Umsatzeinbußen bei den HausärztenPatienten meiden die Wartezimmer
Rhein-Erft-Kreis – Wer vermutet, dass Ärzte sich zurzeit vor Arbeit kaum retten können, liegt nicht richtig. In den Wartezimmern der Praxen in der Region ist eine Menge Platz. „In meiner Praxis habe ich Umsatzeinbußen von acht bis 15 Prozent pro Quartal“, schildert Dr. Matthias Schlochtermeier (50), Hausarzt in Hürth und Sprecher der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein im Rhein-Erft-Kreis, die aktuelle Lage.
Keine Kurzarbeit möglich
Andere Branchen haben in solchen Situation die Möglichkeit, Kurzarbeit zu beantragen und dadurch finanziell entlastet zu werden. Ärzte haben nach einer neuen Regelung diese Möglichkeit so gut wie nicht mehr. „Der Bedarf ist auf jeden Fall da“, sagt Schlochtermeier. 5000 bis 8000 Euro fehlen ihm jeden Monat. Als Konsequenz musste er bereits zwei Mitarbeiter entlassen.
„Es wurde ein Gesetz zum Ausgleich finanzieller Belastungen in Gesundheitseinrichtungen beschlossen, das auch Umsatzgarantien für Praxen niedergelassener Ärzte und Psychotherapeuten enthält“, erläutert Heinz-Konrad Rüffer, Geschäftsführer des Operativen Service Aachen-Düren von der Agentur für Arbeit. Danach würde die Kassenärztliche Vereinigung Umsatzeinbußen von mehr als zehn Prozent durch Ausgleichszahlungen auffangen. „Aufgrund dieses »Schutzschirms« besteht nach derzeitiger Rechtsauffassung kein Anspruch auf Kurzarbeitergeld“, sagt Rüffer.
Agentur entscheidet nicht
Für die Ärzte und auch Physio- und Psychotherapeuten bedeutet das, dass die Arbeitsagentur momentan weder über Anträge entscheidet, noch welche erstellt. „Ich möchte damit verhindern, dass wir gegebenenfalls im Nachgang bereits gezahltes Kurzarbeitergeld wieder zurückfordern müssen“, sagt Rüffer. Wann die Mitarbeiter der Arbeitsagentur über die Anträge entscheiden können, ist derzeit noch unklar. „Ich gehe davon aus, dass in Kürze mit weitergehenden Informationen zu rechnen ist“, sagt Rüffer.
Der Hürther Hausarzt kritisiert, dass nur die Umsatzeinbußen berücksichtigt werden, die von ausbleibenden gesetzlich Versicherten verursacht werden, nicht aber die von Privatpatienten. „Der Anteil von Privatpatienten macht je nach Praxis acht bis 90 Prozent aus“, sagt Schlochtermeier. „Das Einkommen ist in vielen Praxen zum größten Teil von den Privatpatienten abhängig.“ Nach Informationen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung kann ein Arzt für das Ausbleiben von Privatpatienten Kurzarbeitergeld beantragen, wenn er dadurch „existenzbedrohende Umsatzeinbußen erleidet“. Ob er jedoch eine Zahlung erhält, entscheidet letztendlich die Behörde.
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Für Matthias Schlochtermeier ist die Situation momentan noch zu meistern. „Wir haben, wie andere Unternehmen auch, Rücklagen gebildet und kommen über die Runden“, sagt er. Dennoch brauche die Praxis die Patienten. „Es ist ein Vermeidungsproblem der Patienten“, sagt der Hausarzt. „Es gibt nicht auf einmal weniger Menschen die »normal« krank sind“, sagt er. Arztpraxen und Krankenhäuser seien sichere Orte. „Wir tragen Masken und Visiere und testen uns jede Woche. In den Wartezimmern gibt es keine Zeitschriften mehr, da sie eine Infektionsquelle sein könnten. Aber die Patienten haben ohnehin aktuell keine Wartezeit bei uns“, berichtet er. Er wünsche sich, dass die Patienten keine Angst mehr hätten, zu ihm in die Praxis zu kommen.