Rhein-Erft-KreisAus vielen Flüchtlingsunterkünften werden Wohnhäuser
Wesseling-Keldenich/Rhein-Erft-Kreis – Als 2015 zahlreiche Flüchtlinge und Asylbewerber nach Deutschland kamen, hatten die Städte viel Mühe, sie alle unterzubringen. Sehr zum Leidwesen der Sportvereine mussten in einigen Orten auch Turnhallen genutzt werden, damit die geflüchteten Menschen ein Dach über dem Kopf hatten. Um solche Notbehelfe zu vermeiden, errichteten die Städte in der Folge Flüchtlingsunterkünfte – seien es Containerdörfer, seien es Häuser.
Mittlerweile stehen viele dieser Unterkünfte leer. Derzeit wird viel darüber diskutiert, sie anderweitig zu nutzen. So ist in Köln etwa eine Debatte darüber entbrannt, ob Studenten angesichts der Wohnungsnot in ungenutzten Flüchtlingsunterkünften einziehen könnten. Auch im Rhein-Erft-Kreis gab es schon solche Überlegungen, beispielweise in Brühl.
„Situation hat sich verändert“
In Wesseling sind in den vergangenen beiden Jahren Mehrfamilienhäuser mit zwölf Wohnungen an der Ecke Waldorfer Straße /Mertener Straße auf dem ehemaligen Bolzplatz im Keldenicher Wohngebiet entstanden. Gebaut wurden sie ursprünglich als Unterkunft für Flüchtlinge.„Die Situation hat sich jedoch in den vergangenen beiden Jahren so sehr verändert, dass wir sie nun als öffentlich geförderten Wohnraum anerkannten Asylbewerbern und Wesselinger Bürgern mit Wohnberechtigungsschein anbieten können“, erklärte Bürgermeister Erwin Esser. Er hatte die Anwohner am Dienstag zu einer Besichtigung der neuen Wohnungen eingeladen.
Die Dreizimmerwohnungen sind barrierefrei, 77 Quadratmeter groß und gedacht für Familien mit drei bis fünf Personen. Zu jeder Wohnung gehört ein Auto-Stellplatz auf dem Grundstück. Zur Höhe der Kaltmiete wollte Esser noch keine verbindliche Summe nennen. Bewerbungen sind noch möglich. Bürgermeister Esser wies allerdings darauf hin, dass es schon jetzt mehr Interessenten als Wohnungen gebe. „Wir brauchen noch viel mehr öffentlich geförderten Wohnraum“, sagte der Verwaltungschef. Wer den Zuschlag für eine der Wohnungen bekommt, wird von der Stadt Wesseling benachrichtigt. Die Wohnungsbaugesellschaft GWG verwaltet die Objekte. Esser erklärte, die Bauabnahme der Neubauten erfolge in wenigen Tagen.
So sieht es in anderen Städten im Rhein-Erft-Kreis aus
In Brühl gab es Pläne, freie Flüchtlingsunterkünfte an Studenten der ortsansässigen Hochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung zu vermieten, zumal unmittelbar neben der Hochschule seit einigen Jahren Wohncontainer stehen. Doch die Idee ist vom Tisch. Zwar ist der Bedarf nicht geringer geworden, doch die Sanierung des Rathauses erforderte Räumlichkeiten für die Unterbringung der Stadtverwaltung. Sie bezog unter anderem Container in Brühl-Ost. Die dort untergebrachten Flüchtlinge wechselten in die Wohncontainer unweit der Hochschule, wo derzeit 122 Menschen leben. „Dort haben wir keine nennenswerten freien Kapazitäten“, erklärt die zuständige Dezernentin Stephanie Burkhardt.
In Hürth sind die meisten Flüchtlinge dezentral in über das Stadtgebiet verteilten Wohncontainern untergebracht. Zwar sind derzeit nur knapp 500 der 670 Plätze belegt, das werde aber nicht so bleiben, vermutet Sozialdezernent Jens Menzel. „Ich sehe momentan überhaupt keine Möglichkeit, Kapazitäten irgendwem zur Verfügung zu stellen.“ Ein Grund sei die veränderte Zuweisungspraxis des Landes. „Seit Sommer 2018 bekommen wir vor allem Flüchtlinge zugewiesen, die keine Bleibeperspektive haben und damit auch nicht aus den Unterkünften in eigene Wohnungen ausziehen können“, erklärt der Beigeordnete. Er rechne deshalb damit, dass sich die Wohncontainer über die kommenden Monate wieder füllen werden. Darüber hinaus saniere die Stadt gerade nach und nach ihre Häuser, in denen Obdachlose und Flüchtlinge untergebracht sind. Die Bewohner müssen vorübergehend in Container umziehen.
In Frechen stellt sich die Frage einer anderweitigen Nutzung des Containerdorfs am Herbertskaul derzeit nicht. „Die Unterkunft ist gut ausgelastet, 169 Plätze sind belegt“, sagt Pressesprecher Thorsten Friedmann.
In Erftstadt ist es kein Thema, Flüchtlingsunterkünfte für Studenten zu öffnen. „Wir brauchen die Heime noch, es gibt da keinen Leerstand“, heißt es aus der Verwaltung.