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An ihrem 60. Hochzeitstag wurden sie beerdigtKerpener verliert Eltern durch Corona

Lesezeit 4 Minuten

Roswitha und Hermann Schmitz, die Eltern von Kreiskulturamtsleiter Engelbert Schmitz, verstarben an Corona.

Kerpen/Hürth – Es war ein unglücklicher Schritt, mehr nicht, der das große Unglück über die Familie brachte. Am 15. Oktober vergangenen Jahres stürzte Hermann Schmitz in seinem Haus in Hürth-Stotzheim die Treppe hinunter und brach sich das Sprunggelenk. Der Fehltritt löste eine Kette unglücklicher Ereignisse aus, die letztlich dem Rentner und seiner Frau Roswitha das Leben kostete. Sie gehören zu den mehr als 350 Corona-Toten im Rhein-Erft-Kreis und zu den rund 80.000 Opfern der Pandemie bundesweit, derer am Sonntag auf Initiative des Bundespräsidenten landesweit gedacht wurde.

„Hinter jeder Zahl steht ein Schicksal, stehen trauernde Menschen“, sagt ihr Sohn Engelbert Schmitz, der Leiter des Kulturamts beim Rhein-Erft-Kreis. Der Kerpener hat seine Eltern innerhalb weniger Tage an Covid-19 verloren. „Und sie sind nicht mit, sondern an Corona gestorben“, sagt Schmitz.

OP im Sana-Krankenhaus in Hürth musste warten

Sein Vater sei nach dem Sturz ins Sana-Krankenhaus in Hürth gekommen. „Weil der Fuß noch stark geschwollen war, musste die OP noch ein paar Tage warten.“ Tage, in denen die Familie Hermann Schmitz besuchte. „Natürlich immer mit Mundschutz“, betont Sohn Engelbert.

Engelbert Schmitz

Anderthalb Wochen später verschlechterte sich dann plötzlich der Gesundheitszustand seiner pflegebedürftigen Mutter. Roswitha Schmitz kam ebenfalls ins Sana-Krankenhaus. Wie sich herausstellte, hatten sich beide mit dem Coronavirus infiziert. „Mein Vater hatte sich offenkundig bei seinem Zimmernachbarn angesteckt“, berichtet Engelbert Schmitz, der wie auch seine Frau in der Folge ebenfalls infiziert war, allerdings mit milderen Verläufen.

Zustand von Kerpener Ehepaar plötzlich kritisch

Der Zustand seiner Eltern war zunächst stabil, plötzlich aber konnten weder er noch seine beiden Brüder mehr Roswitha und Hermann Schmitz erreichen. Zwei Tage lang. Auch im Krankenhaus sei niemand ans Telefon zu bekommen gewesen. „Am Abend des zweiten Tages dann haben wir endlich jemanden sprechen können“, sagt Engelbert Schmitz. Da lagen beide Eltern bereits auf der Intensivstation, und sein Vater wurde künstlich beatmet.

Für die Angehörigen begann nun eine Zeit der quälenden Sorgen. „Ich war in Quarantäne, musste zu Hause bleiben und konnte nichts tun. Ich habe Runden durch den Garten wie durch einen Gefängnishof gedreht und bin dort einen Trampelpfad gelaufen.“

Engelbert Schmitz: „Es war ein Albtraum“

Am 12. November kam der Anruf aus dem Krankenhaus, dass sich der Zustand von Hermann Schmitz bedrohlich verschlechtert habe, am Samstag, 14. November, starb der 80-Jährige an multiplem Organversagen – ohne seine Frau oder seine Familie noch mal gesehen zu haben. „Das war ein Albtraum. Man funktioniert nur noch“, sagt Engelbert Schmitz.

Wegen des Gedenkens an die Corona-Opfer, zu dem Bundespräsident Steinmeier aufgerufen hatte, wehten am Brühler Rathaus am Wochenende auf Halbmast.

Die Familie habe überlegt, wie die Nachricht schonend der Mutter beizubringen sei. Auch die 79-Jährige lag nun im Koma und wurde künstlich beatmet. Doch auch sie erwachte nicht mehr. Wieder kam ein Anruf, dass sich der Zustand verschlechtert habe, wieder folgte zwei Tage später, am 28. November, die Todesnachricht. Am 9. Dezember fand das Doppelbegräbnis statt. „Es wäre der 60. Hochzeitstag meiner Eltern gewesen“, sagt Schmitz. Weder Vater noch Mutter hätten vom Tod des Partners erfahren.

Kerpener: „Sie wurden völlig aus dem Leben gerissen“

Es sei erschreckend, mit welcher Wucht das Virus zugeschlagen habe. „Mein Vater war fit und athletisch, wir wollten noch gemeinsam einen Heizungsraum fliesen“, sagt Schmitz. Seine Mutter sei zwar pflegebedürftig gewesen, aber sie habe keine Vorerkrankungen an den Atemwegen gehabt. „Beide waren lebenslustige Menschen, beide waren sozial engagiert, etwa bei der Arbeiterwohlfahrt. Sie wurden völlig aus dem Leben gerissen.“

Die Art des Sterbens sei bedrückend gewesen. „Wir haben meine Eltern nicht mehr wach gesehen, und sie mussten einsam sterben, ohne einen Angehörigen an ihrer Seite“, sagt Schmitz. Das werde vielen Opfern der Pandemie so ergangen sein.

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Keinerlei Verständnis hat Schmitz für Corona-Leugner oder Menschen, die sich nicht an die Schutzmaßnahmen halten. „Mich packt die Wut, wenn ich Demos von Querdenkern sehe“, sagt Schmitz. „Das sind Leute, die egoistisch ihr Ding durchziehen.“ Dabei müsse es jetzt doch vor allem um eines gehen, um Solidarität. „Wir schaffen das nur, wenn wir alle die Pobacken zusammenkneifen und das gemeinsam durchstehen.“