Im Juni erschien Max Kugels Buch über sein Handwerk. Der Bonner Bäcker nutzt für seine Waren ausschließlich Biozutaten.
„Einem Teig muss man zuhören“Bäcker aus Bonn will die Tradition des Handwerks vermitteln
Wenn Max Kugel über das Backen spricht, dann ist direkt zu hören, wie viel Herzblut und Leidenschaft er in seine Arbeit steckt. Brot ist für ihn nicht nur sein Beruf, sondern Tradition, Handwerk. Als Bäcker ist es ihm wichtig, das zu vermitteln. Das will er auch mit seinem Buch „Wie ich auszog, um mein Handwerk zu retten“, erreichen, das am Montag, 19. Juni, erschienen ist.
Doch wer aufgrund des Buchtitels vermutet, dass sich der 32-jährige Bäcker aus Bonn auf einer Mission zur Rettung des gesamten Bäckerhandwerks befindet, liegt auch nicht ganz richtig.
„Ich kann natürlich nicht das gesamte Bäckerhandwerk retten“, sagt Max Kugel im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Aber das sei auch gar nicht seine Absicht. „Im Buch geht es um mein Handwerk, wie ich es für richtig halte. Es ging darum, auf meinem Weg, den Spaß an dem Handwerk für mich wiederzugewinnen, damit ich es für mich nicht verliere.“
Angefangen hat alles vor 32 Jahren. Da ist Max Kugel in Koblenz zur Welt gekommen. Er wuchs in einem Familienbetrieb in Lahnstein auf. Der Lebensweg sei wohl unweigerlich vorgeprägt, wenn man in eine Familie geboren wird, die heute in der vierten Generation im Bäckerhandwerk arbeitet, so beschreibt er es zu Beginn seines Buches. Max Kugel erzählt in seiner Geschichte vor allem von seinem Weg als Bäcker, von seiner Entwicklung und seinen Erfahrungen, die er gemacht hat und die ihn alle bis dorthin gebracht haben, wo er heute ist.
Für Bäcker Max Kugel muss ein Brot komplex sein und in Erinnerung bleiben
Seit 2017 betreibt Max Kugel seine eigene Bäckerei in Bonn. Und ganz wichtig: er backt dort nur Brot, nichts sonst – und nur mit natürlichen Zutaten ohne Zusätze. Es gibt keine Brötchen, kein Gebäck, keine Croissants. Ausschließlich Brot, zehn verschiedene Sorten, um genau zu sein. Wobei das zehnte Brot täglich und saisonal wechselt.
„Ich wollte bei unseren Broten eine gewisse Breite abdecken“, erzählt Kugel über sein Sortiment. „Deshalb ist von jeder Getreidesorte etwas dabei.“ Es gibt Weizenbrote, Roggenvollkornbrote, Dinkelbrote, Brot mit Koriander, Kümmel, Fenchel und Anis, Brote, die mit Sauerteig gelockert sind und welche ohne Sauerteig. „Man will ja nicht immer eine Säure-Note vom Sauerteig im Brot haben.“
Dem Bäcker ist wichtig, dass jedes seiner Brote für sich stehen kann. „Wir tüfteln immer daran, unsere Brote noch besser zu machen.“ Was für Max Kugel ein gutes Brot ausmacht? „Es ist komplex und bleibt in Erinnerung.“ Ein Brot müsse kräftig gebacken sein. Es brauche eine schöne, kräftige Farbe. „Denn die Röstaromen in der Kruste sorgen dafür, dass das Brot auch noch nach ein paar Tagen gut schmeckt. Das gepaart mit einer saftigen Krume und dem Geschmack, das macht ein gutes Brot aus.“ Die Komplexität sei es, die dem Menschen, der das Brot isst, Freude bereiten soll.
Schon mit sieben Jahren halt Max Kugel im Familienbetrieb mit
Der Weg zu dem Brot, so wie er es backen wollte, führte Max Kugel auf viele Pfade. Im Familienbetrieb hat er schon mit sieben Jahren angefangen zu helfen. „Ich bin samstags um sieben Uhr aufgestanden und habe in der Backstube die Spülmaschine eingeräumt. Dafür habe ich 10 D-Mark bekommen.“
Eigentlich wollte Max Kugel jedoch gar nicht Bäcker, sondern Koch werden. Viel spannender als die Familienbäckerei fand er das Hotel der Verwandtschaft im Schwarzwald, wo er jeden Sommer drei Wochen verbrachte. Die Küche faszinierte ihn. Als er mit 15 Jahren die Schule abgeschlossen hatte, war er allerdings noch zu jung, um bis in die Nacht zu arbeiten. Daher machte er zwei Jahre lang beim Vater eine Ausbildung zum Bäcker in der Familienbäckerei, eigentlich als Übergangslösung.
„Ich habe das gemacht und gleich noch eine Konditorlehre dran gehängt“, sagt Kugel. „Es hat mich doch gepackt.“ Er habe daraufhin viel kennengelernt, hatte verschiedene Chefs, und habe viel Neues gesehen. „Ich habe so für mich entdecken können, was Backen für mich eigentlich bedeutet und ich habe dadurch meine eigene Philosophie entwickelt.“
Wichtig war ihm, dass seine eigene Bäckerei nicht zu groß ist. Heute hat er 13 Angestellte und arbeitet auf 90 Quadratmeter mit Backstube und Verkaufsfläche. „Das ist wirklich sehr klein“. Doch der rein kapitalistisch gepriesene Wachstum eines Unternehmens konnte Max Kugel in seinem Handwerk nicht antreiben. Er wollte natürliches Brot backen, mit Biorohstoffen, so wie er es auch in München und Zürich schon gelernt hatte. In der Industrie werde seiner Meinung nach zu oft mit Zusatzmitteln gearbeitet.
Das Problem mit solchen Zusatzmitteln wie reinem Gluten oder chemischen Triebmitteln sei, dass sie kompensieren. Sie hielten Gebäck länger frisch, beschleunigten den Reifeprozess des Teigs oder machten Gebäck besonders luftig und voluminös. „Das würdest du aber so auf natürlichem Weg nicht hinbekommen“, betont Kugel.
„Bei Zusätzen ist es egal, ob der Teig 24 oder 26 Grad hat, oder mal 15 Minuten länger liegt. Der kann dann trotzdem noch verarbeitet und verkauft werden.“ Bei natürlicher Produktion machten solch kleine Temperaturunterschiede oder Ruhe-Unterschiede allerdings sehr viel aus. „Einen Teig muss man beobachten, man muss ihm zuhören“, sagt Max Kugel. „Gerade in den letzten Minuten. Muss da noch ein Schluck Wasser rein? Ist er überknetet und verliert das Volumen?“ Das ist das, was er als sein Handwerk betrachte.
Die gute Qualität im Bäckerhandwerk will Max Kugel weitergeben
Wenn Konsumenten im Supermarkt ein Rosinenbrot oder Brioche kauften, dann lag das dort in der Regel schon eine Weile im Regal. Und zu Hause bleibt es weiter haltbar und frisch. „Das kann eigentlich nicht sein“, sagt der Bäcker. Das zeige seiner Ansicht nach, dass die Zusatzmittel, die verwendet würden, auch nach dem Backen noch nachwirkten. „Die Industrie sagt aber, die Zusatzstoffe haben keine Wirkung mehr, denn sie seien durch die Hitze zerstört worden, deshalb müssen sie in den Zutaten nicht extra aufgelistet werden. Das ist in meinen Augen Täuschung.“
Das habe er in seiner Bäckerei anders machen wollen und arbeitet deshalb ausschließlich mit biologischen Rohstoffen und ohne Zusätze jeglicher Art. „Es ist mir ein Anliegen, das zu vermitteln. Ich habe sehr viel Ehrgeiz und bin manchmal mit einem Brot überhaupt nicht zufrieden, obwohl wo meine Leute in der Backstube sagen, »das ist doch ein gutes Brot.« Aber ich will dann weiter daran feilen. Es ist mir wichtig, diese Qualität aufrechtzuerhalten und das auch weiterzugeben.“
Ob er aufgeregt sei, dass sein Buch bald erscheine? Nicht wirklich. „Mit dem Buch ist es wie mit dem Brot. Ich kann mein Bestes geben, aber wenn es Ihren Geschmack nicht trifft, kann ich nichts machen. Es wird sich also zeigen.“
Das Buch „Wie ich auszog, um mein Handwerk zu retten“ von Max Kugel ist am Montag, 19. Juni, 2023 im Westend-Verlag erschienen, 240 Seiten, 24 Euro, eBook 16,99 Euro.