Am 7. März 1945 standen US-Truppen völlig überraschend vor einer intakten Rheinquerung. Die Brücke von Remagen riss später aber doch amerikanische Soldaten in den Tod.
Zweiter WeltkriegVor 80 Jahren ereignete sich das „Wunder von Remagen“

Die noch intakte Brücke von Remagen: Das Foto stammt von einem Soldaten der 1058th Port Construction and Repair Group vom 15. März 1945. Soldaten dieser Einheit haben auf der Brücke gearbeitet, als sie am 17. März 1945 einstürzte.
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Als es am 7. März 1945 im kleinen Ort Erpel auf der rechten Rheinseite Fliegeralarm gab und sich amerikanische Truppen dem linksrheinischen Remagen näherten, da suchten rund 200 Menschen Schutz im Eisenbahntunnel unter der Erpeler Ley. „Es herrschte äußerste Spannung“, berichtete einst die damals etwa 20-jährige Anneliese Eichler (geb. Schlösser).
„Wenig später hieß es wieder: ,Alles auf den Boden — Notsprengung!' Außer einem dumpfen Knall ereignete sich nichts“, erinnerte sich die Zeitzeugin. „Unmittelbar danach stürmten die an der Brücke stationieren Soldaten in den Tunnel zurück. ,Die Brücke steht! Die Amerikaner sind in Remagen am Brückenturm!' Ein enormer Schock für alle.“
Die Sprengung der Rheinbrücke durch Wehrmachtssoldaten misslang
Der dumpfe Knall, den die Schutz suchenden Menschen im Tunnel hörten, war der Versuch von deutschen Soldaten gewesen, die Ludendorff-Brücke zwischen Remagen und Erpel zu sprengen. Er misslang. Der Stahlkoloss wurde zwar aus den Lagern gehoben, blieb aber stehen.
Und so standen an jenem 7. März 1945 die von Meckenheim kommenden Soldaten der 9. US-Panzerdivision, die zuvor im Hürtgenwald in der Eifel schwere Kämpfe zu bestehen hatten, auf ihrem Vormarsch völlig überraschend vor einer intakten Rheinquerung. Sie fiel als einzige von 40 Rheinbrücken den Amerikanern unzerstört in die Hände.

Ein unbekannter Soldat hat diese Aufnahme der eingestürzten Brücke von Remagen gemacht.
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Unter Führung des deutschstämmigen Leutnants Karl H. Timmermann überquerten die Amerikaner den Fluss. Die Wehrmachtssoldaten leisteten keinen Widerstand mehr. Als Wunder von Remagen ging das Ereignis in die Geschichte ein, das sich in diesem Jahr zum 80. Mal jährt und an das in Remagen am Freitag mit einem Festakt erinnert wird.
Während in den Brückentürmen auf Remagener Seite ein Friedensmuseum eingerichtet wurde, kümmern sich auf Erpeler Seite Ehrenamtler um den einstigen, 383 Meter langen Eisenbahntunnel und wollen ihn brandschutztechnisch so ausstatten, dass er dauerhaft als Veranstaltungsstätte genutzt werden kann. Zwischen 2006 und 2019 führte die Landesbühne Rheinland-Pfalz am Originalschauplatz im Erpeler Tunnel das Stück „Die Brücke“ auf.
Nach Einschätzung vieler Historiker hat der Zweite Weltkrieg durch das Wunder von Remagen ein schnelleres Ende gefunden. Der Erpeler Kunst- und Kulturkreis ad Erpelle, der die Erinnerung an die Ereignisse wachhält und Zeitzeugen wie Anneliese Eichler befragt hat, glaubt, dass „Tausende von Menschen vor dem Tod durch weitere Bombenangriffe auf deutsche Städte und Dörfer bewahrt“ worden.
Kriegsentscheidend aber war die Einnahme der Brücke nicht. Für einen schnellen alliierten Massen-Vorstoß tief hinein ins Herz des Deutschen Reichs war das unwegsame Siebengebirge auf der rechten Rheinseite ungeeignet. Das gelang den Alliierten erst Ende März nach der Flussquerung am Niederrhein bei Wesel. Sie konnten allerdings vom Brückenkopf Remagen aus in einer zweiten Zangenbewegung schneller auf das Ruhrgebiet vorrücken.
Innerhalb von 24 Stunden überquerten 8000 Soldaten den Rhein
Unter den Menschen, die an jenem Tag Schutz im Eisenbahntunnel unter der Erpeler Ley gesucht hatten, kam „nur“ Willi Feldens ums Leben. Sein Sohn Karl Feldens, der als siebenjähriger Junge den Tod seines Vaters miterleben musste, schilderte als weiterer Zeitzeuge dem Erpeler Verein, dass sein Vater, der einen schwarzen Eisenbahnermantel trug, mit einem weißen Tuch zum Tunneleingang gegangen war.
Dort wurde er jedoch durch einen Schuss so schwer verletzt, dass er später starb. „Vater war von einem gezielten Schuss getroffen worden, weil die Amerikaner ihn in seiner schwarzen Uniform für einen SS-Mann hielten.“

Heute Mahnmal für den Frieden: Die Brückentürme in Erpel und Remagen (hinten). Es gibt aktuelle Pläne, zwischen den Türmen eine Radfahrer- und Fußgängerbrücke zu bauen.
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Innerhalb von 24 Stunden überquerten damals rund 8000 amerikanische Soldaten den Rhein. Militärlaster, Geschütze und Panzer der US-Army rollten über die Brücke. In den folgenden Tagen wurde Material auch über Pontonbrücken rheinauf- und rheinabwärts über den Strom transportiert.
Am 17. März 1945 aber gab es einen lauten Knall und die beschädigte Brücke stürzte in den Rhein. Sie riss rund 28 auf der Brücke arbeitende amerikanische Pioniere mit in den Tod, 63 Soldaten wurden verletzt. Heute stehen auf beiden Seiten noch die Brückentürme, des nach dem General Erich Ludendorff benannte Bauwerks. Es wurde im Ersten Weltkrieg von 1916 bis 1918 errichtet, um den Transport von Kriegsmaterial nach Frankreich zu beschleunigen.
Bau einer neue Fußgänger- und Radfahrerbrücke ist im Gespräch
Die Türme auf der rechten Rheinseite sind sehr marode, in der Vergangenheit fielen Steine auf den Geh- und Radweg. Er ist seit Jahren gesperrt. 2026 will das Bundeisenbahnvermögen – die Behörde ist Eigentümerin der Erpeler Türme – die Bauten sanieren.
Seit einigen Jahren verfolgen die Verbandsgemeinde Unkel und die Stadt Remagen unterstützt von den Landkreisen den Plan, zwischen den Türmen eine neue Brücke für Fußgänger und Radfahrer zu bauen. Technisch, das ergab eine Machbarkeitsstudie, sei das ehrgeizige Projekt machbar. Es soll aber mit rund 22 Millionen Euro zu Buche schlagen. (mit kna)
Museum und Gedenktag
Das Friedensmuseum in den Remagener Brückentürmen dokumentiert mit Dokumenten, Fotos und Exponaten die Geschichte der Ludendorff-Brücke. Sie betrachtet die Ereignisse sowohl aus deutscher als auch aus amerikanischer Sicht. Es geht aber auch um das große Kriegsgefangenenlager, das die Amerikaner zwischen Remagen und Bad Breisig bis zum Spätsommer 1945 unterhielten („Goldene Meile“). Unterhalten und betrieben wird das Museum vom Verein „Friedensmuseum Brücke von Remagen“. In der Saison 2024 kamen laut Trägerverein rund 14.000 Gäste aus 48 Ländern.
Mit einer Gedenkveranstaltung wird am Freitag, 7. März, in Remagen an die Eroberung der Brücke vor 80 Jahren erinnert. Nach einer Zeremonie an den Brückentürmen (14 Uhr) beginnt um 15 Uhr in der Rheinhalle Remagen ein Festakt, an dem unter anderem der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Alexander Schweitzer, US-Generalkonsul Brian Heath und Helen Patton, die Enkelin von US-General George S. Patton teilnehmen. (csc)