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Netzwerke im Rhein-Sieg-KreisKämpfen für eine bedrohte Demokratie

Lesezeit 4 Minuten
Mahnwache in Much  zum Ende des 2. Weltkriegs und für Demokratie

Die Mahnwache in Much zum Ende des 2. Weltkriegs wurde auch ein Bekenntnis zur Demokratie angesichts des Wahlsiegs der AfD in Thüringen.

Mahnwachen-Initiativen wollen angesichts der AfD-Erfolge bei Landtagswahlen im Osten ihre Arbeit intensivieren.

Schweigend gedachten am Montagabend in Much die Teilnehmenden einer Mahnwache des Kriegsendes im Pazifik am 2. September 1945. Mit der Kapitulation Japans ging damals der Zweite Weltkrieg endgültig zuende. Rund 40 Menschen waren gekommen. Nach einer Schweigeminute für die Opfer von Solingen sang Musiker Paul Radau in die Stille hinein „Imagine“ von John Lennon und „We Shall Overcome“, das in der Version von Joan Baez bekannt wurde.

„Nicht wirklich überraschend“ nannte im Vorfeld Dr. Heinz Schmid, einer der Organisatoren der Mahnwache in Much, das Ergebnis der Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen. Es bestätige aber die Bedeutung der Mucher Initiative „Bündnis für Demokratie“ und der vielen anderen, die sich landauf, landab in den vergangenen Monaten formiert hatten.

Mucher Bündnis sieht die Demokratie gefährdet

Anlass war, dass im Winter Recherchen der Redaktion von „Correctiv“ über ein Geheimtreffen unter Federführung von Rechtsextremisten zum Thema „Remigration“ bekannt geworden waren. Mit dem beschönigenden Begriff war gemeint, dass im Fall einer Regierungsübernahme der Rechtsextremen Ausländer und Menschen mit Migrationshintergrund das Land verlassen sollten.

„Wir sind immer noch die Mehrheit“, betonte Schmid. „Wir müssen den Schutz unserer Demokratie in die eigenen Hände nehmen.“ Für Heinz Schmid haben die Wahlen vom Wochenende gezeigt, „dass es keinen Sinn macht, sich an den Rechten abzuarbeiten“. Ein Wahlkampf mit dem Ziel, „die AfD zu verhindern“, sei kein Programm und weise auch nicht in die Zukunft. Es gelte, die Demokratinnen und Demokraten aufzurütteln, die „die bedrohliche Situation noch immer nicht erkannt haben“.

Das Mucher Bündnis für Demokratie hatte sich im Mai dieses Jahres gegründet. „Dass wir für bestimmte Kreise ein Störfaktor sind“, wie Schmid formulierte, habe schon die Gründungsversammlung des Bündnisses am 15. Mai gezeigt: Am Tag nach der Versammlung, zu der Bürgermeister Norbert Büscher eingeladen hatte, „konnte man rechte Farbschmierereien an den Kirchen in Much und in der Hauptstraße finden“. Da, warnte Heinz Schmid, „droht uns, wenn wir nicht aufpassen, womöglich wieder Dunkeldeutschland“.

Inzwischen zählt das Bündnis 30 Mitglieder. „Ganz normale Mucher Bürger“, wie Heinz Schmid betont: Es handele sich nicht um ein Parteienbündnis. Die Mahnwache am Montagabend war die erste große öffentliche Veranstaltung des Zusammenschlusses. Einmal im Monat kommen die Mitglieder und Interessierte in den Räumen der Evangelischen Kirche an der Schulstraße in Much zusammen. Das nächste Treffen beginnt am Dienstag, 3. September, um 18 Uhr.

Netzwerk Niederkassel: „Wahlergergebnisse aus Thüringen zeigen, wie bedroht die Demokratie ist“

Auch das Netzwerk Niederkassel für Demokratie, Menschenrechte und Vielfalt äußerte sich am Montag zu den Ergebnissen der Landtagswahlen vom Wochenende. Deren Ergebnisse hätten „in dramatischer Weise“ gezeigt, wie bedroht die Demokratie in Deutschland und „das Zusammenleben auf der Basis des Grundgesetzes“ seien. „Die einzige Antwort auf den Erfolg der extremen Rechten“ könne nur sein, die demokratische Praxis auf allen Ebenen der Gesellschaft sein.

Eine Hand schält ein Pappschild.

Besorgt reagierten Teilnehmende an der Mahnwache auf die Wahlergebnisse in Thüringen und Sachsen.

Dafür ist ein „Buntes Café Niederkassel“ in Vorbereitung, für das die Ehrenamtlichen noch einen passenden Raum suchen. Gegen einen „populistischen Umgang mit den schwierigen Themen Migration und kulturelle Vielfalt“, aus Sicht des Netzwerks ein Hauptgrund für den Erfolg der AfD, setzen die Aktiven eine enge Zusammenarbeit unter anderem mit Interkultur Niederkassel. Am Sonntag, 22. September, wollen sich die Netzwerker zudem am internationalen Fest auf dem Rathausplatz beteiligen. Die schon vor der Europawahl begonnene Bildungsarbeit an den Schulen der Stadt soll ebenfalls weiter angeboten werden.

Nach Einschätzung von Professorin Dr. Katja Stoppenbrink, Vorsitzende der SPD Königswinter und Initiatorin des Bündnisses gegen Rechts und für Demokratie in der Drachenfelsstadt, lassen sich die Wahlergebnisse in Thüringen und Sachsen nicht eins zu eins übertragen auf die Region Rhein-Sieg oder den Bund. Das Abschneiden der AfD habe spezielle Hintergründe.

Zu den Kommunalwahlen will sich das Bündnis in Königswinter wieder zusammenfinden

In Königswinter sei es durch das überparteiliche Bündnis, das auch von den Kirchen unterstützt werde, gelungen, die AfD bei der Europawahl auf unter zehn Prozent zu halten. Das Bündnis zeige, dass man mit Engagement tatsächlich etwas für die Demokratie erreichen könne. Aktuell seien zunächst keine Aktionen geplant, zu den Kommunalwahlen und der Bundestagswahl werde man sich aber wohl wieder zusammenfinden: „Der Kontakt besteht weiter.“

Das Bündnis in Königswinter hatte unter anderem im Januar eine zentrale Demonstration auf dem Markt organisiert, an der rund 800 Menschen teilnahmen, und vor der Europawahl an sechs Freitagen in den Ortsteilen „für Demokratie in Europa“ demonstriert.