Karla Mertes informiert Eltern über Infektionskrankheiten. Sie erzählt im Interview, warum die Aufklärung immer noch so wichtig ist.
InterviewKrankenschwester aus Rhein-Erft-Kreis: Mumps und Masern sind noch gefährlich

Familienkinderkrankenschwester Karla Mertes vom Gesundheitsamt des Rhein-Erft-Kreises klärt über Infektionskrankheiten auf.
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Kinder werden in ihren ersten Lebensjahren regelmäßig krank – dabei lernt ihr Immunsystem fürs Leben. Warum die klassischen Kinderkrankheiten wie Masern, Mumps oder Röteln nach wie vor nicht auf die leichte Schulter zu nehmen sind, darüber klärt Familienkinderkrankenschwester Karla Mertes vom Gesundheitsamt des Rhein-Erft-Kreises in Veranstaltungen auf.
Zudem macht sie Hausbesuche und Beratungen bei Familien, die schnelle fachliche Hilfe bei gesundheitlichen Fragen benötigen, etwa bei einer Frühgeburt, chronischen Krankheiten oder Entwicklungsauffälligkeiten. Kathrin Höhne hat sie getroffen.
Rhein-Erft-Kreis: Eltern mit Infotafeln auf dem neusten Stand halten
Sie klären über Infektionskrankheiten, sprich Kinderkrankheiten auf, wie machen Sie das?
Von den Familienzentren und den Frühen Hilfen einiger Kommunen gab es die Anfrage, ob ich eine Informationsveranstaltung für Eltern zu Infektions- und Kinderkrankheiten durchführen könnte, da hier viele Unsicherheiten bestehen. Diese Veranstaltung findet jetzt regelmäßig in einigen Städten des Rhein-Erft-Kreises statt, zum Beispiel in Wesseling.
Dabei arbeite ich mit übersichtlichen Informationstafeln. Ich bespreche zunächst die Infektionskrankheiten, gegen die geimpft werden kann. Danach erkläre ich das Krankheitsbild (Symptome), spreche über Ansteckungswege, richtige Hygiene, Meldepflicht und mögliche Maßnahmen zur Linderung der Infektionskrankheiten, für die keine Impfung zur Verfügung steht. Beispiele hierfür sind Ringelröteln, Scharlach oder Durchfallerkrankungen.
Eine weitere, wichtige Frage ist für Eltern, ab wann der Kinderarzt, die Kinderärztin aufgesucht werden sollte und ab wann das Kind die Kita oder Schule wieder besuchen darf. Durch die Kombination von Informationen, praktischen Ratschlägen und der Möglichkeit zum Austausch versuche ich, den Eltern zu helfen, sich sicherer und informierter zu fühlen. Es ist wichtig, dass sie wissen, dass sie nicht allein sind und es Unterstützung gibt, wenn sie diese benötigen.
Darum ist die Aufklärung über Infektionskrankheiten so wichtig
Warum ist es so wichtig?
Viele Eltern unterschätzen die Gefahr bestimmter Infektionskrankheiten, weil sie sie kaum noch erleben. Dabei können im Einzelfall schwere Komplikationen auftreten. Ein Beispiel: Keuchhusten ist für Erwachsene oft nur ein hartnäckiger Husten, für Säuglinge aber lebensbedrohlich. In der heutigen schnelllebigen und digitalen Welt erhalten die Eltern eine Vielzahl unterschiedlicher Informationen, die sie zum Teil überfordern und verunsichern.
Leider gibt es auch in diesem Bereich Fake News oder eine verzerrte Darstellung von Fakten. Zudem sind heutzutage oft beide Elternteile berufstätig. Die Behandlung von Kindern mit Infektionskrankheiten braucht aber intensive Fürsorge, Ruhe, körperliche Nähe, gute Beobachtung, Zeit und Geduld. Die Balance zwischen beruflichen Verpflichtungen und der notwendigen Fürsorge für ihre Kinder kann sehr belastend sein. Nicht selten werden Kinder zu früh in die Tageseinrichtungen zurückgeschickt und gefährden damit weitere Personen.
Schutz durch Impfungen und gezielte Hygiene, was sagen Sie Eltern, die nicht vom Impfen überzeugt sind?
Viele Eltern haben Fragen zum Impfen und das ist völlig verständlich. Ich höre mir die Bedenken der Eltern an und erkläre sachlich, wie Impfungen wirken und welche Vorteile sie haben. Dabei gehe ich auf Risiken ein, die eine Erkrankung birgt und warum der Gemeinschaftsschutz so wichtig ist.
Beispielsweise können Masern schwere Komplikationen wie Hirnentzündungen verursachen. Diese können auch noch Jahre später auftreten und verlaufen dann fast immer tödlich. Ebenso kann eine Infektion mit Meningokokken zu bleibenden Organschäden oder zum Tode führen, das habe ich im Rahmen meiner Arbeit leider schon gesehen.
Impfungen für Schwangere besonders wichtig
Impfungen sind auch besonders wichtig für schwangere Frauen, da einige Infektionskrankheiten schwerwiegende Folgen für das ungeborene Kind haben können. Wenn sich nicht-geimpfte Schwangere mit Röteln oder Windpocken infizieren, kann das zu Fehlbildungen am Herzen oder Gehirn oder zu Einschränkungen der Seh- und Hörfähigkeit beim Baby führen. Das ist vielen Menschen heutzutage gar nicht mehr bewusst.
Durch eine gute Impfquote ist es möglich, eine sogenannte Herdenimmunität zu erlangen. Das bedeutet, dass auch nicht immune Personen, wie z.B. Neugeborene oder Menschen mit bestimmten chronischen Erkrankungen, die aus medizinischen Gründen nicht geimpft werden können, vor einer Ansteckung geschützt werden.
Wenn zu viele Menschen ungeimpft sind, können sich gefährliche Krankheiten wieder ausbreiten. Infektionskrankheiten, wie zum Beispiel Masern oder Keuchhusten, die fast ausgerottet waren, könnten wieder zur Bedrohung in der Gesellschaft werden. Eine Aufklärung kann helfen, Ängste abzubauen und das Vertrauen in Impfprogramme zu stärken.
Impfquote im Rhein-Erft-Kreis liegt im Bundesschnitt
Wie sieht es mit dem Impfschutz und Krankheitsausbrüchen im Rhein-Erft-Kreis aus?
Erfreulicherweise können wir in den letzten Jahren eine konstante Impfquote um die 90 Prozent bei Einschulungsuntersuchungen verzeichnen. Es entspricht ungefähr dem Bundesdurchschnitt. Das soll so bleiben. Am besten wäre es natürlich, wenn wir die Quote noch weiter steigern können. In den letzten zehn Jahren gab es mehrere kleinere Masern-, Windpocken- und Keuchhustenausbrüche in unserer Region, auch vereinzelte Tuberkulosefälle bei Kindern kamen vor.
In solchen Fällen sind sofortige Ermittlungen und die Kommunikation von geeigneten Maßnahmen durch das Gesundheitsamt erforderlich, mit dem Ziel, eine weitere Ausbreitung der Erkrankungen zu verhindern. Hierbei arbeitet das Gesundheitsamt eng und konstruktiv mit den betroffenen Einrichtungen wie Kitas oder Schulen zusammen.
Glücklicherweise konnten alle Ausbrüche rechtzeitig erkannt und eingedämmt werden. Für Betroffene oder Kontaktpersonen sind die Schutzmaßnahmen aber oft sehr belastend.
Corona spielt nur noch eine untergeordnete Rolle
Wie verhält es sich aktuell mit Corona-Erkrankungen bei Kindern?
Aktuell verlaufen die meisten Corona-Infektionen bei Kindern glücklicherweise mild. Dennoch gibt es Risikogruppen, für die eine Infektion gefährlich werden kann. Eltern sollten bei Unsicherheiten ihren Kinderarzt fragen, um eine individuelle Einschätzung zu bekommen.
Eine Impfung gegen Covid-19 wird laut Robert-Koch-Institut (RKI) erst ab 18 Jahren empfohlen, außer es handelt sich um eine sogenannte Risikogruppe, dann kann ab einem Alter von sechs Monaten geimpft werden.
Wo bekommen Eltern wichtige Infos zu Kinderkrankheiten her?
In der heutigen Zeit, in der Informationen oft schnell und unreflektiert verbreitet werden, ist es entscheidend, Eltern auf vertrauenswürdige und fachlich abgesicherte Quellen hinzuweisen.
Eine verlässliche Anlaufstelle ist der Kinderarzt, die Kinderärztin, denn hier kann individuell beraten und können aktuelle Empfehlungen gegeben werden. Weitere Ansprechpartner sind Gesundheitsämter, Hebammen und die Frühen Hilfen, die es in jeder Stadt gibt. Hier können sich Eltern auch hinwenden, wenn sie Unterstützung oder Beratung zu anderen Themen rund um die Geburt und in den ersten Lebensjahren haben, wie zum Beispiel Stillen, Ernährung oder Erziehungsfragen.
Natürlich gibt es auch gesicherte Informationen im Netz, auf die Eltern zurückgreifen können: zum Beispiel von den Fachstellen des Bundesinstituts für Öffentliche Gesundheit oder dem Berufsverband der Kinderärzte und -ärztinnen.