Freiheit in sicherem RaumHohe Nachfrage nach Campern im Rhein-Erft-Kreis
- Die Camping Branche erlebt während der Corona-Pandemie einen Boom.
- Auch im Rhein-Erft-Kreis gibt es beinahe doppelt so viele Ausleihen an Wohnwagen und Wohnmobilen.
- Warum Campen in der Corona-Zeit auch ein Stück Freiheit und Selbstbestimmung bedeutet.
Rhein-Erft-Kreis – „Do laachs do dich kapott, dat nennt mer Cämping...“ – auch nach mehr als 50 Jahren erfreut sich der Ohrwurm von Karl Berbuer großer Beliebtheit. Doch die Hymne auf den Campingurlaub hat mit dem Campen im 21. Jahrhundert nichts mehr gemein. „Die modernen Wohnmobile sind unterkellert, haben Badezimmer, Klimaanlage, Fußbodenheizung und Satellitenempfang, mitunter sogar eine Photovoltaikanlage zur autarken Stromversorgung“, berichtet Bernd Baltrusch, Inhaber von Rentmobil in Wesseling-Eichholz.
Vom fahrenden Luxus wüssten allerdings viele der Campingneulinge erst einmal nichts. Erstaunten Blicken folgten in der Regel ausführliche Gespräche und schließlich konkrete Beratungen. „Wir haben gut doppelt so viele Ausleihen wie sonst um diese Jahreszeit“, sagt Baltrusch. Auch der Verkauf der Wohnwagen und Wohnmobile sei angestiegen. Aber noch seien genügend Wohnwagen und Wohnmobile da. Das Angebot reiche von kleinen leichten Wohnwagen für den Urlaub zu zweit, über größere Wohnmobile bis hin zu rund neun Meter langen Luxus-Caravans, die auf manche Kunden sogar geräumiger wirkten als ihre Zweizimmerwohnung.
Der Handel ist das Hauptgeschäft
Sehr viel zu tun hat auch das Team der Reisemobile Berens GmbH in Pulheim Brauweiler. Alle Wohnmobile seien zurzeit ausgeliehen. „Unser Hauptgeschäft ist aber der Handel“, sagt ein Mitarbeiter. Die Nachfrage sei auch wegen der gesenkten Mehrwertsteuer sehr hoch und die Wartezeit betrage inzwischen schon ein Jahr und länger. Die Hersteller kämen mit der Produktion nicht nach, weil durch die Corona-Krise schon mal die Lieferungen der benötigten Teile ins Stocken gerieten.
„Der Campingurlaub boomt“, bestätigt auch Christopher Köster, Sprecher des ADAC-Nordrhein. Denn wer mit dem Camper unterwegs sei, könne Abstand halten. „Als Camper bringt man sein eigenes Gästezimmer mit“, sagt Köster.
Campen als Freiheit und Selbstbestimmung
So sieht es Camperin Bianca Over aus Walberberg. Gerade in dieser bedrückend wirkenden Zeit, in der stets die Angst da sei, sich mit dem Coronavirus anzustecken, erlebe sie beim Campen ein Höchstmaß an Freiheit und Selbstbestimmung. Von diesem Freiheitsgefühl schwärmen auch die viele Neulinge, die nach dem Urlaub im Wohnmobil Blut geleckt haben. Baltrusch und sein Team könnten Bücher mit Episoden füllen, die sich allein in diesem Sommer bisher beim Kauf oder der Ausleihe von Wohnwagen beziehungsweise Wohnmobilen ereignet haben.
„Es gab sogar Leute, die dachten tatsächlich, dass in den Duschkabinen der Wohnmobile noch Eimer für die Geschäfte stehen“, sagt Admir Krcic schmunzelnd. Er ist für die Ausleihe der Wohnmobile bei Rentmobil zuständig. „Ein junges Ehepaar wollte nach einer Besichtigung sogar die Mietwohnung kündigen und ganz ins Wohnmobil ziehen“, erzählt er.
Überraschung bei der ersten Besichtigung
„Es gibt sehr gut informierte Kunden, aber auch Leute, die Wohnwagen nur als fahrenden Blechcontainer und Hindernisse auf der Autobahn kennen“, sagt Dirk Pollmeier, Geschäftsführer der Camping-Oase in Kerpen. Und insbesondere diese Leute erlebten bei einer Besichtigung der modernen Camper eine wirkliche Überraschung. Auch Pollmeier ist mit dem Geschäft zufrieden.
Doch die Verluste, die er bei der Vermietung und dem Verkauf von Zubehör während des Lockdowns gemacht habe, ließen sich nicht mehr aufholen. „Ich kann meine Wohnwagen und Wohnmobile ja jetzt nicht doppelt vermieten.“ Und im Gegensatz zu den Baumärkten habe er sein Geschäft für Campingzubehör schließen müssen. „Dazu muss man wissen, dass wir ab Mitte März Hauptsaison haben“, sagt er.
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Dass so ein winziges Virus fast das gesamte öffentliche Leben in Deutschland und der Welt so habe lahmlegen können, sei erschreckend. „Die Pandemie hat uns zum Nachdenken gebracht“, sagt Pollmeier. Insbesondere was Fernreisen betreffen, beobachte er ein Umdenken. „Wir haben gelernt, dass der Campingurlaub im Harz auch sehr erholsam und schön sein kann.“