Serie „Wasser ist Leben“Warum 1500 RWE-Pumpen die Tagebaue trockenlegen
- In der Serie „Wasser ist Leben“ gehen unsere Autoren dem Trinkwasser im Rhein-Erft-Kreis auf die Spur.
- In diesem Teil erklärt Manfred Funken, wohin 550 Millionen Kubikmeter Grundwasser gehen, die RWE im Rheinischen Revier jährlich abpumpt.
- Folge der Entwässerung in der Sumpflandschaft könnte eine Höherlegung der Autobahn sein, um Überflutungen zu verhindern.
Rhein-Erft-Kreis – Wasser ist kostbar. Im Rheinischen Revier allerdings muss die RWE-Wasserwirtschaft eine Menge dafür tun, dass es die Betriebsabläufe in den Tagebauen nicht stört oder gar unmöglich macht. „Ohne Entwässerung gibt es keinen Bergbau“, sagt Prof. Dr. Christian Forkel, Leiter der Wasserwirtschaft bei RWE Power.
Rund 550 Millionen Kubikmeter Grundwasser pumpt RWE Power jährlich im Rheinischen Revier zur Entwässerung der Tagebaue ab. Ein Drittel des Sümpfungswassers dient zur Kühlung der Kraftwerke. 25 Millionen Kubikmeter werden als Trinkwasser in vier RWE-eigenen Wasserwerken aufbereitet und etwa 90 Millionen Kubikmeter als sogenanntes Öko-Wasser genutzt, um Feuchtgebiete zu erhalten.
Erftverband und Landwirtschaft profitieren
Schließlich lässt sich ein geringer Anteil der gewaltigen Menge noch nutzen, um zum Beispiel die Verwaltung des Erftverbands, das Kreishaus in Bergheim und ein paar Spargelfelder zu beheizen.
Die Serie
Wasser ist Leben. Die alte Weisheit bekommt in den vergangenen Jahren neues Gewicht. Dass Wasser aus der Leitung kommt, nehmen wir als ebenso selbstverständlich hin wie die Tatsache, dass wir im See baden können oder unsere Blumen gießen.
Wir folgen der Spur des Wassers im Rhein-Erft-Kreis, der ja gleich zwei Flüsse im Namen trägt. Wo kommt unser Trinkwasser her, und wie sicher ist, dass es in 50 Jahren immer noch aus dem Hahn fließt?
Wie viel Wasser wird die Landwirtschaft künftig verbrauchen? Und nicht zuletzt gehen wir der Frage nach: Welche Rolle spielt das Wasser bei unserer Freizeitgestaltung? All dies werden wir mit unseren Berichten beleuchten. (uj)
Bedingt profitiert auch die Landwirtschaft von den Sümpfungsmaßnahmen des Energiekonzerns. Zumindest am Tagebau Hambach gibt es einen Wasserüberschuss, den die Bauern nutzen können. An bestimmten Entnahmestellen können sie ihre Tankwagen füllen, solange der Vorrat reicht.
Sauerstoff für das Grundwasser
Alles in allem ist damit nur etwas mehr als die Hälfte des Sümpfungswassers genutzt worden. Was geschieht mit dem Rest? „Das landet in unseren Vorflutern, zum Beispiel in der Erft. Würden wir es dort nicht einspeisen, hätte die Erft zu wenig Wasser“, sagt Forkel. Okay, nur knapp die Hälfte des zugeführten Wassers sei nötig, um den bergbaubedingten Verlust auszugleichen. „Aber die Leute haben sich daran gewöhnt, dass die Erft einen etwas höheren Pegel hat als früher.“
Bevor Sümpfungswasser in die Erft eingeleitet wird, muss es mit Sauerstoff angereichert werden. „Grundwasser hat kaum Sauerstoff. Für Fische ist ein stabiler Anteil aber lebensnotwendig. Deshalb wird das Wasser so angereichert, dass es mindestens sieben Milligramm Sauerstoff je Liter enthält.“ Dazu ist bei Thorr an der Autobahn 61 eine Anreicherungsanlage gebaut worden, die das Wasser aufbereitet, bevor es in den Flutkanal der Erft eingeleitet wird.
Überschüssiges Wasser landet nicht nur in der Erft, sondern in kleinerem Umfang auch im Kölner Randkanal. 1000 Kilometer Leitungen sind notwendig, um die Sümpfungsflut zu sammeln und in die richtigen Kanäle zu leiten.
Badewanne in zwei Sekunden aufgefüllt
Wozu dient der ganze Aufwand? Professor Forkel erklärt es: Grundsätzlich liege der Grundwasserspiegel in der Region knapp unter der Erdoberfläche und müsse abgesenkt werden, um überhaupt Tagebau zu ermöglichen. Brunnen müssen im Umfeld der Kohlegewinnung das Wasser so weit abpumpen, dass die Böschungen trocken und die Sohlen druckentspannt sind, damit es nicht zu hydraulischen Grundbrüchen kommt. Sonst würden die Böschungen weg- und die Sohlen aufbrechen.
1500 mit Unterwassermotorpumpen ausgerüstete Brunnen sorgen im Rheinischen Revier dafür, dass der Grundwasserspiegel den Bedürfnissen des Bergbaus angepasst und reguliert wird. Die Pumpleistung beträgt zwischen 50 Litern und 15 Kubikmetern pro Minute. „Bei der Höchstleistung ist eine Badewanne in zwei Sekunden voll“, veranschaulicht Forkel die Wassermengen.
RWE-eigene Pumpenwerkstatt
Um den Betrieb zu gewährleisten, hält die RWE-Wasserwirtschaft insgesamt 2500 Pumpen in Umlauf: 1500 sind in den Brunnen im Einsatz und 1000 durchlaufen Wartungs- und Reparaturzyklen oder werden für den nächsten Austausch im Lager bereitgehalten.
Bei solchen Mengen lohnt es sich, eine eigene Pumpenwerkstatt nebst Prüfstand zu betreiben. Musste vor etwa zehn Jahren noch jede einzelne Pumpe vor Ort überprüft und reguliert werden, so ist es heute möglich, die Pumpen von einem Leitstand in der Werkstatt aus zentral zu überwachen und fernzusteuern. „Damals haben wir einmal im Monat etwas über den Zustand der Pumpen erfahren“, sagt Forkel, „jetzt erhalten wir alle sechs Minuten die neuesten Daten.“
Arbeitsplätze in der Wasserwirtschaft
Rund 550 Menschen sind bei der Wasserwirtschaft im Revier beschäftigt, 40 Ingenieure, 300 Facharbeiter mit gewerblich-technischer Ausbildung und noch rund 200 angelernte Kräfte. Früher hätten viele Quereinsteiger den Weg zu RWE gefunden, berichtet Betriebsleiter Christian Forkel, heute werde eine Ausbildung vorausgesetzt. Pro Jahr starten zwölf Auszubildende, zurzeit sind 40 Nachwuchskräfte in den drei Lehrjahren unterwegs. „Die Stellen sind sehr begehrt“, sagt Forkel. „RWE ist ein hervorragender Ausbildungsbetrieb, von dem auch andere Firmen gern Fachkräfte übernehmen. Und wir können den jungen Leuten immer noch eine Perspektive über Jahrzehnte anbieten, in der Wasserwirtschaft sogar noch Jahrzehnte über das Auslaufen der Tagebaue hinaus.“ (fun)
Gesümpft werden muss lange über die Kohleförderung hinaus. Selbst während der Befüllung des Tagebaus Hambach mit Wasser müsse der Grundwasserspiegel unter dem des Seewasserspiegels gehalten werden, damit die Böschungen stabil bleiben. Deshalb müsse das Grundwasser während der Befüllung des Tagebausees, dem volumenmäßig zweitgrößten See Deutschlands, noch mindestens 25 Jahre lang reguliert werden. Dieser Verpflichtung werde RWE nachkommen.
Entwässerung mit jahrzehntelangen Folgen
Bei weiteren Sümpfungsaufgaben sieht sich das Unternehmen allerdings nicht in der Pflicht. Wenn der Grundwasserspiegel wieder ansteige, werde der Abstand zur Geländeoberfläche nicht geringer sein als vor dem Tagebau. Im Bereich der Erftaue habe es aber einen gesellschaftlich Konsens gegeben, eine Bebauung unterhalb des ursprünglichen Grundwasserspiegels zuzulassen. Dies gelte auch für die Infrastruktur.
Für jedermann sichtbares Beispiel: Die A 61 würde in der heutigen Tieflage bei einem Anstieg des Grundwassers zur Schifffahrtsstraße. „So plakativ würde ich das nicht formulieren“, sagt Forkel, aber die Höherlegung der Autobahn müsse bei anstehenden Sanierungen in den nächsten Jahrzehnten in Angriff genommen werden.
„Dass die Region schon lange vor dem Tagebau entschieden hat, den Grundwasserstand in der Erftaue dauerhaft abzusenken, um die Sumpflandschaft mit ihren Krankheitsherden trockenzulegen und Siedlungsland zu gewinnen, kann man dem Bergbauunternehmen nicht anlasten“, sagt Forkel. Primär werde daher der Erftverband in Abstimmung mit Land und Region den Grundwasserpegel zum Schutz der bebauten Gebiete in der Erftaue regulieren. Inwieweit darüber hinaus eine Beteiligung von RWE sachgerecht sei, werde noch vom Land geprüft.
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