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Wesselings Evonik-Chef Selbach„Das Niedrigwasser hat uns Probleme bereitet“

Lesezeit 3 Minuten
Evonik Interview

Arndt Selbach ist seit Dezember 2017 Standortleiter der Evonik-Werke Wesseling und Lülsdorf.

WesselingHerr Selbach, das Wesselinger Evonik-Werk scheint wie ein großer Gemischtwarenladen zu sein. Was macht den Wesselinger Standort aus?

Wir haben am Standort Wesseling tatsächlich eine große Produktvielfalt. Wir haben die weltgrößte Anlage für gefällte Kieselsäuren. Diese sind zum Beispiel in den sogenannten grünen Reifen enthalten, um den Abrollwiderstand zu reduzieren und damit Sprit zu sparen. Ein weiteres Hauptprodukt ist Methionin, eine körpereigene, natürliche Aminosäure, die unter anderem Hühnern zugefüttert wird, um deren Futterverwertung zu verbessern.

Welche Produkte machen Ihnen besondere Freude?

Wir blicken in allen Bereichen auf sehr erfolgreiche Jahre zurück, in denen die Anlagen voll ausgelastet waren. Unsere Anlagen sind wettbewerbsfähig und auf dem Stand der Technik.

Und perspektivisch?

Wir sind breit aufgestellt. Wir produzieren für die Wachstumsgeschäfte von Evonik. Ich sehe daher positiv in die Zukunft.

Gibt es Forderungen, die Sie an übergeordnete Stellen richten?

Wir befürworten den Bau der neuen Rheinquerung. Die Verkehrssituation um Köln ist allen bewusst, da muss dringend etwas getan werden. Wir befinden uns in einem globalen Wettbewerb und müssen dementsprechend agieren. Die Lastwagen stehen im Stau, der Eisenbahnknoten um Köln ist sehr stark ausgelastet – das ist eine Herausforderung. Die Niedrigwassersituation im vergangenen Jahr hat noch einmal herausgekehrt, dass wir alternative Versorgungswege zum Wasser brauchen, für die Anlieferung und den Abtransport. Der Ausbau der Gütergleisverbindung muss dringend vorankommen. Solche Projekte sind in Deutschland sehr langsam, zehn Jahre sind da schnell.

Von welchen Faktoren hängt Ihr Geschäft noch ab?

Nachwuchs ist für uns ein Thema – der Fachkräftemangel ist in aller Munde. Zumindest der Aufwand, geeigneten Nachwuchs zu bekommen, nimmt auch für uns deutlich zu.

Woran liegt das?

Das ist zum einen ein Qualifikationsproblem. Es gibt bereits Unternehmen, die ihre Stellen nicht besetzt kriegen, weil die Qualifikation der Bewerber nicht ausreicht. Bei uns ist das so noch nicht spürbar – wir haben in den vergangenen Jahren immer gute Auszubildende bekommen. Doch zum anderen sind auch die Anforderungen der jungen Menschen heute andere als früher. Es wird mehr auf die Work-Life-Balance geguckt. Da wird es schwieriger, das Privatleben mit dem Schichtdienst in Einklang zu bringen.

Luftbild Evonik Wesseling

Der Evonik-Standort in Wesseling aus der Luft fotografiert.

Wie können Sie trotzdem Nachwuchs für Ihr Unternehmen begeistern?

Es gibt Ideen zu anderen Schichtmodellen oder der Einführung einer Lebensarbeitszeit. Diese öffentlichen Diskussionen nehmen wir bei Evonik natürlich auf. Auf Konzernebene gibt es dazu bereits viele Ideen und Konzepte. Es ist auch eine Marketing-Frage. Die chemische Industrie ist ein hoch attraktiver Arbeitgeber. Dafür müssen wir weiter werben.

Was tun Sie dafür bereits konkret?

Wir bieten Praktika an, außerdem nehmen wir am Girls’ Day teil, um mehr Frauen in chemietypische Berufe zu bekommen. Wir sind auf der Ausbildungsbörse vertreten und in ständigem Kontakt mit den Wesselinger Schulen oder der Rhein-Erft-Akademie.

Wie sieht es in Ihrem Unternehmen mit der Vereinbarkeit von Familie und Beruf aus?

Ich halte das für notwendig. In Marl haben wir vor wenigen Monaten einen schönen Betriebskindergarten eröffnet. Dafür braucht man natürlich die entsprechende Standortgröße. Evonik hat hier aber noch mehr zu bieten, zum Beispiel flexible Arbeitszeitmodelle.

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Wie wichtig ist Ihnen die Verbundenheit zu Wesseling?

Die Standortverbundenheit ist uns sehr wichtig, weil wir uns als einer der größten zentralen Arbeitgeber als Teil des öffentlichen Lebens sehen. Im Wettbewerb um die Fachkräfte möchten wir den Menschen hier natürlich etwas bieten. Dafür arbeiten wir mit der Stadt zusammen. Es gibt das Bürgerbüro in der Innenstadt, wir sind beim Stadtfest aktiv oder beim Schwingeler Hoffest und Teil des Wirtschaftsgremiums.

Wie beurteilen Sie die Situation um die Klage der Stadt Köln gegen Ihren geplanten Hafenausbau in Lülsdorf?

Der Terminalbau ist essenziell für die Standortentwicklung in Lülsdorf. Wir sind zuversichtlich, dass die Bedenken der Stadt Köln bald ausgeräumt sind.