Kunstraum Bad HonnefNike Gerochristodoulou stieß auf „Berliner Blau“
Bad Honnef – Alle Bilder sind blau, die die Fotografin und Dozentin Nike Gerochristodoulou gegenwärtig im Kunstraum Bad Honnef ausstellt. Es sind Drucke in einem bestimmten dunklen Blauton, der durch ein Belichtungsverfahren entsteht, mal stärker und tiefer wirkend, mal leichter und beiläufiger, je nachdem, ob es sich um Blüten oder um Wolken oder Nebelbilder handelt. Und das Besondere: eine Kamera braucht die Künstlerin nicht für ihre Fotogramme, die zugleich Unikate sind.
Die 1972 in Marl geborene Fotografin mit griechisch-russischen Wurzeln hat ihre Ausbildung als Diplom-Fotodesignerin bei dem renommierten Lette-Verein in Berlin absolviert und sich intensiv mit der Geschichte der Fotografie beschäftigt. Dabei ist sie auf die „Cyanotypie“, den Eisenblaudruck, gestoßen, der 1842 von dem englischen Astronomen John Herschel erfunden wurde.
Der universal begabte Forscher hat auch die bis heute gültigen Fotobegriffe „Positiv“ und „Negativ“ geprägt. Statt Silber verwendete er schließlich Eisen bei der Fotoentwicklung. Und er stellte fest, dass die auf empfindliche Stoffe oder Papiere aufgelegten Gegenstände, wie beispielsweise filigrane Farnblätter, unter UV-Einstrahlung zu stabilen fotografischen Bildern führten. Das unauflösliche „Berliner Blau“ war geboren.
UV-Licht verhilft Drucken zu neuem tiefem Dunkel
Eben das zog die an fotografischen Grundlagen interessierte Pionierin unserer Tage an. Und sie begann selbst zu experimentieren, stellte beispielsweise fest, dass man diese Blaudrucke, wenn sie denn einmal zu verblassen drohten, nur dem UV-Licht aussetzen muss, damit sie ganz von allein wieder nachdunkeln, also genau umgekehrt zu normalen Schwarz-Weiß-Fotos, die bei Lichteinwirkung verblassen.
Sehr „natürlich“ geht alles zu, und die Künstlerin, die auf einem großen Gut bei Preußisch Oldendorf in Ostwestfalen lebt, stellt zufrieden fest: „Bei mir entsteht alles direkt draußen vor der Tür, also kein Kunstlicht, kein Garnichts.“
Künstlerin entdeckte die erste Fotografin für sich
Zudem entdeckte die Autorin von Lehrheften und -videos zur Fotografie bei ihrem Recherchen im „Viktorianischen Zeitalter“ auch die bei uns noch wenig bekannte erste Fotografin Anna Atkins (1799-1871), die zuvor als Botanikerin ihre Moose und Schachtelhalme in ihren Büchern selbst gezeichnet hatte. Nun half ihr das Verfahren der Cyanotypie.
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Nike Gerochristodoulou experimentiert aber auch mit den Elementen selbst, indem sie ihre Unikate durch Belichtung von halb transparenten aufgelegten Eisscheiben entstehen lässt. Und sie Versuche unternimmt, mit den Negativen von Schwarz-Weißfotos ihre „Lumenprints“ herzustellen.
„Ich wusste gar nicht, dass in den verschiedenen Schichten des Filmpapiers so viel Farbigkeit enthalten ist,“ sagt sie vor ihren roséfarbenen zarten, romantischen Bildern, denen zugleich etwas sehr historisch Altes wie etwas Zeitloses anhaftet. Gar nicht so weit entfernt von der „blauen Blume“ der Romantik.
Kunstraum Bad Honnef, Rathausplatz 3, geöffnet bis zum 15. Mai; Donnerstag bis Freitag von 16 bis 19 Uhr, Samstag bis Sonntag von 10 bis 13 Uhr.