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20 Prozent teurerGebühren beim Tierarztbesuch in Frechen steigen an

Lesezeit 3 Minuten
Die Pferdewirtschaftsmeisterin Inken Schillings steht mit einem Hund, einem Pony und einem Pferd im Wald.

Die Pferdewirtschaftsmeisterin Inken Schillings aus Brauweiler versteht die Erhöhung der Tierarztkosten.

Die Kosten beim Tierarztbesuch sind mit der neuen Tierarztverordnung im Schnitt um 20 Prozent angestiegen. Das stellt Tierhalter und Tierheime vor große Probleme. Das rät der Tierschutzbund Haltern.

Zwei Mischlingshunde wuseln aufgeregt um die Frechenerin herum. Sie ahnen wohl, dass ihr Frauchen gerade Tierhändler Nachschub an Leckereien und Spielzeug gekauft hat. Doch die Freude ihrer Lieblinge kann die 64-Jährige nicht wirklich teilen: „Alles ist so teuer geworden“, seufzt sie.

Eigentlich wollte sie bald einen dritten Hund aus der Auffangstation in Griechenland retten, aus der auch Marvin und Ella stammen, aber diesen Plan hat sie erstmal verschoben: „Das geht finanziell einfach nicht, auch weil diese Hunde meist nicht ganz gesund sind und oft zum Tierarzt müssen – das wird jetzt ja auch noch teurer.“ Mit der Sorge um die erhöhten Tierarztkosten steht die Frechenerin nicht allein da. Auch der Tierschutzbund befürchtet, dass die Situation für schlechter gestellte Halter schwerer wird. Der Hintergrund: Am 22. November tritt eine neue Gebührenordnung für Tierärzte (GOT) in Kraft.

Tipps des Deutschen Tierschutzbunds

  1. Dies empfiehlt der Deutsche Tierschutzbund Tierhaltern, die durch die erhöhten Kosten in Schwierigkeiten geraten:
  2. Tierkrankenversicherungen gewinnen an Bedeutung, da tiermedizinische Behandlungen und Operationen hohe Kosten verursachen können. Wichtig ist, das Kleingedruckte zu lesen. Ist eine Versicherung des Tieres nicht möglich oder gewünscht, sollte man Geld für unerwartete Tierarztkosten zurücklegen.
  3. Versuchen, mit dem Tierarzt eine Ratenzahlung zu vereinbaren.
  4. Es muss nicht immer das teure Premiumfutter sein. Auch günstige Produkte können empfehlenswert sein, wie Ergebnisse der Stiftung Warentest zeigen: Entscheidend ist, dass das Futter bedarfsgerecht ist.
  5. Zubehör/Spielzeug: nicht alles neu kaufen: Einiges gibt es auch gebraucht und Spielzeug kann man selbst basteln.
  6. Selbst eine Gesundheitsprophylaxe beziehungsweise Pflege vornehmen und so gegebenenfalls höhere Kosten vermeiden. So kann zum Beispiel regelmäßige Zahnpflege dafür sorgen, dass eine Zahnbehandlung in Narkose nicht oder nicht so häufig durchgeführt werden muss.
  7. Auch Gesundheitsprophylaxe beim Tierarzt ist wichtig: mindestens einmal im Jahr das Tier beim Tierarzt zum Gesundheits-Check vorstellen (ältere Tiere auch zweimal im Jahr), damit Krankheiten frühzeitiger erkannt werden.
  8. Tiertafeln sind ebenfalls eine Anlaufstelle für in Not geratene Tierhalter, vor allem, wenn es um Tierfutter geht. Manchmal werden von den Trägervereinen auch Tierarztkosten übernommen. Einige Vereine bieten sogar kostenfreie tiermedizinische Versorgung an.
  9. Und wichtig: Zukünftige Tierhalter sollten sich jetzt noch besser überlegen, ob sie sich ein Tier wirklich leisten können. Ein Hund beispielsweise kostet im Laufe seines Lebens mindestens rund. 12 000 bis 17 000 Euro. Eine Katze mindestens etwa 12000 Euro. Von der Anschaffung von Exoten rät der Tierschutzbund explizit ab, grundsätzlich aus Tierschutzgründen, aber gerade jetzt auch wegen der immensen Energiekosten. (aj) 

Leistungen werden bis zu 100 Prozent teurer

Erstmals seit 1999 wurde die Verordnung umfassend geändert, unter anderem auch, um neue medizinische Verfahren wie zum Beispiel Computertomographie zu erfassen. „Die Anpassung der Gebührenordnung war längst überfällig, um sicherzustellen, dass eine Tierarztpraxis wirtschaftlich geführt werden kann. Nur so kann eine flächendeckende Versorgung der Tiere gewährleistet werden“, sagt Dr. Uwe Tiedemann, Präsident der Bundestierärztekammer. Die neuen Gebühren für rund 1200 Einzelposten basieren auf einer unabhängigen Studie, die 2020 vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft in Auftrag gegeben wurde.

Die Leistungen werden im Durchschnitt bis zu 20 Prozent teurer, einige sogar mehr als 100 Prozent. Röntgen oder das Legen eines Dauerkatheters sind einige der Leistungen, die wiederum günstiger werden. Kosteten bislang die allgemeine Untersuchung eines Hundes 13,47 Euro und die einer Katze 8,98 Euro, so sind jetzt jeweils 23,62 Euro fällig. Die Kosten für eine Impfung der Vierbeiner steigen von 5,77 Euro auf 11,50 Euro.

Den Tierärzten ist es auch gestattet, den zwei- oder dreifachen Satz zu berechnen, was die Kosten noch weiter in die Höhe treiben kann. „Seit mehr als 20 Jahren sind wir hinterher, die Gebühren erhöhen zu können. Wir sind glücklich und erleichtert, der Zeitpunkt ist jedoch ausgesprochen unglücklich“, sagt Andreas Bulgrin, Präsident der Tierärztekammer Nordrhein.

Er spricht für rund 3500 Tierärzte und erklärt, dass die Änderung noch vor der allgemeinen Teuerung beschlossen worden sei. „Rein theoretisch müssten noch zehn Prozent Inflationsaufschlag dazu kommen. Und die Tarife für die Fachangestellten sind auch noch um 20 Prozent gestiegen.“

Viele Praxen würden schon jetzt halbtags aus Tierliebe und dem Bedürfnis zu helfen, betrieben. Er rät den Tierhaltern, unbedingt mit dem Arzt die Details vorher zu besprechen: „Das Vertrauensverhältnis ist wichtig.“ Bei ihren Stammtierärzten will auch Inken Schillings aus Brauweiler bleiben. Die Pferdewirtschaftsmeisterin hat ein Großpferd, ein Pony und einen Hund: „Wenn es gemacht werden muss, muss es eben gemacht werden. Manchmal kann ich aus Erfahrung auch selber helfen, aber der Tierarzt soll ja auch nicht draufzahlen müssen.“

Sie finde es schockierend, wie wenig ein Veterinärmediziner verdiene. „Ein Haustier ist immer auch Luxus, das muss man vorher bedenken.“, sagt die 43-jährige. Auch der Tierschutzbund begrüßt die Anhebung: „Eine gute tierärztliche Versorgung ist von allerhöchster Bedeutung.“ Dennoch befürchtet er eine Mehrbelastung der Tierheime, wenn Haustiere aus finanziellen Gründen abgegeben werden müssen.