Bald sind in Ruppichteroth eine Container-Anlage und ein früheres Fitness-Studio bezugsfertig. Dort kann die Gemeinde 69 Geflüchtete einquartieren.
Zwei neue UnterkünfteSo bringt die Gemeinde Ruppichteroth Geflüchtete unter
Das Interesse an dem Informationsabend zur Unterbringung von Geflüchteten am Dienstag in der Ruppichterother Sekundarschule war groß. Die Einladung dazu aber überfällig, wie einer der fast 70 Besucher mit spürbarer Wut kritisierte.
Er empfinde es als „bodenlose Unverschämtheit“, dass die Gemeinde erst jetzt die Bürger informiere, sagte der Mann – ein halbes Jahr nach dem Ratsbeschluss zur Errichtung einer Gemeinschaftsunterkunft neben dem Bröltalbad.
Notunterkunft in einem früheren Fitness-Studio in Ruppichteroth
Dort stehen inzwischen Wohncontainer, die Platz für 36 Menschen bieten mit jeweils zwei Betten, Schrank, Tisch, Stuhl und Kühlschrank pro Einheit. Für Familien gibt es Container mit Verbindungstür.
Fortgeschritten ist die Gemeindeveraltung auch bei der Ausstattung eines früheren Fitness-Studios im Brötal-Center zu einer weiteren Notunterkunft für 33 Geflüchtete. „Die Sauna und die alte Küche wurden entfernt“, berichtete Michael Brettholle, neue Toiletten geschaffen, Stockbetten, Waschmaschinen und Wäschetrockner aufgestellt. In der zweiten oder dritten Oktoberwoche seien die Räume bezugsfertig.
Der Eigentümer hatte das ehemalige Fitness-Center der Kommune zur Miete angeboten. Im Rathaus griff man gern zu, denn wie Bürgermeister Mario Loskill ausführte, ist die Gemeinde verpflichtet, zugewiesene Geflüchtete aufzunehmen und der Wohnungsmarkt in Ruppichteroth leergefegt. Bei Neubauten verhalte es sich oft so, dass die Wohnungen schon vergeben seien, ehe das Haus fertig sei.
Loskill nannte Zahlen: In 18 Gebäuden oder Wohnungen, die zur Hälfte gemietet sind, hat die Gemeinde derzeit 204 Personen untergebracht, darunter 19 Obdachlose. 185 sind Asylbewerber beziehungsweise geduldete Personen (60) mit abgelehntem Asylantrag. Damit liegt die sogenannte Erfüllungsquote aktuell bei 94,83 Prozent, was bedeutet, dass Ruppichteroth noch elf Geflüchtete aufnehmen muss.
Bei den Geflüchteten, deren Asylverfahren mit Anerkennung abgeschlossen ist, beträgt die Erfüllungsquote nur 51,81 Prozent. Hier sind es 75 Menschen, die noch nach Ruppichteroth kommen könnten. „Wir wissen nicht, ob, wann und wie viele kommen“, sagte Loskill. Die Zuweisung erfolge stets kurzfristig über die Bezirksregierung Arnsberg. Auch gebe es keine Obergrenze, die Zahl der Aufzunehmenden könne sich alle zwei Wochen ändern.
Ruppichterother Bürger sorgen sich wegen Sicherheit und Kosten
Aus den Reihen der Besucher wurde die Sorge geäußert, dass die Kosten auf die Bürger durchschlagen könnten (Stichwort Grundsteuer B-Erhöhung), weil die Gemeinde bekanntermaßen in Finanznot sei. Bürgermeister Loskill räumte ein, dass die Ausgaben für die Unterbringungen in Nordrhein-Westfalen bislang noch nie zu 100 Prozent von Land und Bund gedeckt worden seien. „Dagegen wettere ich immer.“
Ein Vater, der mit seiner Familie unweit der künftigen Notunterkunft an der Eitorfer Straße wohnt, sprach ein anderes Thema an. „Meine Kinder haben Angst, da vorbeizugehen. Was tun Sie für die Sicherheit?“ Loskill kündigte an, dass für beide neuen Unterkünfte ein Sicherheitsdienst engagiert werde, „dem übertragen wir unser Hausrecht“.
Für die sozialpädagogische Betreuung der Geflüchteten arbeitet die Gemeinde mit dem Internationalen Bund für Bildung und Soziale Dienste zusammen. Der hat laut Koordinator Frank Halberstadt in Ruppichteroth eine Frau, die auch Russisch spricht, und einen Erzieher in Teilzeit (elf beziehungsweise 28 Wochenstunden) im Einsatz. „Die nehmen die Menschen an die Hand, damit sie sich zurechtfinden.“
Diese beiden Profis müsse man unterstützen, sagte Klaus Schramm, der für den 2016 in Ruppichteroth gegründeten Arbeitskreis Flüchtlingshilfe sprach. „Es kommen mehr Flüchtlinge, aber keinen neuen Helfer“, stellte Schramm fest. Die Ehrenamtler versuchten das Leid zum Beispiel in der Kleiderstube aufzufangen, gäben geprüfte und auf Vordermann gebrachte Fahrräder weiter.
An die Grenzen stoße man bei den begehrten Sprachkursen. Von ehemals fünf Kursen könne der Arbeitskreis noch drei halten. „Da sind wir überlastet“, so Schramm, es fehle nicht an Räumlichkeiten, aber an Geld und Lehrern.
Im November wird die Turnhalle in Schönenberg frei für die Schule
Eine gute Nachricht hatte Mario Loskill für die Schülerinnen und Schüler in Schönenberg. Ihnen stehe voraussichtlich ab Mitte November die Turnhalle wieder zur Verfügung, in der seit Juni 2022 Geflüchtete – zurzeit noch 25 – wohnten. Nach Fertigstellung der zwei neuen Unterkünfte habe die Gemeinde einen Puffer von 30 Plätzen für Neuzuweisungen, rechnete der Bürgermeister aus.