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Arbeitgeber über Jahre beklautEdelmetall-Diebe aus dem Siebengebirge erhalten Bewährungsstrafe

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Das Eingangsportal des Bonner Landgerichts.

Das Urteil im Prozess um die „Washcoat“-Diebe ist gefallen. (Symbolbild)

Die drei Angeklagten waren in der Produktion eines Katalysator-Herstellers beschäftigt und hatten „Washcoat“-Lösung mit Edelmetallen gestohlen.

Mit dem Urteil schienen am Ende alle zufrieden: Die Verteidiger der drei Angeklagten, die nach ihren Geständnissen, mit Haftstrafen zur Bewährung davon kamen, aber auch der Geschäftsführer eines Katalysatoren-Herstellers aus dem Siebengebirge, den die drei Männer – alles ehemalige Mitarbeiter der Firma – über Jahre beklaut hatten.

Im Fokus des diebischen Interesses ein Stoff, der in der Katalysator-Technologie von essenzieller Bedeutung ist: „Washcoat-Lösung“, mit der die empfindlichen Geräte einbalsamiert und geschützt werden, darin enthalten teure Edelmetalle wie Platin, Palladium oder auch Rhodium. Alle drei Angeklagten waren in den Produktionsabläufen beschäftigt gewesen – und ließen die wertvolle Flüssigkeit nach Feierabend mitgehen.

Gericht: Angeklagte wussten, dass sich noch Edelmetalle im Wasser befanden

Anders als angeklagt, bedienten sie sich nicht mit den teuren Flaschen der Edelflüssigkeit (ein Gramm für 132 Euro), sondern bereicherten sich, in dem sie das Spülwasser, mit dem die Katalysatoren gereinigt wurden, mitgehen ließen: In Kanistern transportierten sie laut Urteil den „geldwerten Abfall“ vom Firmengelände. Das sei ja „nur Müll“ gewesen, verteidigten sich die Angeklagten in ihren Einlassungen. Das aber wollte das Gericht ihnen nicht abnehmen, dass sie das „ernstlich“ glaubten: Sie hätten gewusst, dass sich noch einiges an Edelmetallen in dem Wasser befunden hätte.

Zunächst hatte der 36-jährige Hauptangeklagte die abgezweigte „Platin-Nitrat-Lösung“ im Kanister direkt an einen Edelmetall-Entsorger im Süddeutschen verkauft, wofür er lange Wegstrecken hinnehmen musste. Später kam er auf die Idee, die Edel-Lösung in seinen Beefer zu stecken und so lange zu grillen, bis sie pulverisiert war. Das Grillgut sammelte er, verschweißte den weißen Stoff in Ein-Kilo-Paketen und verkaufte sie an einen Zwischenhändler im Fränkischen oder auch direkt an eine Recycling-Firma.

Edel-Lösung in Grillstation erhitzt, bis sie pulverisiert

Die beiden Mitangeklagten, die später in das lukrative „Müll-Geschäft“ eingestiegen waren, machten es ihm nach: So hatte jeder der drei Männer, alle Familienväter, zu Hause eine eigene Grillstation, auf der sie ihre kriminelle Beute eindampften. Insgesamt müssen die drei jetzt 210.000 Euro an ihren ehemaligen Arbeitgeber zurückzahlen. Der Schaden, so hatte es das Unternehmen berechnet, läge viel höher: Er wurde mit 750.000 Euro beziffert, so war es auch angeklagt.

Ursprünglich hatte die Staatsanwaltschaft Bonn einen gemeinschaftlich schweren Bandendiebstahl angeklagt, aber für ein Bandengeschehen, so die Kammervorsitzende Claudia Gelber im Urteil, gab es am Ende des Prozesses keine Anhaltspunkte mehr. Alle drei Angeklagte hätten für sich agiert, das Spülwasser entwendet und eine eigene Grillküche gehabt. Ein vierter Mittäter hatte noch rechtzeitig Wind bekommen, bevor der Fall im Sommer 2023 aufflog, und konnte in der Ukraine untertauchen. Nach einem anonymen Brief, den das Unternehmen erhalten hatte, kam es zu Hausdurchsuchungen, bei dem die Ermittler reichlich fündig wurden: Grills und Kanister mit Chemikalien wurden beschlagnahmt.

Das Bonner Landgericht hat die beiden vorbestraften Angeklagten – 36 und 37 Jahre alt – „nur“ wegen Diebstahls mit Bewährungsstrafen von einem Jahr und neun Monaten Haft verurteilt, der 45-Jährige, nicht vorbestraft, kam mit einem Jahr Haft davon. Ihre Geständnisse hätten sie vor höheren Strafen bewahrt, hieß es im Urteil, denn immerhin hätten sie das Vertrauen ihres Arbeitgebers über Jahre hinweg (der 36-Jährige war sechs Jahre lang angestellt) massiv missbraucht.

Drei Jahre lang müssen alle drei monatlich 100 Euro an ihre Ex-Firma zahlen – und sich drei Jahre lang straffrei halten. Gegen den Hehler im Süddeutschen wird noch ermittelt; als Zeuge hatte er in diesem Prozess wohlweislich geschwiegen, um sich nicht selbst belasten zu müssen.