Stets aktiv für die KulturBurkard Sondermeier feiert seinen 75. Geburtstag
Neunkirchen-Seelscheid – Er wäre gerne ein „Sorgen-Scheucher“, schreibt Burkard Sondermeier in seinem aktuell erschienenen Buch „Fluxus“. Doch auch die Begriffe „Zeitvertreiber“ oder „Unfügler“ lässt das Multitalent als kreative Tätigkeitsbeschreibung durchgehen. Am Samstag, 12. Juni, wird der Autor, Komponist, Arrangeur, Sänger und Rezitator 75 Jahre alt.
Aufgewachsen ist Burkard Sondermeier in einem Kölner Haushalt, in dem Künstler und Kunsthandwerker ein- und ausgingen. „Schon als Kind interessierte mich das Restaurieren“, erzählt er. Dieses Interesse mündete in einer Ausbildung zum Kirchenmaler, Buchbinder und Grafik-Restaurator.
Der alte Seelscheider Dorfgasthof wurde seine neue Heimat
Nachdem er sich mit einer Kunsthandlung einen Kundenkreis aufgebaut hatte, suchte er im Jahr 1974 neue Firmenräume. Eine Maklerin lotste Sondermeier zum alten Seelscheider Dorfgasthof. „Das war damals eine Bruchbude“, erinnert er sich. „Es war sehr mutig, dort einzuziehen.“ Doch die Aussicht, hier die Werkstatt einzurichten, aber auch zu wohnen und den Saal als Ausstellungsraum nutzen zu können, war schließlich doch zu verlockend.
Was er zuvor nicht ahnen konnte: „Regelmäßig stand die Polizei vor der Türe, weil einer der früheren Mieter zur Fahndung ausgeschrieben war.“ Nach einiger Zeit konnte der genervte neue Hausherr ermitteln, dass der Gesuchte längst im Gefängnis saß.
Zur Eröffnung kamen die Stammkunden aus Köln, ein Streicherquartett spielte an diesem Abend und regte die Fantasie einiger Besucher an: „Sie meinten, man müsse diesen tollen Saal doch für Konzerte nutzen.“ Sondermeier, selbst begeisterter Pianist, nahm die Anregung auf und begann, eine weitestgehend klassisch orientierte Konzertreihe zu organisieren. Bald schon wurden die Auftritte renommierter Musiker im urigen Seelscheider Tanzsaal zu einer festen Größe im Kulturleben des Rhein-Sieg-Kreises.
Burkard Sondermeier hat viele Anekdoten
Wenn der Gastgeber von jener Zeit des Aufbruchs berichtet, sprudeln die Anekdoten. So hatte sich am Abend vor dem Konzert eines renommierten Streicherquartetts der Boden des Cellos gelöst. Als erfahrener Möbelrestaurateur griff Sondermeier kurzerhand zu Leim und Zwingen und der Auftritt war gerettet: „Erst am nächsten Tag erfuhr ich, dass ich ein seltenes Guarneri-Cello aus dem 18. Jahrhundert repariert hatte“, erzählt er lachend.
Die Kombination aus Antiquitäten und Kultur lockte zahlreiche auswärtige Gäste ins beschauliche Dorf. Argwöhnisch beobachteten die Einheimischen das rege Treiben in und um die ehemalige Dorfschänke. „Wir galten als linke Zelle“, berichtet Sondermeier amüsiert. Da er bei den Konzerten die Gäste begrüßte und auch gelegentlich etwas zu Programm und Musikern sagte, gewöhnte sich Burkard Sondermeier an die Rolle des Moderators. „Das war ja erst einmal Neuland für mich.“
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Unter anderem vermittelte ihm seine Ehefrau Brigitte Sondermeier, als Pfarrerin predigterfahren, das notwendige Rüstzeug. So entstanden zahlreiche Bühnenprogramme, für die Sondermeier akribisch in Archiven und Antiquariaten stöbert. Das mehr aus Verlegenheit entstandene Konzept „Karneval einmal klassisch“ wurde zum jährlich neu erfundenen Dauerbrenner.
Zwar musste die jüngste Ausgabe corona-bedingt im Archiv geparkt werden, untätig ist Burkard Sondermeier aber nicht geblieben. Neben dem neuen Buch entstand die CD „Die Kostprobe“ mit bekannten und unbekannten Texten, ein neues Programm ist ebenfalls bühnenreif.
Zudem haben die Sondermeiers den ehemaligen Schankraum ihres alten Hauses zu einer hellen und freundlichen „Denkwerkstatt“ umgebaut, die auf 100 Quadratmetern Platz für Kunst, Gespräche und Veranstaltungen bietet. Hier will der Vater von drei Söhnen und stolze Großvater möglichst bald wieder durchstarten.
Neuer Raum im Kunsthaus
Renate Bickel stellt als erste Künstlerin in der neuen Denkwerkstatt im Seelscheider Kunsthaus aus. Das Thema Nachhaltigkeit versteht sie als roten Faden, der die 29 ausgestellten Arbeiten verbindet.
In ihrer Kunst denkt die Neunkirchen-Seelscheiderin versiert und originell um die Ecke. So spendiert sie beispielsweise bereits entsorgten Bootsplanken ein zweites Leben, sortiert grobe Holzsplitter zu einer avantgardistischen Skyline und platziert eine große Papiertüte lieber in einer Installation als in der „blauen Tonne“. Metallschrott hat sie kurzerhand mit dem Auto plattgefahren, um eine kreative Nachnutzung zu ermöglichen. Ein Hingucker ist der Schlüpfer, den Renate Bickel auf einer Straße in Bulgarien fand und der hier unschuldig weiß auf seine Betrachter wartet.
Die Ausstellung ist bis Samstag, 10. Juli, in der Denkwerkstatt, Bergstraße 41, in Seelscheid zu besichtigen.