Der Student, der anonym bleiben möchte, ist selbst Mitglied in einer Bonner Studentenverbindung. Jetzt erzählt er von seinen Erfahrungen.
„Auf jeglicher Ebene“Verbindungsstudent spricht über „Umgangsverbot“ mit Bonner Burschenschaft
Die Liste an Studentenverbindungen in Bonn ist nicht nur lang – die Verbindungen sind auch politisch und weltanschaulich sehr vielfältig aufgestellt. Die Ansichten stehen sich dabei teils diametral entgegen. Während etwa die KDStV Staufia Bonn die AfD kürzlich mit einer „Unvereinbarkeitserklärung“ vor die Tür gesetzt und damit ein deutliches Zeichen für Weltoffenheit gesetzt hat, stehen andere Verbindungen aufgrund ihrer Nähe zu rechtsextremen Strömungen unter Beobachtung des NRW-Verfassungsschutzes.
Die Verbindungen spielen unterdessen schon allein aufgrund ihrer langen Tradition in Bonn „eine gewisse Rolle im studentischen Alltag“, weiß auch Otis Henkel vom AStA Bonn. Schon bei der meist schwierigen Wohnungssuche gerieten insbesondere Erstsemester-Studierende teilweise unwissentlich etwa in eine rechtsextreme Burschenschaft, so der Pressesprecher im Austausch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.
Wie rechtsextreme Studentenverbindungen um Mitglieder werben
Die Zimmer in den Verbindungshäusern wirkten demnach auf den ersten Blick aufgrund der geringen Miete sehr attraktiv. Des Weiteren fänden viele Partys von Burschenschaften und Verbindungen statt, bei denen oftmals Alkohol zu sehr günstigen Preisen angeboten würde. „In diesem ‚lockeren‘ Umfeld werben Verbindungen und Burschenschaften für mehr Akzeptanz im studentischen Alltag“, erklärt Henkel.
Trotz des Vorstoßes der Staufia in Sachen „Unvereinbarkeitserklärung“ (so reagieren andere Bonner Studentenverbindungen auf das AfD-Verbot) sind die Bonner Verbindungen laut AStA der Universität Bonn im „konservativen bis rechten Milieu“ anzusiedeln.
Sicherlich sei die Distanzierung zur AfD ein Schritt in die richtige Richtung, in der Vergangenheit sei es jedoch einige Male zu Konflikten zwischen dem AStA und Vertretern von Verbindungen und Burschenschaften gekommen, so Henkel weiter.
Bonner Verbindungsstudent distanziert sich von Burschenschaften
Doch auch zwischen den Studentenverbindungen kommt es offenbar immer wieder zu Reibereien. Davon berichtet ein Bonner Student, der selbst bereits seit fast zehn Jahren Mitglied in einer Verbindung ist. Vor allem die Alte Breslauer Burschenschaft der Raczeks sei ihm und seinen Verbindungskollegen ein Dorn im Auge.
„Dass gerade bei den Raczeks schon immer AfDler, und von denen auch nicht gerade die gemäßigten, ein und aus gingen und immer noch gehen, ist kein Geheimnis“, berichtet der Verbindungsstudent, der unerkannt bleiben möchte, gegenüber dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.
„Vor denen Euch der AStA warnt“: So präsentiert sich eine Bonner Burschenschaft auf Facebook
„Wir sind die, vor denen Euch der AStA warnt! Wer sich traut, meldet sich“, so offen kämpferisch geben sich die Raczeks aktuell auf Facebook. Die Beiträge und Kommentare des Accounts wurden unterdessen verborgen.
Dem NRW-Innenministerium ist die Burschenschaft spätestens seit 2014 ein Begriff. Damals fand der sogenannte Zwischentag im Verbindungshaus der Raczeks in Bonn-Poppelsdorf statt. Zu den Teilnehmern der Messe zählten prominente Namen aus dem rechtsextremistischen Milieu. Jüngst sorgte die Burschenschaft mit einem Gastvortrag eines Rechte-Szene-Anwalts für einen Aufschrei und eine Protestaktion.
Durch ihr Verhalten brächten Burschenschaften wie die Raczeks alle anderen Verbindungen in Misskredit, befürchtet der Student. „Generell würde ich sagen, die sorgen halt dafür, dass der Eindruck entsteht, dass alle Verbindungen Burschenschaften sind. Und das ist schade, weil in Bonn die schiere Zahl von Verbindungen so hoch ist und die verschiedene Art und Weise der Dinge, die die machen, sich so sehr unterscheiden, dass es schwer ist, da Vergleiche zu ziehen.“
Das steckt hinter dem „Umgangsverbot“ eine Bonner Studentenverbindung
Dabei wolle man in vielen Verbindungen nichts mit den Mitgliedern der Raczeks zu tun haben. Der anonyme Insider spricht sogar von einem inoffiziellen „Umgangsverbot“, an welches sich alle Mitglieder seiner Studentenverbindung hielten.
„Umgangsverbot bedeutet, wir machen nichts mit denen, auf jeglicher Ebene. Das heißt, wir gehen nicht zu deren Veranstaltungen, die dürfen nicht zu unseren Veranstaltungen, geschweige denn auf unser Haus“, erklärt der Verbindungsstudent gegenüber dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.
Und weiter: „Auch beim Bummeln und so nicht. Wenn Verbindungen sich untereinander besuchen, dann ist bei denen klar, dass wir das nicht machen. Weil wir nicht nur nichts mit denen zu tun haben dürfen, sondern auch nichts zu tun haben wollen.“