Diese Pflanze blüht nur alle zwei bis drei Jahre für wenige Tage. Dank der „Langen Nacht im Schlossgarten“ konnten Besucher sie auch nachts sehen.
Seltenes SpektakelTitanenwurz-Blüte in Bonn zieht Tausende an
In den Botanischen Gärten in Bonn fand seit Donnerstag (6. Juni) ein besonderes Spektakel statt: Die Titanenwurz blühte. Das tut sie nur alle zwei bis drei Jahre für die kurze Zeit von ein bis drei Tagen. Der obere Teil des Blütenstandes wird verlängert, die Blüte öffnet sich – und strömt einen fauligen Aasgeruch aus.
Dr. Cornelia Löhne, die zuständige Kustodin, äußerte auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeigers“ die Vermutung, dass sich die Blüte am Donnerstag (6. Juni) öffnet. „Ein bis zwei Tage vor der Blüte klappen die Hüllblätter nach unten. Das ist bis heute (3. Juni) noch nicht passiert.“ Sie soll Recht behalten: Die Hüllblätter klappten zu Boden und die Pflanze blühte seit Donnerstag, dem 6. Juni.
Überwältigender Andrang: Tausende Besucher wollten die Titanenwurz sehen
Am Freitag, dem 7. Juni, hatten die Botanischen Gärten in Bonn aufgrund der Veranstaltung „Lange Nacht im Schlossgarten“ auch nachts geöffnet. Besucher könnten die Pflanze an dem Abend in ihrer intensiven Blütephase erleben.
Naturgemäß sah die Titanenwurz am zweiten Tag der Blüte, also am Freitag, nicht mehr so spektakulär aus wie am ersten, erklärt uns Dr. Löhne. „Das große Hüllblatt hatte sich bereits wieder etwas geschlossen, im Verlauf des Abends ist dann auch der Kolben schon etwas erschlafft und oben umgeknickt.“ Um dennoch den Besuchern einen Blick ins Innere zu ermöglichen, wurde ein Guckloch in die Seite geschnitten.
Die Veranstaltung war nach Angaben von Dr. Löhne außerordentlich gut besucht. Erwartet wurden Hunderte von Besuchern. „Es waren eher Tausende als Hunderte – und großer Teil davon wollte die Titanenwurz sehen“ berichtet uns die Kustodin. In den Abendstunden habe die Warteschlange bis weit vor die Gewächshäuser hinaus gereicht. „Teilweise haben die Menschen anderthalb Stunden angestanden, um die Pflanze zu sehen. Wir waren wirklich überwältigt von diesem Andrang.“
Die Blüte ist nur von kurzer Dauer. Bereits am Samstag welkte der Blütenstand endgültig. „Der ‚unförmige Riesenpenis‘ – so die direkte Übersetzung des wissenschaftlichen Namens – ist ganz offensichtlich erschlafft“ erklärt uns die Kustodin.
Ein wichtiger Hinweis für Menschen, die dieses Naturspektakel aus der Nähe betrachten möchten. Die Titanenwurz geht nach der Blüte wieder in die Ruhephase über und treibt ihr einziges Laubblatt. Damit sammelt sie Kraft für die nächste Blüte in ein paar Jahren.
Die Titanenwurz blüht nur alle paar Jahre
„Amorphophallus titanum“ lautet der lateinische Fachbegriff für die Blume, die jahrelang auf ihren Auftritt wartet. Der Name bedeutet, wie bereits erwähnt, übersetzt so viel wie „gigantischer, unförmiger Penis“. Wegen ihres fauligen Geruchs wird die Pflanze in Indonesien auch „Leichenblume“ genannt wird. In Bonn heißt sie stattdessen „Wurzelino“, da sie mit nur 1,70 Meter eher ein „Mini-Titan“ war. Inzwischen hat sie eine „durchschnittliche“ Größe von 1,90 Meter erreicht – die Blüte einer Titanenwurz kann nämlich über zwei Meter hoch werden, ihr Laubblatt bis zu fünf Meter. Sie gehört zur Familie der Aronstabgewächse und ist im Regenwald auf Sumatra in Indonesien heimisch.
Es ist die 35. Titanenwurz-Blüte in den Botanischen Gärten in Bonn. Die eigentliche Blüte öffne sich laut Dr. Löhne eher am Nachmittag bis in die Abendstunden. Nachts sei auch der Fäulnisgeruch am stärksten. „Wir Botaniker*innen sprechen bei dem Gesamtgebilde, das in den nächsten Tagen aufblühen wird, von einem Blütenstand, weil hier sehr viele Blüten vereint sind“, konkretisiert die Kustodin. Inzwischen blühe in den Botanischen Gärten Bonn jedes Jahr ein Titan, da es drei Exemplare im Gewächshaus gebe. Auf diese Weise können Besucher auch die anderen Lebensphasen des Aronstabgewächses beobachten. So sei beispielsweise das Laubblatt einer Pflanze aktuell drei Meter hoch.
Der faulige Geruch soll innerhalb kürzester Zeit möglichst viele Insekten wie Aaskäfer anlocken, die die Bestäubung übernehmen. Wird die Titanenwurz bestäubt, wachsen aus ihr orangerote Beeren. Anschließend stirbt die Pflanze. Das wird in Gewächshäusern wie in den Botanischen Gärten in Bonn nicht passieren, denn dafür müsste zeitgleich eine zweite Pflanze blühen.
Botanische Gärten Bonn erwarten Hunderte Besucher
Die Blüte des Aronstabgewächses locke jedes Jahr zahlreiche Besucher an. „In den 90ern hatten wir Zehntausende Besucher. Inzwischen sind es noch einige Hundert.“ schätzt Dr. Löhne. Wer die Titanenwurz-Blüte aus dem Jahr 2020 im Zeitraffer anschauen möchte, für den gibt es ein Video der Botanischen Gärten Bonn.
Eine Webcam gebe es nicht mehr. Im Gewächshaus herrsche 25 Grad Celsius und eine Luftfeuchtigkeit von 80 bis 90 Prozent, so die Kustodin. Das sei perfekt für die Titanenwurz und ihre Gewächshaus-Mitbewohner, aber dauerhaft schlecht für technische Geräte.
Einen Blick ins Innere der seltenen Blüte wirft Dr. Löhne im nachfolgenden Video aus dem Jahr 2020.
Wer die seltenen Momente der Blüte vor Ort erleben möchte, muss sich wahrscheinlich bis zum nächsten Jahr gedulden. Auf der Webseite der Botanischen Gärten Bonn gibt es weitere Informationen. Die Gewächshäuser öffnen täglich von 10 bis 17.30 Uhr.