köln gespielt wurde. Zudem haben die Kölner aus meiner Sicht einen Kader, mit dem sie auch in der 2. Liga Probleme hätten. Es gibt Spieler, die einen Trainer besser dastehen lassen. Doch Baumgart holt seit dem ersten Tag seiner Amtszeit das Maximum aus jedem Spieler des Kaders heraus. Ohne ihn würden sie schlechter dastehen. Und der Nachwuchs spielte in den letzten Jahren nur gegen den Abstieg in der Regionalliga. Da sollten die Fans nicht so tun, als würden die großen Talente auf ihre Einsätze warten. Und die meisten Nachwuchskräfte wie Jan Thielmann baut er doch mit ein. Er wäre aktuell der Letzte, der große Talente nicht einbeziehen würde.

Am letzten Spieltag der Saison 2022/23 konnten die Geißböcke über weite Strecken dem Tempo der Bayern folgen und machten den BVB zwischenzeitlich zum Meister. Werden wir wieder ein Duell auf Augenhöhe sehen?

Karaca: Die Konstellation ist jetzt eine ganz andere. Der 1. FC Köln spielt gerade um jeden Punkt und die Bayern reisen mit vielen enttäuschten Nationalspielern an. Spielerisch wird Köln ohne einen Ellyes Skhiri nicht mithalten können, kämpferisch wird man den Bayern aber alles abverlangen. Obwohl ich Bayern-Fan von Kindestagen an bin, schlägt mein Herz auch für Köln. Ich wäre nicht traurig und würde es mir sogar wünschen, dass die Kölner gewinnen und in der Bundesliga bleiben. Mein Tipp ist dennoch ein 3:1-Sieg für die Bayern.