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Invasive ArtWie ein Mucher Imker Tag für Tag Nester der Asiatischen Hornisse aufspürt

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Das Nest wurde aus dem Strauch entfernt.

Alle ausgeflogen: Dieses Nest der Asiatischen Hornisse ist leer. In die Hand nimmt er es trotzdem nicht ohne Schutzanzug.

Die Asiatische Hornisse auszurotten, ist nicht mehr möglich. Ihre Ausbreitung möglichst gering zu halten, ist das Ziel von Imker Thomas Beißel.

Sie summt und brummt wie alle anderen auch, doch es ist ihr extravagantes Aussehen, das auffällt. Sie hat leuchtend gelbe Beine, und ihr orangefarbener Hinterleib hebt sich auffällig vom schwarzen Brustteil ab. Die Asiatische Hornisse tritt seit dem vergangenen Sommer vermehrt im Rhein-Sieg-Kreis auf, den ersten Fund der invasiven Art gab es in Troisdorf-Bergheim.

Seit 2014 hat sich die Vespa velutina in Deutschland angesiedelt. Da das zugegeben hübsche Tier hierzulande keine Fressfeinde hat, verdrängt es andere Arten. Honigbienen, Fliegen, Wildbienen sowie Schmetterlinge, Käfer und Libellenstehen auf dem Speiseplan der Hornisse.

Mucher Imker spürt Hornissennester auf und entfernt sie

Sie auszurotten, ist nicht mehr möglich. Doch ihre Ausbreitung möglichst gering zu halten, ist das Ziel von Thomas Beißel aus Much. Der Imker ist täglich unterwegs, spürt die Hornissennester auf und entfernt sie – weit über das Kreisgebiet hinaus. Zudem berät er Behörden. Denn das Entfernen von gemeldeten Nestern der Asiatischen Hornisse sei aktuell noch verpflichtend, das werde sich aber nächstes Jahr ändern. Die Tiere zu töten, falle ihm durchaus schwer, räumt der Wespen- und Hornissenberater ein. „Aber auch das gehört leider zum Artenschutz“, erklärt er. „Sonst stören die Tiere eigentlich niemanden.“

Die invasive Asiatische Hornisse.

Orange und Schwarz: Rein optisch ist die Asiatische Hornisse recht hübsch.

Bei entsprechender Koloniedichte könnten allerdings Fraßschäden an Obstbäumen auftreten. Zum Einfluss auf die Biodiversität gebe es keine hinreichende Forschung. Von einzelnen Tieren gehe erstmal keine Gefahr für den Menschen aus: Für Menschen sei ihr Stich nicht gefährlicher als der der einheimischen Hornisse. „Hornissenstiche sind sehr selten, die muss man schon sehr ärgern.“

Das hat wohl eine Anwohnerin aus Bonn-Bad Godesberg geschafft. In einem Strauch vor ihrer Haustür versteckte sich ein Nest der Asiatischen Hornisse. Als die Frau die Triebe des Strauches kürzen wollte, wurde sie von einem Hornissenschwarm angegriffen, vier Stiche in Hand, Finger, Arm und Gesicht waren die Folge. Die Spuren davon sind auch zwei Wochen später noch sichtbar. „Die Haut war total gespannt, die drohte zu platzen“, erinnert sich die Tochter der Frau.

Hornissenberater braucht viel Geduld und eine hohe Frustrationsgrenze

Beißel sieht sich nun vor der Aufgabe, das Nest zu entfernen, um der Anwohnerin die Angst vor weiteren Stichen zu nehmen. „Die Königin ist hier schon nicht mehr drin, das sehe ich am Beflug“, stellt er sofort fest. Ein sogenanntes Sekundärnest, in das die Hornissen nach und nach umziehen, werde sich wohl in einem der umliegenden Bäume befinden. Da das Primärnest häufig nah am Boden gebaut werde, stelle das eine erhöhte Gefahr für den Menschen dar. Nicht so bei der einheimischen Hornisse. Die Vespa crabro ist nämlich ein Hochbrüter. Schutzanzug angezogen, ein bisschen vom Strauch freigeschnitten, und dann setzt Thomas Beißel den Schlauch an das Nest an und saugt die Bewohner gnadenlos ab. Wie gesagt: keine schöne Aufgabe.

Eingefangen und markiert. So kann man die Hornisse direkt erkennen und über lange Zeit besser beobachten.

Eingefangene Tiere werden markiert, damit Thomas Beißel den Weg zum Nest rekonstruieren kann.

Während das schnell erledigt ist, können die anderen Aufgaben des Hornissenberaters schon mühseliger sein. „Man braucht viel Geduld und eine hohe Frustrationsgrenze“, berichtet der 48-jährige. Aber der Job mache ihm trotzdem viel Spaß. Das Aufstellen von ungiftigen Ködern und die regelmäßige Kontrolle etwa erledigt er rein ehrenamtlich. Wenn Beißel eine Asiatische Hornisse auf einem Köder entdeckt, fängt er sie mit einem Kescher, markiert sie und lässt sie fliegen.

Dann misst er die Flugzeit, die das Tier braucht, um zum Köder zurückzukehren. So lässt sich die Entfernung zum Nest ziemlich genau berechnen. Nach und nach platziert Beißel den Locktopf mehr in Flugrichtung, in der Hoffnung, das Nest zu irgendwann zu finden. Dafür trägt er stets ein Fernglas bei sich, mit dem er die umliegenden Bäume nach Nestern abscannt.

Gespräche mit Imkern sind dem Mucher „total wichtig“

Seine Imkerkollegen bemerken die Asiatische Hornisse meistens als erstes, erzählt er. Andrea Bernd aus Lohmar hat sie etwa beim Wachsschmelzen das erste Mal entdeckt. Seitdem versucht sie mit Beißel, die Tiere auf den Köder zu konditionieren und ein Nest ausfindig zu machen.

„Die Gespräche mit den Imkern sind mir total wichtig, damit die das Thema auch sachlich angehen und nicht in Panik verfallen“, betont Beißel. Immerhin sind die asiatischen Hornissenvölker dreimal so groß, wie die europäischen. Innerhalb eines Jahres entstehen aus einem Nest fünf bis zehn neue.