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CoronaRhein-Sieg-Kreis weist niedrigste Inzidenz aus – Warum Zweifel angebracht sind

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Symbolbildoptik-Corona-Schnelltest-dpa

Ein Schnelltest für das Coronavirus (Symbolbild)

Rhein-Sieg-Kreis – Mit einer Inzidenz von 267 Infektionen je 100 000 Einwohner in den vergangenen sieben Tagen ist der Rhein-Sieg-Kreis positives „Schlusslicht“ unter den Gebietskörperschaften in Nordrhein-Westfalen. Die nächsthöheren Werte liegen bereits jenseits der Marke von 400, die Differenz zu den Nachbarkreisen Rhein-Berg (687) und Oberberg (663) ist noch größer.

Kreis Euskirchen meldet über 1000

Für Köln und Bonn meldete das Landeszentrum Gesundheit am Donnerstag Werte von 759,6 (Köln) und 830 (Bonn). Im Kreis Euskirchen überschreitet der Wert aktuell mit 1011 sogar die 1000er-Grenze.

Dass Zahlen wie diese mit Vorsicht zu genießen sind, hatte Landrat Sebastian Schuster schon vor Wochen immer wieder betont. „Reine Spekulation“ nannte Schuster damals den Inzidenzwert, der ja nur die positiven PCR-Tests als Basis habe.

Zahlen unter Vorbehalt

Längst versieht die Kreisverwaltung den zweimal wöchentlich veröffentlichten Sachstandsbericht regelmäßig mit dem Hinweis, dass die Zahl das Infektionsgeschehen „nicht vollständig abbilde“. Katja Eschmann aus der Pressestelle der Kreisverwaltung bestätigte diese Einschätzung auch am Donnerstag. Die steigenden Infektionszahlen, anhaltende Software-Probleme sowie krankheitsbedingte Ausfälle im Kreishaus nennt sie als weitere Gründe.

Ärztin sieht hohe Dunkelziffer

Dass die Zahlen kein authentisches Bild der Lage abgeben, davon ist auch Dr. Jaqueline Hiepler überzeugt, die Vorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Nordrhein im Rhein-Sieg-Kreis. „Es gibt ja gerade keine Datenlage“, schließlich würden ja nur die positiven Ergebnisse der PCR-Testungen überhaupt erfasst. „Ich glaube, dass nur diejenigen PCR-Tests machen lassen, die eine Krankmeldung brauchen.“

Aus Hieplers Sicht wäre das eine mögliche Erklärung für die im Vergleich zum Rest des Landes so niedrige Inzidenz. „Ich denke, dass bei uns die Dunkelziffer höher ist, weil weniger Bedarf an den PCR-Tests besteht.“ Mindestens die Hälfte der Infektionen, so schätzt sie, würden nicht aktenkundig.

Ältere Infizierte gehen nicht zum Arzt

In den vergangenen zwei Jahren Pandemie habe die Bevölkerung gelernt, mit den Selbsttests umzugehen: Ältere Erkrankte sehe sie kaum noch in ihrer Praxis, Kinder machten die Selbsttests für die Schule zu Hause. „Die Geimpften, die nur milde Symptome haben, kommen nicht zum PCR-Test.“ Inzwischen zählt sie pro Woche nur noch etwa 50, das sei „kein Vergleich zu früher“. Ins Krankenhaus habe sie schon lange keine Covid-Patienten mehr überweisen müssen.

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Der rapide Anstieg der Infektionszahlen in jüngster Zeit überrascht Hiepler nicht. Die Menschen holten vieles nach, auf das sie in den vergangenen Jahren verzichten mussten: Feiern, Konzerte, Partys. Zugleich habe man „mit dem Wegfall der Maskenpflicht der Seuche freien Lauf gelassen“. Diese Entscheidung sei in anderen Ländern viel früher getroffen worden. „Wir holen das nun nach.“