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Shell plant rigorosen UmbauWelche Folgen hat das für Wesseling und die Mitarbeiter?

Lesezeit 3 Minuten

Shell baut in Zukunft seinen Standort in Wesseling um. 

Wesseling – Shell baut seine Rheinland Raffinerie zum Energy and Chemicals Park Rheinland um. Das ändert nicht nur die Produktion der größten Raffinerie Deutschlands, sondern wirkt sich auch auf die Stadt aus.

Was hat Shell in Wesseling vor?

Das Unternehmen kündigte an, bis 2025 die Rohölverarbeitung am Standort Wesseling komplett einzustellen. In Godorf bleibe die Rohöldestillation weiterhin in Betrieb. In Wesseling sollen stattdessen in neuen oder umgebaute Anlagen CO2 -freie oder -arme Produkte hergestellt werden. So soll Shell bis spätestens 2050 ein Netto-Null-Emissions-Energieunternehmen werden. Durch den Umbau des Werks in Wesseling will Shell Rheinland jährlich eine Million Tonnen direkte CO2 -Emissionen einsparen. Zurzeit hat die Destillation noch eine Jahreskapazität von acht Millionen Tonnen. Die Planungen stünden allerdings noch am Anfang, teilt das Unternehmen mit.

Auf welches Geschäftsfeld konzentriert sich der Konzern stattdessen?

Shell wolle seine Emissionen stark reduzieren und letztendlich ganz abbauen, deshalb kämen künftig vor allem Wasserstoff, sogenannte zirkuläre Abfallstoffe und biogene Stoffe zum Einsatz. „Dabei sollen Wertschöpfungsketten entstehen, die zum Beispiel ihren Ursprung in Biomasse und Wertstoffen aus der Müllentsorgung haben“, sagt Shell-Sprecher Jörg Nielsen. So könnten dann in Wesseling zum Beispiel aus Reststoffen chemische Grundstoffe für Alltagsprodukte hergestellt werden.

Bereits im Juli wurde in Wesseling die PEM-Wasserstoff-Elektrolyse Refhyne zur Herstellung von „grünem Wasserstoff“ eingeweiht. Bei der Elektrolyse wird Wasser in seine Bestandteile Wasserstoff und Sauerstoff zerlegt. Der entstandene Sauerstoff wird an die Umgebung abgegeben, während der Wasserstoff im Raffinerienetz weiterverwendet wird. Weil der Strom für die Elektrolyse aus erneuerbaren Energien stammt, nennt man das Produkt grünen Wasserstoff. Darüber hinaus plane Shell heute bereits die Errichtung von Refhyne II, einer 100-MW-Elektrolyse-Anlage sowie einer Bio-PTL-Anlage, in der aus grünem Strom und Biomasse synthetische Flugkraftstoffe und Rohbenzin hergestellt würden, berichtet Nielsen.

Wie teuer wird das?

Das ist noch nicht klar. Laut Shell soll die endgültige Investitionsentscheidung 2023 fallen.

Was geschieht mit den Mitarbeitenden?

Genaueres lässt sich auch dazu noch nicht sagen. Dafür sei es noch zu früh, sagt Nielsen. „Es werden einige Arbeitsplätze abgebaut, andere werden verändert und wieder andere werden aufgebaut.“ In Frage kämen Versetzungen auf andere Arbeitsplätze inklusive Umschulungen und Weiterbildungen. „Wir streben an, die gesamte Transformation mit allen zur Verfügung stehenden Möglichkeiten sozialverträglich und einvernehmlich durchzuführen.“

Bleibt der Standort Wesseling erhalten?

Ja, zumindest nach Ansicht von Andrea Kanonenberg, Amtsleiterin der Wirtschaftsförderung in Wesseling. Das Unternehmen Shell habe mit der Inbetriebnahme der Wasserstoff-Elektrolyse-Anlage Refhyne, mit den Plänen für Refhyne II und auch mit den Ideen für eine Erweiterung in Kooperation mit der Technischen Hochschule Köln ein ganz klares Bekenntnis zum Standort Wesseling abgegeben. Dies bestätigt auf Anfrage der Redaktion auch Shell-Sprecher Jörg Nielsen. „Umbau heißt nicht nur Abschalten.“

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Wie bewertet die Wesselinger Stadtverwaltung die Pläne von Shell?

Shell sei als petrochemische Industrie im Strukturwandel im Rheinischen Revier und in der Energie besonders gefordert, sagt Kanonenberg. „Shell macht da keine halben Sachen. Das ist konsequent und mutig. Für uns als Stadt, in der viele Familien von ihren Jobs bei der Shell leben, ist es besonders wichtig, dass die Stellen erhalten bleiben und zukunftsfähig gemacht werden.“

Muss die Stadtverwaltung mit geringeren Gewerbeeinnahmen rechnen?

Nein. Die Investitionen von Shell seien eine Stärkung des Standorts, sagt Andrea Kanonenberg weiter. „Von einer solchen Stärkung profitiert auf lange Sicht auch der städtische Haushalt. Denn eins muss klar sein: Wir als Stadt sind von der Industrie abhängig und damit auch darauf angewiesen, dass diese die Zeichen der Zeit erkennt.“

Wie wirkt sich die Transformation auf Wesseling als Wirtschaftsstandort aus?

Nach Ansicht der Wirtschaftsförderung wird Wesseling künftig eine Schlüsselrolle unter den Shell-Standorten spielen. „Dennoch ist es unsere Aufgabe als Wirtschaftsförderung und Stadt, weiterhin Unternehmen nach Wesseling zu locken, damit wir breiter aufgestellt sind, was Branchen angeht.“