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Auftakt des StraßenkarnevalsIn Bonn-Beuel wurde vor 200 Jahren die Weiberfastnacht erfunden

Lesezeit 4 Minuten
Der Platz vor dem Beueler Rathaus heißt jetzt „Möhneplatz“.

Der Platz vor dem Beueler Rathaus heißt jetzt „Möhneplatz“.

1824 gründete sich das erste Beueler Damenkomitee und legte damit den Grundstein für die im Rheinland so beliebte Weiberfastnacht.

Weiberfastnacht ist nicht nur der Start in den Straßenkarneval. Nein, dahinter steckt auch revolutionäre Tradition – und die hat ihren Ursprung in Bonn-Beuel. Denn genau vor 200 Jahren gründete sich dort das erste Damenkomitee. Und das als Protest gegen die Dominanz der Männer sowie unzumutbare körperliche und seelische Belastungen, die ihnen als Wäscherinnen und Bleicherinnen aufgebürdet wurden. Die Beueler Rheinauen waren zu der Zeit nämlich bekannt für ihre Wäschereien.

Doch wieso an Karneval? Da heißt es, dass die Männer auch an Karneval die saubere Wäsche nach Köln ausgefahren haben – dann aber dort blieben, um das verdiente Geld zu verprassen. Ein Jahr später legten die „Waschweiber“ am „Kühndonnerstag“ ihre Arbeit nieder und rebellierten dagegen. Sie kamen als Komitee zu einer Art Kaffeeklatsch, der „Klaaf“, zusammen und richteten – auch mit lustigen Reimen und Liedern – über ihre Männer und deren Verstöße.

Aus Brauchtum in Beuel entsteht Weiberfastnacht

Dieses Brauchtum wiederholten sie nun jährlich wiederkehrend und es entstand die Weiberfastnacht. Der im Rheinland beliebte Donnerstag vor Rosenmontag ist also eine Erfindung der Wäscherinnen aus Beuel.

Seit 1958 wird zudem jedes Jahr eine Wäscherprinzessin als Repräsentantin aus den eigenen Reihen gekürt – natürlich ohne Prinzen. Gemeinsam mit der Obermöhn, der Präsidentin des Damenkomitees, und anderen kampferprobten Damen zieht die Prinzessin an Weiberfastnacht zum Sturm auf das Beueler Rathaus. Das wird vom Bonner Stadtoberhaupt, dem Bezirksbürgermeister, der Bezirksbürgermeisterin – erfolglos – verteidigt. Und damit ist ganz offiziell der Straßenkarneval eröffnet.

Das runde Jubiläum wird in diesem Jahr ganz besonders gefeiert. Höhepunkt ist und bleibt aber der Weiberfastnachtszug durch Beuels Straßen und der anschließende Sturm auf das Beueler Rathaus. Allerdings ist in diesem Jahr alles noch einmal größer als in den vergangenen Jahren. Mit rund 2600 Teilnehmenden in 69 Zuggruppen und 77 Fahrzeugen, die sich ab 10 Uhr auf ihren gut zweistündigen Weg machen, ist es der größte Zug in der Geschichte der Beueler Weiberfastnacht.

Der Weiberfastnachtszug in Bonn Beuel

  1. Aufstellung: ab 9 Uhr, Siegburger Straße ab Einmündung Paulusstraße bis in das Gelände der Schauspielhalle Beuel/Pantheon.
  2. Zugweg: Siegburger Straße, Königswinterer Straße, Gustav-Kessler-Straße, Obere Wilhelmstraße, Siegfried-Leopold-Straße, Gottfried-Claren-Straße, An St. Josef, Johann-Link-Straße, Hermannstraße, rechts in die Friedrich-Breuer-Straße.
  3. Auflösung: Friedrich-Breuer-Straße/Hans-Böckler-Straße

Beim Rathaussturm kommen auch die großen Karnevalsbands zu Besuch. Die Räuber, Köbesse und Kasalla spielen auf dem Ratshausvorplatz. NRW-Ministerin Ina Scharrenbach wird ebenfalls dabei sein, wenn die Beueler Weiber für die Karnevalstage die Macht übernehmen. „Die Weiberfastnacht ist ein echtes Alleinstellungsmerkmal. Denn in Beuel wurde erfunden, was heute Millionen von Menschen zum Auftakt des Straßenkarnevals im Rheinland feiern“, sagt Oberbürgermeisterin Katja Dörner mit Blick auf das Sessionshighlight.

Programm Weiberfastnacht in Beuel

  1. 10 Uhr Räuber
  2. 11 Uhr Köbesse
  3. 11.45 Uhr Kasalla
  4. 12.15 Uhr Rathauserstürmung
  5. 13.10 Uhr Druckluft
  6. 13.45 Uhr DJ Nico Jansen

Angeführt werden die Beueler „Wiever“ in der Jubiläumssession von Sabrina I. (Michel). Die 22-Jährige wurde im November von Oberbürgermeisterin Dörner zur Wäscherprinzessin proklamiert.

Zum Jubiläum gibt es aber auch viele andere Veranstaltungen rund um die „Waschweiber“, wie etwa Führungen durch Beuel. Eine Ausstellung im Heimatmuseum Beuel befasst sich mit dem Ursprung der Weiberfastnacht. Sie ist unter dem Titel „Wäschereien und Wäscherinnen“ vom 4. Januar bis 13. Februar 2024 zu sehen.

Im Januar wurde auch der Platz vor dem Beueler Rathaus in „Möhneplatz“ umbenannt. Möhne, so nennt man die verheirateten Frauen, die sich als Mutter neben der Arbeit zusätzlich um die Kinder, die Großeltern und das Haus kümmerten.

„Rechtzeitig zum großen Rathaussturm im Jubiläumsjahr der Beueler Weiberfastnacht erhalten die Möhne einen angemessenen Platz im Herzen von Beuel“, freute sich Oberbürgermeisterin Dörner. „Möhne spielen in Beuel eine wichtige Rolle.“ Die 17 Damenkomitees, aus deren Reihen jede Session eine Wäscherprinzessin proklamiert wird, prägten den Beueler Karneval und würden ihn zu etwas ganz Besonderem machen.

Damm wird nach Förderin der Beueler Weiberfastnacht benannt

Im Frühjahr 2024 gibt es eine zweite Straßenbenennung mit karnevalistischem Bezug: Der südliche Teil des Rheindamms zwischen Arnoldstraße und Kaiser-Konrad-Straße wird nach Erna Neubauer benannt. Erna Neubauer hat sich als Obermöhn über Jahrzehnte für das Beueler Brauchtum engagiert und wesentliche Bestandteile der Beueler Weiberfastnacht wie die Proklamation der Wäscherprinzessin und den Rathaussturm mitgestaltet, vorangebracht und bekannt gemacht, so die Stadt. Sie starb im Dezember 2022.

Im Rahmen des Weltfrauentages am 8. März soll es Veranstaltungen geben, die den Aspekt der Emanzipation am Beispiel der Weiberfastnacht aufgreifen.

Außerdem veranstaltet Bonnlive am Pfingstsamstag, 18. Mai, am Rheinufer in Beuel ein großes Jubiläums-Konzert. Räuber, Cat Ballou, Brings, Kempes Feinest, Druckluft, Stadtrand, Planschemalöör, Bläck Fööss und Klüngelköpp sind dann dabei, um 200 Jahre Beueler Weiberfastnacht zu feiern.