In einem Mucher Tattoo-Studio kann man sich kostenlos ein Tattoo stechen lassen, das die Bereitschaft zur Organspende signalisieren soll.
Zeichen fürs LebenMucher Tätowierer sticht seinen Kunden kostenlos ein Organspende-Motiv
Vorsichtig sticht die Nadel unter die Haut von Maik Krimmel. Der 32-Jährige trägt schon mehrere Tattoos auf seinem Körper, doch dieses ist etwas Besonderes. Durch ein einheitliches Motiv macht er seine Zustimmung zur Organspende für Andere erkennbar.
Der Verein „Junge Helden“ hat die Aktion „Opt.ink“ vor einem Jahr ins Leben gerufen. Über 550 Tattoo-Studios in Deutschland beteiligen sich an der Aktion und stechen das Tattoo kostenlos. Das Symbol besteht aus zwei Halbkreisen, die sich zu einem Ganzen zusammenfügen: Der Kreis des Lebens. Den Ausweis ersetzt das Tattoo aber nicht.
Vince Wulff aus Much-Engeld ist im Rhein-Sieg-Kreis der einzige Tätowierer, der seinen Kunden das Organspende-Motiv im Namen des Vereins kostenlos sticht. Am Montagnachmittag bekommt Krimmel bei dem Tattoo-Artist das Symbol gestochen. Er sei seit zehn Jahren Organspender, er wolle aber den Ausweis nicht immer mitschleppen. „Wenn man das Ding unter der Haut hat, dann kann man es nicht mehr vergessen und jeder sieht sofort: Ich bin Organspender“, sagt er.
Da das Motiv natürlich einen Wiedererkennungswert haben soll, gibt der Verein den teilnehmenden Tattoo-Studios ein sogenanntes Playbook mit an die Hand. Darin ist vorgegeben, inwiefern man das Symbol individuell umgestalten kann, sodass es ästhetisch ist und dabei trotzdem seinen Zweck erfüllt. „Man soll schon etwas eigenes draus machen, aber man darf es nicht kaputtmodifizieren. Das macht dann keinen Sinn mehr“, so Wulff.
Organspende-Tattoo ist kostenlos: Kunden sollen aber hinter dem Thema stehen
Ein simples Gratis-Tattoo ist es für den Künstler allerdings nicht: „Meistens steche ich es nur zusammen mit einem anderen Motiv, wofür der Kunde auch bezahlt. Als Bonus sozusagen.“ Mit Auf- und Abbau müsse man nämlich anderthalb Stunden für das Tattoo einplanen.
In unregelmäßigen Abständen veranstaltet er jedoch Aktionstage, an denen er ausschließlich das Symbol tätowiert. „An solchen Tagen verdiene ich im Grunde kein Geld“, so Wulff. Der nächste Termin ist für Mitte Februar geplant, das genaue Datum wird er auf seinem Instagram-Account bekanntgeben.
Auch achtet der Künstler genau darauf, dass die Aktion von seinen Kunden nicht ausgenutzt wird. Ein- bis zweimal pro Woche erhalte er Anfragen auf Instagram, bei denen er skeptisch wird. „Viele stehen leider nicht hinter der Sache und wollen einfach nur ein weiteres Tattoo für ihre Sammlung. Für lau!“, beklagt Wulff.
Wulff: „Viele haben leider prinzipielles Misstrauen gegenüber Organspende“
Trotzdem ist ihm die Teilnahme an der Aktion sehr wichtig. Seit Schulzeiten engagiert er sich für Organspende. Auch für die Aids-Hilfe hat er schon in seiner Jugend Aufklärung betrieben. So verteilt er in seinem Tattoo-Studio auch Flyer der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) zu dem Thema und er hat ausreichend Organspendeausweise ausliegen, die die Klienten direkt ausfüllen und mitnehmen können.
„Je nachdem spreche ich meine Kunden auch auf das Thema an. Bei vielen herrscht leider noch ein prinzipielles Misstrauen“, beobachtet Wulff. Generelle Bedenken seien, dass im Ernstfall die Geräte zu früh abgeschaltet würden oder die Ärzte bei Organspendern ein Auge zudrücken würden.
Im Gegensatz zu anderen Tattoos ist es wichtig, dass das Organspende-Motiv immer sichtbar ist. Wulff würde vor allem ein erstes Tattoo niemals an eine Körperstelle stechen, die man nicht verdecken kann. Laut ihm ist tätowierte Haut immer noch nicht gesellschaftsfähig. „Zumal werden die Entscheidungen eigentlich immer aus dem Affekt getroffen, das ist so“, meint der 33-jährige.
Online-Organspenderegister soll Alternative zum Ausweis bieten – Start verzögert sich aber
Er hofft, mit der Aktion mehr Menschen zu Organspendern zu machen und das Bewusstsein dafür zu stärken. Auch bemängelt Wulff die Rechtslage: Seiner Meinung nach müsse endlich die seit Jahren diskutierte Widerspruchslösung eingeführt werden. In den BZgA-Flyern, die in seinem Studio ausliegen, wird auch auf das Organspenderegister vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) hingewiesen.
Dort können sich Organspender eintragen, um die Klärung im Ernstfall zu erleichtern. Der für 2022 geplante Start des Registers ist aber bis heute nicht erfolgt. Grund sei laut BfArM die bislang fehlende Anbindung der Krankenhäuser.
Unter 20 Prozent hätten sich bislang dem Register angeschlossen, das sei zu wenig. „Die Perspektive ist aber, dass das Register in Zukunft den Ausweis ersetzen soll. Das ist eine sichere und transparente Möglichkeit, sich zum Spenden bereit zu erklären“, betont Pressesprecher Maik Pommer.