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UrteilFreispruch im Fall des totgeprügelten Niklas P.

Lesezeit 3 Minuten
Niklas P. Tatort

Blumen und Kerzen stehen an der Stelle, an der der später verstobene Niklas P. am 7. Mai 2016 von Schlägern attackiert wurde.

Bonn – Der im Fall Niklas wegen Körperverletzung mit Todesfolge angeklagte Walid S. ist am Mittwoch erwartungsgemäß freigesprochen worden. Wegen eines zweiten Vorwurfes erhielt der 21-Jährige eine Einheitsjugendstrafe von acht Monaten wegen Körperverletzung.

Mutter von Schuld des Angeklagten überzeugt

Unmittelbar vor dem Urteil hat der Anwalt der Mutter des damals 17-Jährigen keinen Antrag gestellt. Sie sei von der Schuld des Angeklagten überzeugt, wolle aber weiteres „vermeintliches Unrecht“ vermeiden, sollte der wegen Körperverletzung mit Todesfolge angeklagte Walid S. tatsächlich nicht der Täter gewesen sein. Bereits in der vergangenen Woche hatten überraschend Staatsanwaltschaft und Verteidigung Freispruch für den 21-jährigen Angeklagten gefordert.

Walid S.

Der Hauptangeklagte Walid S. wurde frei gesprochen.

„Es war ein Jahr, in dem meine Mandantin durch die Hölle gehen musste“, erklärte Thomas Düber, der Anwalt von Denise P. in seinem Plädoyer. Ihr sei als Mutter das Schlimmste passiert, was einem passieren könne – zusätzlich auf eine „völlig überflüssige und sinnlose“ Art und Weise. Zugleich habe sie im Verlauf des Prozesses den Glauben an Gerechtigkeit und Moral verloren, erklärte Düber.

Tod reicht nicht aus, um die Wahrheit zu sagen

Der Prozess habe Licht ins Dunkel der Tatnacht bringen sollen, der Schuldige sollte zur Rechenschaft gezogen werden.

„Stattdessen mussten wir erleben, dass der Tod eines 17-Jährigen nicht ausreicht, um die Wahrheit zu sagen“, betonte er. Der Rechtsstaat habe vor falsch verstandener Loyalität und falschem Ehrgefühl kapitulieren müssen und man müsse davon ausgehen, dass die vielen Zeugen, die geschwiegen hätten, dazu geführt hätten, dass ein Freispruch gefordert werden musste.

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Doch auch die Mutter von Niklas P. habe sich intensiv mit dem Prozess auseinandergesetzt, alles akribisch verfolgt und Kontakt zu Sachverständigen aufgenommen.

„Nach all dem ist meine Mandantin zu der Überzeugung gekommen, dass der Angeklagte auch der Täter ist“, bekräftige Düber. Für sie seien die Geschichte der vermeintlich vertauschten Jacke sowie die Aussagen der vielen Zeugen unglaubwürdig. Zudem habe der Freund von Niklas P. den Angeklagten eindeutig erkannt.

Dass er sich zunächst nicht sicher war, sei des Schocks und der Traumatisierung durch die Tat geschuldet. Auch die Persönlichkeit von Walid S. sei für sie ein Indiz: Das Verhalten aus der Tatnacht sei ihm nicht fremd. Dennoch hätte es ihr im gesamten Verfahren nicht daran gelegen, den Angeklagten „zu stigmatisieren“, sondern die Tat aufzuklären.

Kein weiteres Unrecht verursachen

Wichtig sei zudem, dass der Tod von Niklas P. Veränderungen in der Gesamtproblematik Bad Godesbergs nach sich gezogen habe. „Wir werden dennoch keinen anderen Antrag stellen, da es durchaus möglich ist, dass Zweifel bestehen, die eine Verurteilung verhindern“, erklärte Düber abschließend. Sie würden kein weiteres Unrecht verursachen und einen „vermeintlich Unschuldigen“ verurteilen wollen. Nadine P. wünsche allerdings allen Zeugen, dass sie niemals in die Situation kommen werden, auf die Ehrlichkeit Dritter angewiesen zu sein.