Serie „Wasser ist Leben“Wie die Römer das Eifelwasser nach Köln leiteten
- In der Serie „Wasser ist Leben“ folgen wir der Spur des Wassers im Rhein-Erft-Kreis.
- Schon etwa 30 Jahre nach Christi hatten die Römer aus einer Quelle im Villewald Wasser über Leitungen in das Kölner Gebiet geholt.
- Ein unterirdisches Leitungssystem stellt die architektonischen Fähigkeiten der Römer unter Beweis.
Rhein-Erft-Kreis – Wasser im Überfluss, das gehörte in Köln vor fast 2000 Jahren zum Lebensstandard. Schon etwa 30 Jahre nach Christi hatten die Römer für die damals auf Kölner Gebiet lebenden Ubier das Wasser über ihre gemauerten Leitungen aus einer Quelle im Villewald geholt.
Von Hürth-Hermülheim bis nach Köln
„Diese Leitungen führten über Hürth-Hermülheim entlang der heutigen Berrenrather Straße bis nach Köln“, berichtet Professor Klaus Grewe (74). Römische Wasserleitungen waren schon in seinen Berufsjahren beim Amt für Bodendenkmalpflege des Landschaftsverbands Rheinland sein Fachgebiet. Bis heute hat Grewe zudem einen Lehrauftrag an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule (RWTH) Aachen. Auch mehrere Bücher hat der Fachmann bereits über die römischen Wasserleitungen verfasst und veröffentlicht. Auf seinem Konzept basiert sogar das vor wenigen Tagen eröffnete Römerkanal-Infozentrum in Rheinbach.
„Etwa 50 nach Christi wurde die Kolonie Colonia Claudia Ara Agrippinensium (CCAA) gegründet“, erklärt der Professor. Damals haben die römischen Architekten allerdings festgestellt, dass die Wasserleitungen vor der neu gebauten Stadtmauer endeten. „Die Wasserleitungen lagen außerdem so tief, dass weder der Bau von Verteilern noch ein Weiterbau der Leitung möglich war“, erklärt er. Findige römische Architekten seien dann auf die Idee gekommen, ab Hermülheim dem bestehenden Leitungsbauten einfach eine zweite Etage aufzusetzen. „So kam das Vorgebirgswasser aus der Ville gute acht Meter höher als zuvor in Köln an“, erklärt Grewe. Um den benötigten Wasserdruck bereitzustellen sei ein Turm der Stadtmauer als Wasserturm und Verteiler genutzt worden. „Problemlos konnte das Villequellwasser jetzt durch ein unterirdisches Bleileitungssystem auf alle Brunnen und Thermen in der ganzen Stadt verteilt werden“, betont er.
Professor fasziniert von römischer Architektur
Immer wieder ist Grewe fasziniert über die architektonischen Fähigkeiten der Römer. „Wasser aus dem Rhein kam für die Römer als Trink- und Badewasser nicht in Frage“, sagt er. Das sei ihnen schlichtweg zu schmutzig gewesen. Dort flossen schließlich ungefiltert sämtliche Abwässer der am Rhein gelegenen Städte hinein. Und stromaufwärts seien das etwa mit Bonn und Koblenz auch schon vor 2000 Jahren eine ganze Menge gewesen. Allerdings seien die Quellen der Ville auf Dauer nicht sehr effektiv gewesen. „Im Sommer waren sie oft trocken und auch die Qualität des Wassers war nicht immer gut“, sagt der Fachmann.
Zum Nachlesen und zum Anschauen
Kürzlich erschienen ist das Buch „Der Römerkanal-Wanderweg – Wie das Wasser laufen lernte“ von Klaus Grewe und Manfred Knauff. Über sieben Etappen nehmen die beiden Autoren die Leser mit entlang der römischen Wasserleitung von Nettersheim über Euskirchen, Rheinbach, Brühl und Hürth bis nach Köln. Herausgeber des Taschenbuchs mit 216 Seiten ist der Eifelverein mit Sitz in Düren. Es kostet 16,95 Euro.
Sehenswert ist das Römerkanal-Infozentrum in Rheinbach. Die Dauerausstellung bietet unter anderem einen Streifzug durch die technische Welt der Antike besonders mit Blick auf die römische Eifelwasserleitung. Sie war mit einer Länge 95,4 Kilometern die drittlängste von römischen Ingenieuren gebaute Wasserleitung. Das Begleitbuch zur Ausstellung „Aquädukte - Wasser für Roms Städte“ von Klaus Grewe ist im Buchhandel erhältlich. (mkl)
Eine neue Wasserquelle fanden die Römer dann in der Nordeifel. Schon in den Jahren 80 bis 90 nach Christi floss das kalkhaltige Eifelwasser für Colonia durch die neu gebauten Kanäle aus der Nordeifel. „Pro Tag waren es rund 20 Millionen Liter“, staunt Grewe noch heute. In Köln lebten damals rund 15 000 Menschen. „Rein rechnerisch haben demnach jedem Kölner täglich rund 1200 Liter Wasser zur Verfügung gestanden“, so Experte Grewe. Die Brunnen sprudelten pausenlos, versorgten die Badehäuser und spülten die Latrinen. Das Wasser floss dann durch die Gassen der Stadt ins Kanalnetz und von dort in den Rhein. „Es ist einfach beeindruckend, was die Römer damals mit dem Bau der Wasserleitungen vollbracht haben“, sagt Grewe. Die neu gebauten Leitungen, durch die das Eifelwasser floss, seien in Hürth-Hermülheim an die bestehenden Vorgebirgsleitung angeschlossen worden.
„Ich wollte immer auch einmal den Ingenieursgedanken herausfinden, der hinter den Bauwerken steckt“, erklärt Grewe. Baupläne gebe es ja keine. So habe er und seine Kollegen anhand der Leitungsreste den Bau der Leitungen quasi von hinten aufgerollt. Dabei hätten sie sich tief in das Gedankengut der römischen Ingenieure hineindenken müssen. Zunächst galt es jedoch, das Messgerät des römischen Architekten Vitruv (1. Jhr. v. Chr.) nachzubauen, um so die Methode der Höhenvermessung zu rekonstruieren. „Und es funktionierte tatsächlich“, bestätigt Grewe. Damit hätten die Römer ein Gefälle in die Leitungen gebaut, das an einer Stelle zum Beispiel vor dem Pont du Gard bei Nimes nur 17 Zentimeter pro Kilometer betrug. „Fast zehn Prozent Gefälle waren es bei Bornheim-Brenig im heutigen Stadtgebiet Bornheim“, so Grewe.
Das geniale der römischen Vermessungstechnik sei auch, dass die Leitungen nicht in einem Stück hintereinander gebaut werden mussten. „Zeitgleich gab es auf der rund 100 Kilometer langen Strecke 20 Baustellen, an denen alle in Richtung Köln gebaut wurde“, erklärt er. An den Treffpunkten habe sich dann auch gezeigt, mit welcher Genauigkeit die Römer das Gefälle abgesteckt hatten. Die höchste Differenz an den Schnittstellen habe maximal drei bis fünf Zentimeter betragen. „Das war eine ganz tolle Leistung“, lobt der Professor.
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„Vermutlich wurden die römischen Leitungen mit dem Einzug der Franken 270 bis 280 nach Christi zerstört und nie wiederaufgebaut“, so Grewe. Jahrhunderte vergingen, bevor in Köln das erste Kölner Wasserwerk an der Alteburg 1872 den Betrieb aufnahm und fortan zunächst die Innenstadt mit sauberem Trinkwasser versorgte.
Die Serie
Wasser ist Leben. Die alte Weisheit bekommt in den vergangenen Jahren neues Gewicht. Dass Wasser aus der Leitung kommt, nehmen wir als ebenso selbstverständlich hin wie die Tatsache, dass wir im See baden können oder unsere Blumen gießen.
Wir folgen der Spur des Wassers im Rhein-Erft-Kreis, der ja gleich zwei Flüsse im Namen trägt. Wo kommt unser Trinkwasser her, und wie sicher ist, dass es in 50 Jahren immer noch aus dem Hahn fließt?
Wie viel Wasser wird die Landwirtschaft künftig verbrauchen? Und nicht zuletzt gehen wir der Frage nach: Welche Rolle spielt das Wasser bei unserer Freizeitgestaltung? All dies werden wir mit unseren Berichten beleuchten. (uj)