Der Verein finanziert sich über Spenden und sucht meist entlaufene Hunde und Katzen.
Tiersuchhilfe Rhein-Sieg-OberbergDas sind die Ehrenamtler, die Kuh Hilde gefangen haben
Mehr als sechs Wochen hielt die Kuh Hilde die Region Atem: Das rund einjährige Rind war vor dem Schlachttransport geflohen, hatte eine hohe Umzäunung übersprungen und sich Wald bei Much versteckt. Kälte, Schnee und Hunger zum Trotz - Hilde blieb verschwunden. Etliche Passanten begaben sich auf die Suche, doch einfangen konnten sie schließlich die Ehrenamtler der Tiersuchhilfe Rhein-Sieg-Oberberg.
Die wilde Hilde wurde in einem Waldstück bei Much-Herfterath zunächst mit Futter angelockt und schließlich mit einem Betäubungspfeil geschossen, bevor die Tierretter sie in einen Transporter hoben und in ihr vorübergehendes Zuhause bei der Tara Tierhilfe in Lohmar brachten.
Hilde war sicherlich das größte Tier, dass die Tiersuchhilfe Rhein-Sieg-Oberberg bisher fing. Sie hilft in der Regel dabei, entlaufene Hunde und Katzen zu ihren Besitzern zurückzubringen. Doch wer sind die Ehrenamtler, die ihre Freizeit dafür opfern, die Tiere anderer Menschen zu suchen?
Der Verein Tiersuchhilfe Rhein-Sieg-Oberberg wurde in Ruppichteroth gegründet
Vor vier Jahren gründete Jenny Seidt den Verein mit Sitz in Ruppichteroth, in dem auch ihr Mann aktiv ist. Zuvor war die Mutter zweier erwachsener Söhne in anderen Suchorganisationen aktiv, wo sie beispielsweise daran beteiligt war, den 2020 in Eitorf entlaufenen Serval zu fangen. „Ich hatte mich schon immer um vermisste Tiere in Rhein-Sieg und Oberberg gekümmert“, berichtet die 49-Jährige. Da habe es sich angeboten, etwas „Eigenes vor Ort zu machen“. 25 Mitglieder hat ihr Verein inzwischen, 60 Euro beträgt der aktive Monatsbeitrag. Passive Mitglieder bezahlen zwölf Euro im Monat.
Mit dem Geld werden die Anschaffungen finanziert, die wichtig für die Sicherstellung der entlaufenen Tiere sind. Rund 2000 Euro hat zum Beispiel die große Lebendfalle gekostet. Sie ist 2,3 mal einen Meter groß. Mit einer Nahrungsspur werden Tiere hineingelockt. Eine Lichtschranke hinten löst den Schließmechanismus aus. Die Falle wird mit einer Kamera rund um die Uhr überwacht. „Wir wollen nicht, dass die Tiere sich wie in einem Käfig eingesperrt vorkommen“, betont Seidt.
Im Besitz des Vereins befinden sich mehrere Wildkameras, ein Nachtsichtgerät sowie Fallen in unterschiedlichen Größen. „Wir bekommen auch Spenden, sonst könnten wir das alles nicht finanzieren“, sagt Seidt. Der enorme Zeitaufwand, den die Ehrenamtler aufbrächten, komme dazu. „Da kommen schon mal bis zu 24 Stunden bei besonders schwierigen Fällen zusammen“, schildert die Vorsitzende.
Vorsitzende Jenny Seidt: „Unser Hauptanliegen ist es, entlaufene Tiere wieder sicher nach Hause zu bringen“
Ist ein Tier entlaufen, rädt Seidt zunächst zur Ruhe: „Wir empfehlen den Besitzern, noch 24 Stunden am Entlaufort zu warten.“ Meist komme das Tier dann von allein zurück. Besonders bei entlaufenen Hunden sei es wichtig, dass Besitzer und Helfer ruhig blieben. Das Tier bestimme das Tempo, und hektisches Handeln könne die Situation verschlimmern. Die Haustüren sollten offengehalten werden, da viele Tiere eigenständig nach Hause zurückkehrten.
„Die Suche nach entlaufenen Katzen unterscheidet sich von der nach Hunden“, sagt Seidt. Besonders wichtig sei es, dass der Katze jederzeit Zugang zum Haus ermöglicht werde – Tag und Nacht. „Oft kehren Katzen von alleine zurück, wenn sie merken, dass alles ruhig ist.“
Jeder Fall sei einzigartig, betont die 49-Jährige. Ein Hund, der mit Leine entlaufen sei, benötige eine andere Herangehensweise als ein Familienhund, der aus der Haustür renne. „Unser Hauptanliegen ist es, entlaufene Tiere wieder sicher nach Hause zu bringen. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um einen Hund oder eine Katze handelt – wir helfen jedem Tier.“
Der Verein hat auch eine sportliche Mantrailing-Abteilung. Dort lernen Mensch und Hund, wie sie gemeinsam Spuren verfolgen und vermisste Personen oder Tiere finden können. Der Fokus liegt auf Teamarbeit, Vertrauen und dem richtigen Umgang mit der Technik.
Die speziell ausgebildeten Suchhunde der Tierretter kämen aber nicht direkt zum Einsatz, sagt Seidt: Sie könnten das entlaufene Tier erschrecken, das sich vielleicht im Gebüsch versteckt habe. Nach drei Tagen setze jedoch der Instinktmodus ein. Das Tier entferne sich immer weiter mental von seinem Besitzer. Dann seien die Futterstellen wichtig, um wieder Vertrauen aufzubauen. Ruhe, Geduld und eine gut durchdachte Strategie seien bei solchen Fällen entscheidend.
Der schnelle Einsatz von Suchhunden ist bei entlaufenen Tieren nicht immer sinnvoll
„Meist ist der Einsatz von Hunden gar nicht nötig“, sagt Seidt. Oft bemerkten Spaziergänger die entlaufenen Tiere und meldeten ihre Beobachtungen. Suchplakate seien wichtig. „Wir bitten die Menschen auch durch Postings in den sozialen Medien um Mithilfe.“ So war es zum Beispiel bei der Kuh Hilde, die Sichtungen des Tieres konnten so mitgeteilt werden.
Bleibt ein entlaufenes Tier aber verschwunden, kommen die Suchhunde. Ihnen reichen Haare, eine Schlafdecke oder ein Häufchen als Geruchsträger, um so die Spur aufzunehmen. „Unsere Helfer auf vier Beinen sind wichtig“, berichtet die Vorsitzende. Die ausgebildeten Suchhunde fänden mit ihrer feinen Nase heraus, in welchem Radius sich ein entlaufenes Tier bewege. Mit einer Futterstelle könne der Ausreißer dann an den Platz gewöhnt werden, und so Kontakt aufgenommen werden.
Jeder Fall eines entlaufenen Tieres ist einzigartig und braucht eine spezielle Herangehensweise
Fünf Hunde, Kuh Hilde, eine Ziege sowie eine Katze sind seit Jahresbeginn dank der Tierretter wieder zu ihren Besitzern zurückgekommen. „Oft reichen auch Tipps am Telefon“, sagt Seidt. Tiere liefen nicht in die Ferne. Meist hielten sie sich in der Nähe des Ortes auf, wo sie zuletzt mit ihrem Besitzer gewesen seien.
Der Verein arbeitet ehrenamtlich, und nicht immer gebe es eine Spende, wenn ein Tier erfolgreich zurückgebracht worden sei, berichtet Seidt: „Die Menschen müssen selber entscheiden, was ihnen unsere Arbeit wert ist.“ Ein Hundebesitzer überweist dem Verein zum Beispiel jährlich eine dreistellige Summe zu Weihnachtszeit, „weil er möchte, dass es uns weiter gibt“. Die Tierschützer sind schnell zur Stelle und helfen unkompliziert. Spenden von Firmen gibt es immer seltener. „In diesem Jahr keinen einzigen Cent.“ Das entmutigt die Tiersuchhelfer allerdings nicht: „Wir machen auf jeden Fall weiter.“