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„Hier kippen Menschen um“Bonner U-Bahn steckt in Tunnel fest – Fahrgäste berichten in Videos von Panik

Lesezeit 5 Minuten
Eine U-Bahn fotografiert beim Ein- oder Ausfahren mit viel Bewegungsunschärfe.

Eine U-Bahn (Symbolfoto) steckte in Bonn in einem Tunnel nahe des Hauptbahnhofs fest.

In einem Video berichten Fahrgäste über die Situation in der Bonner U-Bahn. Auf Tiktok erhalten sie viel Zuspruch – allerdings auch Kritik.

In einem Tunnel nahe dem Bonner Hauptbahnhof ist am Montag (30. Oktober) eine Stadtbahn der Linie 18 stehengeblieben. Auf Tiktok schlagen jetzt Videos von zwei Fahrgästen hohe Wellen.

In den Videos berichten eine Frau und ein Mann von Panik. Sie erheben auch Vorwürfe gegen die SWB. In den Kommentaren wird jedoch auch viel Kritik gegen die Urheber der Videos selbst laut.

Bonner U-Bahn bleibt in Tunnel stehen – 45 Fahrgäste an Bord

Wie die SWB auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“ berichtet, ist es an dem Montag gegen 12.45 Uhr zu der Störung gekommen. Ursache war demnach ein Fahrschulzug, der vor der Stadtbahn-Linie 18 fuhr.

Zwischen den Haltestellen Bonn-West und Bonner Hauptbahnhof wurde festgestellt, dass ein Stück der Oberleitung auf dem Fahrschulfahrzeug lag, so eine SWB-Sprecherin. Eine hochgefährliche Situation, weswegen der Strom sofort abgestellt wurde.

Die Folge des Zwischenfalls war dann, dass die Stadtbahn der Linie 18, die hinter dem Fahrschulfahrzeug fuhr, auch zum Stehen kam. Mit rund 45 Fahrgästen an Bord.

Tiktok-Video aus Bonner U-Bahn: Fahrgäste geraten zunehmend in Panik

Über eine Stunde saßen die Fahrgäste in der Bahn im Tunnel fest. Da die Leitstelle aufgrund des Oberleitungsschadens den Strom abgestellt hatte, fiel die Belüftungsanlage aus. Das Licht wurde unterdessen über eine Batterie gespeist, sodass die Menschen zumindest nicht im Dunkeln saßen.

Dennoch eine beängstigende Situation. In einem Wagen der Linie 18 kam es zu panikartigen Reaktionen. So zumindest legen es Videoaufnahmen aus der Bahn nahe, welche zwei der Fahrgäste auf Tiktok gepostet haben.

Fahrgäste schimpfen gegen SWB: „Macht die Türen auf!“

„Macht die Türen auf!“, hört man den Mann und die Frau in dem Video mehrmals rufen. „Hier hat eine Frau eine Panikattacke! Die kippt uns hier um!“ Zudem hört man Personen gegen die Türen der U-Bahn klopfen.

Dem Video zufolge steckten die Fahrgäste zu diesem Zeitpunkt bereits seit einer Stunde in dem Tunnel fest. Hier sind die Szenen auf Tiktok zu sehen:

Eine SWB-Sprecherin bestätigte gegenüber dem „Kölner Stadt-Anzeiger“, dass „zwei Menschen in der Bahn kollabiert“ sind. „Dies bedauern wir natürlich sehr“, so die Sprecherin weiter.

In dem Video ist die Person auf dem Boden der Bonner Stadtbahn nicht zu erkennen, da die Aufnahmen ausschließlich in der Selfie-Perspektive gedreht wurden. Jedoch kümmern sich der Mann und die Frau um sie und reichen ihr Wasser. Darüber hinaus ist zu hören, wie die Person schwer atmet und wimmernde Geräusche von sich gibt.

Über das Handy alarmieren die Fahrgäste den Rettungsdienst. Außerdem telefonieren sie mit einer Frau, die sich nicht in der Bahn befinden. Vermutlich handelte es sich um eine Bekannte.

Fahrgäste kümmern sich kollabierte Frau in Bonner U-Bahn

Auch andere Fahrgäste kümmern sich um die Frau am Boden, reden beruhigend auf sie ein. Die Urheberin des Videos, welche das Handy inzwischen von ihrem Bekannten übernommen hat, scheint jedoch zunehmend in Panik zu geraten.

„Ich flippe hier gleich komplett aus“, ruft sie etwa in die Kamera. Sorge bereitet ihr offenbar auch die Luftverhältnisse in der Bahn. „Kann doch nicht sein. Hier ist es auch warm drin, wir kriegen hier keine Luft!“

Wiederholt beschwert sich auch sie darüber, dass die Türen nicht aufgemacht werden. Ein anderer Fahrgast in der Bahn gibt jedoch zu bedenken, dass der Fahrer die Türen nicht öffnen darf.

Fahrgäste öffnen eigenmächtig die Türen der Stadtbahn

Nach 70 Minuten entschließt sich die Urheberin des Videos dann, die Türen gemeinsam mit anderen Fahrgästen eigenmächtig zu öffnen. Aus der geöffneten Tür ruft die verängstigte Frau hinaus: „Uns kippen hier die Menschen um, mein Gott! Kapiert Ihr noch was?!“

Als jemand vom Personal, vermutlich der Fahrer, die Frau informiert, dass Rettungskräfte unterwegs seien, gerät sie zunehmend in Rage, beschwert sich, dass dies nicht schnell genug gehe, man habe „zwei bewusstlose Menschen“ in dem Abteil liegen. „Was ist das für ein Versagen hier!“

Kurz darauf, gegen 14 Uhr, konnten die Fahrgäste dann aus der Bahn befreit werden. Die beiden Personen, die in der Bahn kollabiert waren, wurden vom Rettungsdienst betreut. Sie hätten die Bahn aber eigenständig verlassen können, so die Sprecherin der SWB.

Hitzige Diskussion auf Tiktok zu Video aus Bonner U-Bahn

Auf Tiktok schlagen die Videos unterdessen weiter hohe Wellen. Viele finden, die Frau in dem Video habe genau richtig gehandelt. Es werde in solchen Situation viel zu selten geholfen. „So etwas wünsche ich keinem. Du hast alles richtig gemacht“, kommentiert ein User etwa.

An den beiden Fahrgästen, die das Video gefilmt haben, wird jedoch auch viel Kritik laut. Die Verantwortlichen hätten die Fahrgäste nicht einfach herauslassen dürfen, gibt eine Userin etwa zu Bedenken. Auch ein anderer User schreibt, dass die Türen überhaupt nicht geöffnet werden dürfen. „Erst recht nicht im Tunnel!“

Zudem hätten auch die Fahrgäste beruhigend auf die Personen mit einer Panik-Attacke einwirken müssen, so ein anderer Vorwurf gegen die Urheber des Videos. „Von solchen Leuten möchte ich nicht geholfen werden“, erklärt eine Tiktok-Nutzerin in den Kommentaren. „Schreien rum, Handy läuft mit. Was ist das für eine Welt geworden?“

Das sagt die SWB zu dem Vorfall im Tunnel

Auch die SWB erklärt, dass der Fahrer der Stadtbahn und die Verantwortlichen nicht anders hätten handeln können. Bevor Rettungskräfte und Techniker zur Bahn gelangen können, müsse sichergestellt sein, dass kein Strom mehr auf der Strecke sei.

„Die Oberleitung des Stadtbahnnetzes steht unter einer Spannung von 750 bis 1000 Volt Gleichstrom“, so Silke Elbern von den Bonner Stadtwerken gegenüber dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. „Schon ab etwa 120 Volt wird es für den Menschen lebensgefährlich.“

Auch der Bahnfahrer habe sich nicht in Gefahr bringen dürfen und die Bahn aus diesem Grunde richtigerweise nicht verlassen. Allerdings habe der Bahnfahrer die Fahrgäste über die Sprechanlage über die Situation informiert.

Dies bestätigen auch andere Fahrgäste. Eine Politikerin aus dem Bornheimer Stadtrat, die sich zum Zeitpunkt des Vorfalls ebenfalls in einem der Wagen befand, erklärt, dass es in ihrem Waggon zu keiner Panik gekommen wäre, da sich alle ruhig verhalten und keine Selfie-Videos gedreht hätten.