Als „besonderes Experiment“ fand in Bad Honnef der erste Kneipengottesdienst statt. In der Kultkneipe Zum Küfer Jupp wurde es eng.
ExperimentWürdevoller Kneipengottesdienst in Bad Honnef fand große Resonanz
Von einem „ganz besonderen Experiment“ sprach Diakon Simon Schilling am Beginn des Abends, um eine gute Stunde später einen vollen Erfolg vermelden zu können. „Die Resonanz spricht für sich“, sagte Schilling dieser Zeitung und zwängte sich durch die Gästeschar, die sich in der kleinen Kultkneipe „Zum Küfer Jupp“ knubbelte, um an einem ganz speziellen Ereignis teilzunehmen – am ersten Kneipengottesdienst.
An der Theke im Küfer bei einem Gläschen Kölsch hatten Diakon Simon Schilling und Vikar Torsten Schreiber die Idee, aus der Kirche raus und hin zu den Menschen zu gehen. In diesem Fall halt ins Wirtshaus. Bei den Wirtinnen Gabi Kempen und Regina Dinkela-Liebetrau rannten sie damit sozusagen offene Küfertüren ein.
„Gott ist auch Dein Bier“
„Lieber in der Kneipe an Gott denken, statt in der Kirche an die Kneipe“, lautete das Motto des speziellen Gottesdienstes, der in der ausgefallenen Location würdevoll und harmonisch vonstattenging und bei dem zwischendurch auch mal gelacht wurde.
Eine kleinere Kneipe habe man wohl nicht finden können, scherzte ein Besucher, der nicht mehr in den kleinen Gastraum passte und auf dem Flur stehend das Ereignis vor allem akustisch wahrnehmen konnte. Lautsprecher hatten die Organisatoren auch im Durchgang und im Garten installiert. Offenbar sind einige Interessierte wieder gegangen, weil es ihnen in der offenen Eingangstür stehend zu frisch war.
„Gott ist auch Dein Bier“, nannte Simon Schilling quasi als Leitwort und bezeichnete Kneipen als Orte der Begegnung. Warum also nicht hier Gott begegnen? Eine Predigt gab es nicht. Aber in Zwiegesprächen an Stehtischen, die so oder so ähnlich auch an der Theke stattfinden könnten oder stattgefunden haben, ging man beispielsweise der Frage nach, ob es in irgendeinem anderen Sonnensystem nicht doch auch Leben geben könne. Womit man bei der biblischen Schöpfungsgeschichte war.
Auch die Frage nach Glauben und gläubig sein wurde aufgegriffen und ein Appell zu Miteinander und Toleranz formuliert: Man müsse jeder und jedem – gleich ob Christ oder Muslim, Geflüchteter oder Alteingesessener – „mit Liebe und Respekt begegnen“. Den Psalm 139 lasen die Gottesdienstteilnehmer in zwei Gruppen abwechselnd, wobei Torsten Schreiber augenzwinkernd die eine Gruppe als diejenigen definierte, die bereits ein Glas Kölsch bekommen hatten.
Gemeinsam sang die „Küfer-Gemeinde“, wie sie jemand nannte, Lieder wie „Let it be“, „Bridge Over Troubled Water“ oder „Blowin in the Wind“. Die richtigen Töne gaben Ruth Zimmermann (Gesang), Jo Raile (Keyboard) und Björn Kükental (Saxophon) vor, die in einer Ecke des Küfers platziert waren.
Die Traditionskneipe befindet sich in einem der ältesten Häuser Honnefs. 1935 war der Küfer (Fassmacher) Josef (Jupp) Becker hier eingezogen, der in den 50er Jahren – die Fassproduktion reichte nicht mehr zum Broterwerb – eine Straußwirtschaft einrichtete und Wein ausschenkte. Kurgäste kamen vorbei, um einen Schoppen Wein zu trinken und Schülerinnen, die eine Cola tranken, zuzuprosten.
„Kaminzimmer“ für den nächsten Kneipengottesdienst ins Gespräch gebracht
Später wurde aus der Wirtschaft ein Restaurant. Seit Jahrzehnten wird die Kneipe inzwischen von den beiden Wirtinnen geführt. Das Lokal ist eine Mehrgenerationenkneipe und oft Treffpunkt von Kommunalpolitikern.
Simon Schilling, der nach eigenem Bekunden mit einem so großen Andrang nicht gerechnet hatte, kündigte übrigens schon einen zweiten Kneipengottesdienst an. Ort und Zeitpunkt sind noch offen. Jemand aus der „Küfer-Gemeinde“ brachte aber schon mal das „Kaminzimmer“ ins Gespräch. Jenes kleine Budendorf mit Berghütte, das inzwischen traditionell in der Advents- und Weihnachtszeit auf dem Marktplatz aufgebaut wird.