Die ursprünglich geplante Steuererhöhung auf 1550 Prozent tritt nicht in Kraft – die Politiker der Kommune fordern einen radikalen Sparkurs.
Politik im ZwistGrundsteuererhöhung kommt nicht – Ruppichteroths Bürgermeister rudert zurück
Einen Grundsteuerhebesatz von 1550 Prozent wie im Entwurf für den Haushalt 2023/24 angekündigt, wird es nicht geben. Da sind sich die fünf Ratsfraktionen und Bürgermeister Mario Loskill einig. Der Rathauschef räumt Fehler ein: „Mir war von Anfang an klar, dass wir das so nicht beschließen können, weil die Menschen es nicht bezahlen können“, sagte er am Montag dieser Zeitung. Er habe mit dem Entwurf ein deutliches Signal nach Düsseldorf und Berlin senden wollen, „dass es so nicht weitergehen kann“. Am heutigen Dienstag berät der Hauptausschuss ab 18 Uhr in der Winterscheider Turnhalle.
Von zerstörtem Vertrauen in den Bürgermeister sprach die CDU schon vor Wochen. „Alle Fraktionen fühlten sich vor den Kopf gestoßen“, unterstrich der stellvertretende Fraktionschef Martin Groeger am Wochenende. Dass kein Plan B vorgestellt worden sei, habe die Menschen „massiv verunsichert.“
Dass Loskill nur Stunden vor einem interfraktionellen Gespräch vergangene Woche – „wieder ohne Absprache“ – den Vorschlag machte, die Grundsteuer von 570 auf nunmehr 745 Punkte zu erhöhen, „wirkt auf uns wieder ohne Konzept, wie ausgewürfelt“, beschwert sich Groeger. Die Union stellt 16 der 30 Ratsmitglieder. Loskill hält die 31. Stimme.
Kommunalpolitik sucht nach Schuldigen für das Debakel
Friedhelm Kaiser, finanzpolitischer Sprecher der SPD, will auf alle unnötigen Ausgaben verzichten. Dazu gehöre auch, dass der Rat auf die Mindestgröße von 26 schrumpfe. Aktuell sieht er vor allem Kommunikationsprobleme. „Wir sollten die Kirche im Dorf lassen“, schlägt er vor und wundert sich, dass sich CDU und Bürgermeister auf der Suche nach Schuldigen gegenseitig beharken.
Alle Ausgaben streichen, die nicht der Gefahrenabwehr dienen – das möchte der Fraktionschef der FDP, Alexander Herking. Keine Schönheitsreparaturen, kein Anbau ans Schwimmbad nennt er als Beispiele, „wohl wissend, dass das nicht reichen wird“.
Für Hans-Ralf Voigt von der BSG stehen die Schuldigen für das Finanzdesaster der kleinsten Kommune im Kreis fest: Bund, Land, Kreis, Landschaftsverband Rheinland an erster Stelle, danach die Mehrheitsfraktion CDU mit dem gesamten bisherigen Rat, schließlich Bürgermeister und Verwaltung, am Ende die Bürger, die sich nicht genug für Politik interessieren. Er habe noch aus der SPD-Fraktion seit Jahren darauf hingewiesen.
Verhältnis zwischen Verwaltung und Fraktionen in Ruppichteroth „hochgradig gestört“
„Es kann nur gemeinsam gehen,“ schlägt Ruth Kühn von den Grünen versöhnliche Töne an. Das Verhältnis zwischen Fraktionen und Verwaltung sei hochgradig gestört und müsse neu aufgebaut werden. Jetzt gelte es, alles noch einmal infrage zu stellen, und zu sehen „was benötigen wir, um als Kommune überleben zu können?“
Er habe schon im Dezember darauf hingewiesen, was kommen könne, so Bürgermeister Loskill. Auch sein 745-Punkte-Vorschlag sei einen Tag vorher kommuniziert worden. „Aber ich hätte besser früher klar gesagt, wie der Entwurf des Haushalts zu verstehen ist. Dafür entschuldige ich mich.“ Jetzt wolle er gemeinsam mit den Fraktionen beraten, wie es weitergehe. Von Bund und Land fordert er dringend finanzielle Entlastung.