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Ein Spitzel namens HelgaWie eine Drogenspur der Mafia nach Much führte

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Reiterhof Symbolbild

Symbolbild

  1. Die Pferde dienten zur Tarnung: Ein Reiterhof im Bergischen soll in eines der größten Drogengeschäfte im Rheinland verwickelt sein.

Much – Beschaulich wirkt die Szenerie: Ein Dorf im Bergischen. Kirche, die Gaststätte vis a vis, und nahebei ein Reiterhof, herausgeputzt im Fachwerkstil. Eine ländliche Idylle. Wären da nicht jene unschönen Nachforschungen Kölner Kripo-Beamter der Abteilung für Organisierte Kriminalität (OK). Den Ermittlungen der Sonderkommission „Falabella“ (kleine Pferde) zufolge soll der Reiterhof und dessen Besitzerin in eines der größten Rauschgiftgeschäfte im Rheinland verwickelt sein. Es geht um den Schmuggel von 1,8 Tonnen Kokain.

Pferde zur Tarnung

Von dem Gehöft aus sollen nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ ein Fahrer nebst Tierpflegerin im Auftrag des gut 20-köpfigen Drogenrings zu ihren Kurierfahrten aufgebrochen sein. Als Tarnung an Bord des VW-Vans: zwei untrainierte Pferde. Das Ziel: Rotterdam. Dort sollen die Reittiere in einen größeren Pferdetransporter umgeladen worden sein. Die Bande hatte nach Aussagen eine Wand in den Lkw eingebaut und in einem Türrahmen zehn Fächer eingesetzt, die 100 Kilogramm Kokain fassen konnten.

In Rotterdam soll der Stoff übernommen worden sein, hernach ging es per Fähre nach England. In einem Reitsportzentrum in Ipswich verfrachtete die Pflegerin die Pferde nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ in die Ställe. Bandenchefs brachten derweil die Kokspakete an ihre Empfänger. Tags darauf ging es mit den Pferden zurück ins Oberbergische.

Ein Spitzel namens Helga

Angeblich stecken kalabrische Mafia-Familien der ’Ndrangheta hinter dem Drogen-Ring. Allerdings betont die Kölner Staatsanwaltschaft, dass es bisher an klar belegbaren Mafia-Bezügen fehlt. Umso eindeutiger scheint die Beweislage bei den Koksschiebereien zu sein. Wie diese Zeitung aus Justizkreisen erfuhr, stützen sich die Strafverfolger auf Geständnisse durch aufgeflogene Drogenkuriere und einen eingeschleusten Spitzel, Deckname Helga. 23 Transporte je 80 Kilogramm listen die Ermittler zwischen November 2015 und März 2016 auf. Pro Kilogramm soll die Bande zwischen 68.000 und 140.000 Euro eingestrichen haben.

Bei einer britischen Zollkontrolle flog die Masche schließlich auf. Die Fahnder entdeckten acht Päckchen. Zwei Kuriere und die Pferdepflegerin mussten vorübergehend in Haft. Dort packten sie aus und kamen unter Auflagen frei. In ihren Aussagen nannten sie auch die Namen der mutmaßlichen Drogen-Bosse: Zum einen handelt es sich um einen italienischen Osteria-Besitzer namens Marco A. aus Pulheim, zum anderen um den Berufskriminellen Karl-Joachim R.

Die Engländer informierten ihre Kölner Kollegen. Nach zweijährigen Ermittlungen hängte sich die Soko Falabella an eine Razzia gegen die ’Ndrangehta und hob Anfang Dezember die Koks-Bande aus. Vier Hauptverdächtige kamen in Untersuchungshaft.

Verbindungen zur Mafia?

Die Rauschgifthändler sollen ihr Geschäft effizient aufgezogen haben: Der Gastronom Mario A., 45, soll laut Staatsanwaltschaft den Stoff beschafft haben. Dabei ist aber nicht klar, wer die Lieferanten und wer die Empfänger sind. In Vermerken heißt es: Es dürfte davon auszugehen sein, dass die ’Ndrangheta aus San Luca in die Koks-Transporte eingespannt gewesen sei. Schließlich pflege Mario A. gute Kontakte zu kalabresischen Syndikaten. Verteidiger Gottfried Reims widerspricht der These: „Aus den Akten ergeben sich keine Verbindungen zur italienischen Mafia.“

Eine schillernde Vita weist der zweite mutmaßliche Kopf der Bande auf. Das Vorstrafenregister von Karl-Joachim R. enthält 17 Einträge. Der Endfünfziger organisierte die Logistik. Er beschaffte die Pferde über den Reiterhof seiner Schwester und zahlte der Pferdepflegerin für jede Drogentour 300 Euro. Zusammen mit Mario A. folgte R. den Kurieren per Flieger nach England, um die Ware in Empfang zu nehmen und weiterzuleiten. Die Ermittler fanden entsprechende Kreditkartenabrechnungen. Zudem checkten sie das Navigationsgerät des Pferdetransporters und hörten Telefone ab.

Karl-Joachim R. soll sich auch als Hochstapler in Thüringen hervorgetan haben. Bei der Razzia Anfang Dezember musste die Soko Falabella nicht lange nach ihm suchen. Seit Januar 2017 verbüßt Karl-Joachim R. eine Haftstrafe wegen Unterschlagung in der JVA Berlin-Plötzensee. Er hatte mit einem Komplizen geleaste Baumaschinen weiter verkauft.