Biologische Station des KreisesBarbara Bouillon kämpf um alte Apfelsorten
- Die Biologin Barbara Bouillon kämpft als eine der wenigen Expertinnen in Deutschland für den Erhalt alter Apfelsorten.
- Manchmal findet sie nur noch wenige Bäume einer aussterbenden Sorte.
- Auf die kommerzieller Apfelzüchter ist Bouillon nicht gut zu sprechen.
Rhein-Sieg-Kreis – Der ganze Raum duftet. In der Biologischen Station im Rhein-Sieg-Kreis in Eitorf hat Barbara Bouillon kleine Körbe mit Äpfeln und Birnen aufgestellt – 205 Sorten sind es insgesamt. Zwischen den Körben sitzen die 15 Teilnehmer von Bouillons „Baumwart-Kurs“.
„Das ist der Namedyer Gold“, sagt die Biologin und zeigt auf einen der Körbe. Der gelbe Apfel ist in der Region fast ausgestorben. „Es gibt nur noch drei Bäume, und die stehen alle auf einer Wiese.“
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Die Sortenvielfalt des Apfels ist bedroht. Immer mehr lokale Sorten gehen im Rhein-Sieg-Kreis verloren. In Eitorf kämpft Barbara Bouillon als eine der wenigen Apfelexpertinnen Deutschlands gegen den Verlust.
Die Biologin hat eine Mission: Sie rettet bedrohte Apfel-Sorten. Deshalb lernen die Teilnehmer, wie sie mehr Vielfalt auf ihre Streuobstwiesen bringen. Die Apfelexpertin erklärt, wie man Bäume beschneidet und Obstsorten bestimmt.
15 Jahre bis der Baum Früchte trägt
Die angehenden Baumwarte stellen Fragen, Bouillon hat immer eine Antwort und einen praktischen Tipp parat. „Je nach Sorte dauert es schon mal 15 Jahre, bis der Baum Früchte trägt“, sagt sie. „Das sind dann Sorten, die ich keinem 65-Jährigen empfehlen würde.“ Die Teilnehmer lachen.
Im Jahr 1992 hat die Biologin ihr Studium in Bonn abgeschlossen. Schon an der Universität entdeckte sie ihre Leidenschaft für Obst und erfuhr, was sie heute so beschäftigt: Dass viele alte Sorten vom Aussterben bedroht sind.
Aus Früchten wird Saft
Die Biologische Station im Rhein-Sieg-Kreis nimmt ungespritzte und ungewachste Äpfel von Streuobstwiesen aus dem Rhein-Sieg-Kreis zur Produktion von Apfelsaft entgegen. Die Äpfel müssen in Säcken, Kisten oder ähnlichen Behältnissen angeliefert werden, lose Ware wird nicht angenommen.
Für 100 Kilogramm Äpfel gibt es zehn Liter Saft. Bargeld kann nur in Ausnahmefällen nach Anmeldung ausgegeben werden. Pfand wird berechnet. Die leeren Kästen können in allen Märkten gegen Pfanderstattung abgeben werden.
Weitere Abgabeorte sind:ZF Friedrichshafen AG, Eitorf, Bogestraße 50, Samstag, 5. Oktober, 15 bis 18 Uhr; Sonntag, 6. Oktober, 10 bis 16 Uhr.
Baustoffe Klein, Oberpleis,In der Brückenwiese 11-13,Samstag, 5. Oktober, 15 bis 18 Uhr; Sonntag, 6. Oktober, 10 bis 16 Uhr.
Informationen unter 02243/847906. Sämtliche Einnahmen aus dem Saftverkauf werden von der gemeinnützigen Biologischen Station satzungsgemäß in Naturschutzaufgaben eingebracht. (EB)
Vor rund 15 Jahren zog sie zurück in ihre alte Heimat, den Rhein-Sieg-Kreis. Sie ist bei der Biologischen Station des Kreises angestellt, ist stellvertretende Geschäftsführerin. Viel Zeit für ein Hobby bleibe da nicht, sagt sie. In ihrer Freizeit gärtnert sie gern.
Ihr eigentlicher Job, der sie auch am Abend und an manchem Wochenende beschäftigt: Seminare geben, Landwirte beraten. Und Detektiv-Arbeit: Unter anderem bestimmt sie alte und regionale Obstsorten. Die Namen vieler uralter Apfel- oder Birnensorten sind verloren gegangen, es gibt nur noch wenige oder überhaupt keine Bäume mehr.
So wie beim Neukirchener Streifling, dem Bouillon erst einmal einen Arbeitstitel gegeben hat. Wie der rot gestreifte Apfel wirklich heißt, weiß sie noch nicht. Sie schaut sich die Form der Frucht an, kostet ein Stück, um herauszufinden, ob es sich um eine eigene Sorte handelt.
Dann spricht sie mit alten Menschen, die die Sorte vielleicht noch von früher kennen. Sie sucht in Zeitungsarchiven und durchforstet alte Bestandslisten von Baumschulen.
Nur wenige Apfelexperten in Deutschland
Schließlich tauscht sie sich mit ihren Kollegen beim Pomologen-Verein aus, dem Verein für Obstbaumkunde. Nur rund 20 weitere Apfelexperten in Deutschland arbeiteten so intensiv an dem Thema wie sie, schätzt Bouillon.
Die 52-jährige interessiert sich für jede Art von Obst, das ist zu spüren, wenn sie über das Thema spricht. „Dass das Ganze auch noch schmeckt, ist ein schöner Nebeneffekt“, sagt Bouillon. Sie backt gern Apfel-Pfannkuchen oder kocht Birnen mit Bohnen und Lammfleisch.
Welche Sorte in den Topf kommt, hängt für sie von der Erntezeit ab. Auch in ihrem Baumwart-Kurs gehen immer wieder Körbchen herum, die Teilnehmer schneiden sich kleine Stücke Apfel oder Birne ab und probieren.
„Hier lerne ich, was ich hätte anders machen müssen“, sagt Ina Malissa und lacht. Die Kursteilnehmerin besitzt eine drei Hektar große Streuobst-Wiese in Neunkirchen-Seelscheid und will lernen, was sie dort pflanzen kann.
Kursleiterin Bouillon, sagt Malissa, habe ein unglaubliches Wissen, sei nicht abgehoben und erkläre alles sehr praktisch. Landwirte, erklärt die Biologin, bauten nur einen kleinen Teil der Apfelsorten an, entsprechend begrenzt sei das Sortiment im Supermarkt.
Kritik an Züchtern
Bei dem Thema wird sie richtig ärgerlich: „Ich muss mich über moderne Obstsorten auslassen“, beschwert sich die Apfelexpertin bei ihren Zuhörern. „Es gibt genügend alte Sorten, aber die Züchter nutzen sie nicht.“ Bouillon zeigt eine Liste mit häufigen Apfel-Krankheiten.
Würden die Züchter alte Sorten kreuzen, bliebe nicht nur die Sortenvielfalt erhalten, sondern die Äpfel wären auch resistenter. Leider bringe sie die Züchter nur langsam auf ihre Seite, sagt Bouillon. Für viele Sorten kommt die Einsicht zu spät: „Was verloren ist, ist verloren.“