Hühner als TherapietiereGezeiten Haus entwickelt nachhaltiges Landwirtschaftskonzept
Wesseling – In Sachen Nachhaltigkeit geht das „Gezeiten Haus“ in Schloss Eichholz erneut einen Schritt weiter. Seit ein paar Wochen beherbergt das Gelände des Klinikparks 21 Hühner und Hahn Hugo in ihrem mobilen Hühnerstall. Die Hühner sind eine Ergänzung der Permakulturstrategie der Fachklinik für Psychosomatik und Traditionelle Chinesische Medizin und drittes Nachhaltigkeitsprojekt des Unternehmens. Nach einem Permakultur-Gemüsegarten und dem Waldgarten mit Wildblumen und -sträuchern, der vergangenes Jahr angelegt wurde.
„In der Permakultur geht es immer darum, verschiedene Elemente so miteinander zu verbinden, dass sie im Gesamten sinnvoll sind und sich ergänzen, zum Beispiel durch die Integration von Tierhaltung und Gemüseanbau“, erklärt Jakob Averbeck, Gärtner und Nachhaltigkeitsbeauftragter der Gezeiten-Haus-Klinikgruppe.
Das Ziel sei es, Kreisläufe zu etablieren. So werden biologische Küchenabfälle wie Gemüseschalen oder Salatreste an die Hühner verfüttert. Gleichzeitig diene der Hühnermist als Dünger für den hauseigenen Gemüsegarten.
Wesseling: Jährlich werden bis zu 1,5 Tonnen Bio-Gemüse angebaut
Jährlich werden bis zu 1,5 Tonnen Bio-Gemüse für den Eigenbedarf angebaut. Auf Pflanzenschutzmittel verzichte man gänzlich: „Die Schädlinge werden auf natürliche Weise beseitigt, denn Mäuse holt sich der Turmfalke“, sagt Jakob Averbeck und zeigt auf den Raubvogel, der sich just in dem Moment dekorativ auf der für ihn aufgestellten Sitzstange niedergelassen hat.
Was ist Permakultur?
Permakultur, das steht für permanente oder auch dauerhafte Landwirtschaft und Kultivierung. Mit diesem Konzept für Gartenbau und Landwirtschaft sollen Ökosysteme in der Natur nachgeahmt werden. Nachhaltigkeit ist hier Leitmotiv. Zu den Grundsätzen gehören daher Mischkultur statt Monokultur sowie Achtsamkeit, naturnahe Kreisläufe und die Wahrung natürlicher Ressourcen.
Geprägt haben die Idee vor allem die beiden Australier Bruce Charles Mollison und sein Schüler David Holmgren in den 1970er Jahren. Nachdem sie weltweit Ansätze für eine zukunftsfähige Landwirtschaft analysiert hatten, fanden sie Inspiration in der Landwirtschaft und Ethik alter Naturvölker und Kulturtechniken wie der der australischen Ureinwohner. (at)
„Je mehr Elemente dazu beitragen, die Kreisläufe zu schließen, desto näher kommen wir dem, was in der Permakultur als Idealzustand eines ganzheitlichen Systems betrachtet wird“, erläutert Averbeck das Konzept.
Die gesamte Planung für das Hühnerareal ist auf Nutzen, Ästhetik und Nachhaltigkeit ausgelegt. In einem insgesamt 1500 Quadratmeter großen eingezäunten Auslauf dürfen sich die Tiere auf je 500 Quadratmetern ausbreiten. Zusammen mit Patientinnen und Patienten hat Averbeck die Umzäunung gebaut und die Wiese für Mensch und Tier bepflanzt. Auf der Grünfläche wachsen für die Hühner erreichbar Roggen und heimische Obstsorten, die sich an der Umzäunung emporranken. Die Tiere können sich so im Idealfall selbst versorgen. Aus den Ähren erhalten sie Körner, und Vitamin C aus dem Obst, das in ihren Auslauf fällt. „So müssen wir nur in geringen Mengen zufüttern“, erklärt der Gärtner.
„Gezeiten Haus“ setzt auf mobilen Hühnerstall
Nach je acht Wochen wechselt der Hühnerauslauf den Standort. Der innere Zaun wird auf einem anderen Stück der größer umzäunten Wiese neu gesteckt, sodass sich die bis dahin genutzte Grünfläche erholen kann. Dafür ist auch der mobile Hühnerstall, ein umgebauter Bauwagen, entscheidend, der leicht versetzt werden kann. „Wir wollten den Hühnern einen hellen Stall mit genug Platz bieten“, sagt Averbeck, zufrieden mit dem Ergebnis.
Durch die Einbindung der Hühner als Therapietiere wirken sie sich außerdem positiv auf die Menschen aus. „Die Arbeit mit den Hühnern ist jetzt schon ein Highlight“, freut sich Averbeck. „Kinder, Jugendliche und Erwachsene nehmen das Angebot sehr gut an und freuen sich immer darauf, Eier einzusammeln.“ Besagte Eier sind nicht nur traditionell braun oder weiß, sondern auch blau-grün oder marmoriert. Bei den Hühnern handelt es sich nämlich um sechs alte Landrassen, darunter Marans-Hühner und Araucana. Diese Rassen legen die schönen bunten Eier, sind besonders robust und suchen sich ihr Futter als „Selbstversorger“ gern eigenständig.
Das könnte Sie auch interessieren:
Während das Projekt Hühnerstall gut anläuft, plant Jakob Averbeck bereits das nächste: „Wir wollen einen Heilkräutergarten anlegen, damit wir Kräuter- und Wildblumentee herstellen können. Zum Teil machen wir das schon jetzt mit den Gänseblümchen, die hier überall wachsen“, sagt Averbeck und beißt genüsslich von einem ab, das er gerade gepflückt hat.